Rettungshunde im Landkreis:Gesucht, gefunden

Lesezeit: 4 min

"Rex" hat am Samstag auf dem drei Hektar großen Übungsgelände in Kirchstockach soeben eine Person gefunden. Hundeführer Nikolaus Himmler kann zur Hilfe eilen. Am Sonntag trafen sich die Rettungshundeteams im Kieswerk Ebenhöh bei Kirchheim. (Foto: Claus Schunk)

Manchmal sind Feuerwehrleute auf Experten wie Nala und Rex angewiesen. Die beiden Hunde aus den Rettungsstaffeln in Aschheim und Garching-Hochbrück beweisen bei einer Prüfung am Wochenende ihr Können.

Von Bernhard Lohr, Kirchheim/Brunnthal

"Such", ruft Karin Frankl, und schon schießt Nala los wie ein Pfeil. Sie rennt nach links, nach rechts und dann quer über das Gelände. Die dreijährige, rabenschwarze Labrador-Hündin wirkt wie aufgedreht, als könnte sie nichts in der Welt zurückhalten. So wird sie die nächsten knapp 20 Minuten auf dem wie ein Abenteuerspielplatz wirkenden Gelände der Kieswerke Ebenhöh bei Kirchheim unterwegs sein. Sie rennt auf Steinhaufen rauf und hält mit hochgerecktem Kopf die Schnauze in den Wind. Sie springt flink auf ein abgestelltes Raupenfahrzeug und klettert Leitern hoch.

Der Hund ist hellwach und findet am Ende die Feuerwehrleute, die sich in einer Baggerschaufel, in einem Container und einem Hochversteck am Ende eines Förderbands verborgen haben. Prüfung bestanden. Nala wedelt mit dem Schwanz. "Drei Personen gefunden", gibt Karin Franke am Schluss Rapport und wirkt erleichtert.

Gerade erst kamen sie vom Einsatz in Vohburg an der Donau

Dabei hat Nala mit ihrer Hundeführerin von der Feuerwehr in Garching-Hochbrück gerade erst den Ernstfall erlebt. Sie waren mit anderen Teams der Rettungshundestaffeln aus Aschheim und Hochbrück in der Nacht zum Samstag im Wald nahe Vohburg an der Donau auf Suche, wo ein fünfjähriger Bub beim Spaziergang mit seiner Mutter plötzlich wie vom Erdboden verschluckt zu sein schien. Das Schlimmste wurde befürchtet. Hubschrauber stiegen auf. Und Hunde aus Aschheim und Hochbrück streiften durchs Unterholz. Gefunden hat den Buben am Ende ein Angler, der ihn an einem Weiher sitzend antraf. Der Bub hatte sich schlicht verlaufen und die Nacht im Wald verbracht.

Für Christina Lex, die Gruppenführerin der Aschheimer Rettungshundestaffel, und die anderen war es eine kurze Nacht mit einem glücklichen Ende. Es folgte das länger schon terminiertes Prüfungswochenende für Rettungshundeteams. Am Samstag traten zehn Teams aus Aschheim, Hochbrück und Zirndorf auf einem drei Hektar großen Wiesenareal in Kirchstockach, Gemeinde Brunnthal. Dort ging es darum, Situationen wie in Vohburg zu simulieren, als ein Vermisster in einem nicht näher einzugrenzenden Waldgebiet zu suchen war.

Anders als beim so genannten Mantrailling, bei dem ein Hund auf den Geruch einer bestimmten Person angesetzt wird, reagieren Rettungssuchhunde wie Nala allgemein auf Menschen. Dabei unterscheiden sie genau und bellen, wenn sie eine offensichtlich in Not befindliche Person liegend oder kauernd am Boden entdecken. Bei der Prüfung am Sonntag im Kieswerk laufen zehn Beobachter mit, und verfolgen das Szenario. Nala stört deren Geruch nicht weiter, sie bellt, als sie den Feuerwehrmann entdeckt, der in einer Baggerschaufel unter einer Plane gekauert liegt.

