Mitten in Sauerlach:Bloß nicht den Kopf verlieren

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Manchmal nimmt der Verlust einer Brieftasche gar unglaubliche Wendungen.

Kolumne von Michael Morosow, Sauerlach

"Mei Bua, wenn dein Kopf net angewachsen wär', würdest den auch noch verlieren", sagte die Mutter einst. Nun sitzt dieser immer noch weidlich fest auf dem Hals und denkt sich was. Zuletzt etwa dachte er angestrengt darüber nach, wo denn nur seine Geldbörse sein könnte. Eben noch hatte er sie an der Kasse beim Edeka in Sauerlach in der Hand gehalten. Dort sei sie nicht aufgefunden worden, sagt der Kassier. Sie muss also auf dem Weg zum Auto verlustig gegangen sein. Als Profischussel verliert man deshalb freilich nicht den Kopf, selbst wenn die Geldbörse sich auch im weiteren Suchverlauf nicht finden lässt; auch nicht im Abfalleimer auf dem Kundenparkplatz, wohin unehrliche Finder sie manchmal werfen, nachdem sie das Bargeld eingesteckt haben, wie selbst schon erfahren. Nicht unter, nicht auf, nicht im Auto - einfach futschikato.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht ruft bald, wie schon einmal geschehen, ein ehrlicher Finder an und fragt: "Vermissen Sie etwas?" Im vergesslichen Kopf sind auch noch Erinnerungen an jenen glücklichen Moment gespeichert, als zwei Tage nach dem Verlust des Geldbeutels dieser im Briefkasten lag. Jetzt aber erstmal nach Hause und die EC-Karte sperren lassen, am nächsten Tag Ausweis und Führerschein als verlorengegangen melden, Krankenkasse anrufen und und und. Man kennt das alles nur zu gut als geübter und erfahrener Liegenlasser. Die Geschichte aber nimmt eine überraschende Wendung.

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Zuhause angekommen, winkt einen augenblicklich der Nachbar heran. "Vermisst du was?", fragt er mit wissendem Gesichtsausdruck. Nein, schießt es einen durch den Kopf, nein, der Mann kann gar keine Kenntnis haben von der in zwölf Kilometer Entfernung vor nicht mal einer Stunde spurlos verschwunden Geldbörse. Doch, konnte er. Und nicht nur das, er wusste wahrscheinlich schon eher davon als man selbst. Seine Schwägerin hatte ihm telefonisch davon berichtet, die Geldbörse gefunden zu haben und aufgrund der im Ausweis vermerkten Adresse gesehen, dass sie seinem Nachbarn gehört. Kurz darauf steht sie vor der Tür mit gezückter Geldbörse. Da wackelt man erstaunt mit seinem angewachsenen Kopf.

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