Seit Monaten müssen sich die Sportlerinnen und Sportler des SV Arget in Sauerlach die Frage stellen: Wollen sie lange Wartezeiten vor der Schranke in Kauf nehmen und vielleicht zu spät zum Training kommen - oder doch die weite Umfahrung entlang radeln und möglicherweise komplett eingestaubt am Sportplatz ankommen? Manche mögen die Situation am Bahnübergang an der Kleefeldstraße im Osten des Ortsteils Lochhofen, der seit März 24 Stunden am Tag von Schrankenwärtern bewacht wird, für eine amüsante Posse halten. Für den SV-Präsidenten Rolf Beck aber ist sie einfach nur "irre und katastrophal" - und ein Risiko vor allem für die Kinder.
Zwar will die Deutsche Bahn Abhilfe jetzt schaffen: Der Konzern hat der Gemeinde zugesagt, dass bis Ende August die geplante Fußgängerbrücke über den Bahnübergang fertiggestellt wird - beim ersten Aufbau-Versuch im Juni waren mehrere Arbeiter von einem der Pfeiler gestürzt. Nur löst die Brücke, deren Stützen bereits von Weitem sichtbar sind, das Problem für alle jene nicht, die mit dem Auto zum Sportplatz des SV Arget oder von ihren Häusern östlich der Gleise in Richtung Lochhofen fahren müssen. Die müssen nach wie vor entweder bis zu 40 Minuten an der Schranke warten oder den Otterfinger Weg entlang der Gleise Richtung Norden nutzen, dann durch die beengte und dadurch für Unfälle anfällige Grafinger Unterführung nach Westen abzweigen und bis zur Tegernseer Landstraße fahren.
Newsletter abonnieren:SZ Gerne draußen!
Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.
Seit der Sperrung des Bahnübergangs kommt es auf dem Otterfinger Weg aber immer wieder zu Konflikten zwischen Radfahrern, Fußgängern und Autofahrern. Er ist an manchen Stellen so schmal, dass zwei Fahrzeuge kaum aneinander vorbeikommen, und die Autos wirbeln bei Trockenheit mächtig Staub auf. "Auf dem Feldweg wird es dann vor allem für die Kinder gefährlich", sagt dementsprechend CSU-Gemeinderat Michael Hohenleitner und hat daher einen Antrag gestellt, den Otterfinger Weg provisorisch zu befestigen und instand zu halten - und das auf Kosten der Deutschen Bahn.
Am Dienstagabend hat sich nun der Gemeinderat mit dem Ansinnen beschäftigt. Und dabei wurde deutlich, wie groß in Sauerlach das Misstrauen gegenüber der Bahn ist seit der Ankündigung des Konzerns, dass die in die Jahre gekommene Schrankentechnik erneuert werden muss. Anfangs wollte die Bahn den Übergang an der Kleefeldstraße ganz schließen und den den Sportlern des SV Arget damit den direkten Zugang nehmen. Erst nach massiven Protesten wurde dieser Plan fallen gelassen. Nun hat die Bahn einen Plan zur Sanierung der Querung vorgelegt, den die Gemeinde laut Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung, UBV) "vorbehaltlos" bis Ende September hätte abnicken sollen. Die Formulierungen in dem Schreiben hätten aber "einige Fehler" enthalten, sodass die Gemeinde dieses wieder an die Bahn zurückgeschickt habe, so Bogner.
Manch einer im Gemeinderat befürchtet nun, die Bahn könnte die Sanierung, die bis Ende 2024 zugesagt ist, wieder kassieren. Daher forderte UBV-Gemeinderat Klaus Zimmermann vom Konzern auch eine schriftliche "Bauzusage". "Ich traue der Bahn halt nicht", sagte Zimmermann. Sein Faktionskollege Götz von Borries ergänzte: "Ich erkenne da schon ein bisschen Methode bei der Bahn: Sie will uns den Übergang so madig wie möglich machen." Rathauschefin Bogner soll nun in Verhandlungen mit der Bahn eine schriftliche Zusage der Bahn verlangen, dass die technische Umrüstung des Übergang tatsächlich bis Ende 2024 fertiggestellt wird.
Auf der Ausweichroute soll Tempo 30 gelten
Nur was passiert mit der Ausweichroute? Bogner hatte stets die Befürchtung geäußert, dass ein Ausbau des Otterfinger Wegs, möglicherweise sogar dessen Asphaltierung, die Bahn veranlassen könnte, tatsächlich vom Ausbau des Bahnübergangs abzurücken. "Das fürchte ich auch immer noch", sagte sie im Gemeinderat. Dennoch war sich das Gremium einig, dass die Situation auf dem Feldweg nicht so bleiben kann, wie sie ist. Nur darüber, ob der Weg in eine öffentliche Trasse umgewidmet werden, ob er asphaltiert, gar verbreitert oder doch nur ausgebessert werden soll - und ob ein Tempolimit der richtige Wäre wäre - gab es unterschiedliche Auffassungen.
Was nun versucht wird, ist ein Mittelweg, den CSU-Gemeinderat Roman Richter ins Spiel brachte. "Wir haben da eine extrem gefährliche Situation für unsere Kinder und brauchen eine pragmatische, schnelle Lösung", sagte Richter. "Ich sehe überhaupt keinen Bedarf, irgendetwas breiter zu machen. Man stellt ein Warnschild hin und macht eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit Tempo 30, dann haben wir die Situation übermorgen gelöst." Langfristig aber soll Bürgermeisterin Bogner mit der Bahn auch über eine Befestigung des Wegs verhandeln - wenn sichergestellt ist, dass der Bahnübergang ausgebaut wird.