Im Landkreis gibt es mit Aschheim, Hochbrück und dem Team des Roten Kreuzes in Unterschleißheim relativ viele Rettungshundestaffeln. Dahinter stehen engagierte Hundebesitzer, die sich ehrenamtlich mit eigenen Hunden bei den Rettungskräften einbringen. Die Aschheimer haben ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug mit vier Boxen für die Hunde. Aber davon abgesehen fahren sie mit Privatautos. Andrea Sauer von der Rettungshundestaffel in Hochbrück sagt, einen Großteil der Kosten trage jeder selbst, etwa für den Tierarzt, wenn sich der Hund eine Verletzung zuziehe.

Die Ausbildung der Hunde ist langwierig

Die Ausbildung der Hunde dauert zwei, drei Jahre und ist mit mehreren Prüfungen verbunden. Mit der Begleithundeprüfung geht es los, dann wird der Hund auf seine generelle Eignung für eine Karriere als Suchhund getestet, bevor er in einer Nachtprüfung sein Können beweisen muss. "Wie reagiert der Hund bei Dunkelheit?" Das sei ein ganz wichtiger Punkt, sagt Beate Luft, Hundeführerin aus Aschheim. Viele, wenn nicht die meisten Vermissten würden nachts gesucht. Ob es sich nun um ein Kind handelt, das hilflos durch einen Wald irrt, einen verwirrten Patienten aus einem Seniorenheim oder einen Menschen, von dem zu befürchten ist, dass er sich das Leben nimmt. Ein Kranker bricht zusammen und liegt hilflos in einem Straßengraben. Meist wird derjenige erst am Abend vermisst. Die Suche folgt dann in der Nacht.

Bedrückende Einsätze gibt es, wie 2006 den nach dem Einsturz der Eislaufhalle in Bad Reichenhall mit vielen Toten, bei dem Andrea Sauer aus Hochbrück mit ihrem Hund beteiligt war. Als in Japan im März 2011 ein Tsunami ganze Landstriche verwüstete und die Reaktorkatastrophe von Fukushima folgte, waren die Aschheimer schon abflugbereit. Doch wegen der Gefahr durch radioaktive Strahlung blieben sie dann zu Hause.

Immer wieder werden Rettungshundestaffeln alarmiert. 26 Einsätze hatten die Aschheimer 2015, dieses Jahr immerhin schon sieben. Die Rettungshundestaffel in Aschheim ist mit 24 Hunden die größte im Landesfeuerwehrverband. Elf Teams sind in der Fläche geprüft, fünf im Bereich der Suche in Trümmerfeldern, und vier Teams werden gerade für die Wasserortung ausgebildet. Ein Hund könne auf der Oberfläche eines Gewässers einen Menschen in 20 Meter Tiefe ausmachen, sagt Hundeführer Thomas Luft.

Mit Hilfe einer Puderdose wird die Windrichtung festgestellt

Ein Hund wie Nala, die am Sonntag ihre jährlich abzulegende Einsatzprüfung im Trümmerfeld der Kiesgrube absolviert, verfügt für Menschen schwer nachvollziehbare Fähigkeiten. Anfangs rennt Nala zwischen Kieshaufen, Baggern und Förderbändern scheinbar ziellos hin und her. Hundeführerin Karin Frankl versucht sie mit Zurufen zu ermuntern, zu leiten. "So, weiter, auf geht's", ruft sie. Sie zieht eine Puderdose aus der Jackentasche, schüttelt diese und sieht so, wo der Wind herweht, um auszumachen, wo Nala Witterung aufnehmen kann.

Irgendwann kreiselt Nala um eine Steinbrechanlage, sie stellt sich auf die Hinterbeine und schaut in mit Schrott gefüllten Container. Zwei Versteckte hat Nala schnell ausgemacht, beim Dritten, in einem Hochversteck verborgen, tut sie sich schwer. Es ist warm geworden um die Mittagsstunde, das laue Lüftchen ist erlahmt. Schließlich dann: das erlösende Bellen.

Prüfer Lothar Sinner ist nicht ganz zufrieden. Er hätte sich eine aktivere Hundeführerin gewünscht. "Ihr müsst euch flexibler zeigen", sagt er. Aber es ist gut ausgegangen. Andrea Sauer von der Feuerwehr Hochbrück sagt, "der Hundeführer muss den Hund wahnsinnig gut Lesen können". Es ist ein Teamwork, an dem als Dritter ein Truppmann beteiligt ist, der Hund und Hundeführer nachts mit einem GPS-Ortungsgerät begleitet und Erste Hilfe leistet, wenn der Vermisste gefunden ist.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: