Umwelt:Räumen tun sie

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Einmal im Jahr räumen sie die Gemeinde auf: freiwillige, ehrenamtliche Teilnehmer des Ramadama. (Foto: privat)

Beim Ramadama in Unterföhring säubern seit 40 Jahren freiwillige Helfer die Gemeinde von Abfällen und sonstigem Unrat. In dieser Zeit hat sich gezeigt: Es hat ein Umdenkprozess eingesetzt.

Von Laura Geigenberger, Unterföhring

Es gibt nichts, was die Helferinnen und Helfer beim alljährlichen Ramadama in Unterföhring noch nicht gefunden haben, da ist sich Franz Schwarz sicher. "Manche laden ganze Wohnungseinrichtungen in der Landschaft ab: Fahrräder, Fernseher, Autoreifen, einen Herd. Mein kuriosester Fund war die Häftlingskleidung eines Strafgefangenen unter der Leinthalerbrücke." Der Altbürgermeister ist von Anfang bei der Aufräumaktion dabei, die 1984 in Unterföhring Einzug hielt, heuer also seit 40 Jahren Bestand hat. Mit nur wenigen Ausnahmen habe er immer mitgeholfen, wenn es an einem Samstag im Frühjahr darum ging, die Unterföhringer Flur ehrenamtlich von Abfall zu säubern, erzählt der Sozialdemokrat. Auch heuer wird er wieder mit anpacken: Der 72-Jährige ist für das Müllauto eingeteilt.

"Ramadama" bedeutet auf Hochdeutsch so viel wie "Räumen tun wir". Die Tradition begründete einst Münchens Oberbürgermeister Thomas Wimmer (SPD): Am 29. Oktober 1946 soll er mit ebendiesen Worten die Bevölkerung dazu aufgerufen haben, die Trümmer des Zweiten Weltkrieges aus der Stadt zu räumen. Rund 15 000 Kubikmeter Schutt kamen damals laut Überlieferung zusammen. Die Begeisterung über die Aktion war so groß, dass sich der Tag des gemeinsamen, ehrenamtlichen Aufräumens geradezu als Brauch über die Jahre hinweg in vielen bayerischen Städten und Gemeinden etabliert hat.

In Unterföhring geht das Ramadama auf Walter Morawetz zurück, den mittlerweile verstorbenen ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD im örtlichen Gemeinderat. "Ein sehr rühriger Mann und mit vielen Ideen. Das Ramadama war eine davon", erinnert sich Altbürgermeister Schwarz. Morawetz, ein Lehrer, habe zudem schon damals insbesondere die Jüngeren in die Sammelaktion einbeziehen wollen. "Weil man da eben auch gerade den jungen Leuten ein Beispiel geben kann, wie man mit der Umwelt umgeht", so Schwarz.

Bis heute veranstaltet die Unterföhringer SPD den Aufräumtag; dennoch, das betont die langjährige Organisatorin und SPD-Gemeinderätin Sabine Fister, sei dieser keine Parteiveranstaltung. Vielmehr gehe es um den Dienst an der Gesellschaft. "Man tut etwas für die Allgemeinheit, das wirklich sinnvoll ist und wo nicht die Geselligkeit im Vordergrund steht, sondern die Sache", sagt sie. Traditionell beteiligen sich Unterföhringer Vereine wie die Isarfischer, der SC Isaria oder die jungen Musiker der Blaskapelle, aber auch viele engagierte Bürgerinnen sowie junge Familien, die dann, professionell ausgestattet mit Warnwesten, Säcken und Greifzangen, zum Müllaufklauben durch die Gemeinde ziehen. Unterstützt werden sie vom Münchner Umweltamt und der einheimischen Abfallentsorgung, welche sich um die fachgerechte Beseitigung der Fundstücke kümmert.

Sabine Fister von der SPD organisiert das Ramadama in Unterföhring. (Foto: privat)

Zwischen 50 und 120 Helferinnen und Helfer, viele von ihnen Kinder, zählt Fister jedes Jahr. "Gerade die Jüngeren empören sich immer so schön darüber, was die Leute alles wegschmeißen", berichtet sie. "Das ist für die wirklich eine Lernerfahrung, weil sie sehen, was es für Auswirkungen hat, wenn man sein Zeug unbedarft in die Landschaft schmeißt." Auch lasse sich anhand des Ramadama der Stand des gesellschaftlichen Umweltbewusstseins sowie die Entwicklung der Abfallentsorgung in Deutschland mitverfolgen, ergänzt Altbürgermeister Franz Schwarz. So habe er beobachtet, dass der Müll einerseits weniger wird, andererseits sich stetig ändert, was weggeworfen wird. "Weil es am Anfang das Pfandsystem noch nicht gab, lagen überall Flaschen und Getränkedosen herum. Kaum wurde es eingeführt, schwuppdiwupp, haben wir kaum noch Dosen gefunden." Aber auch Fernseher oder Kühlschränke fänden die Helfer zum Glück nicht mehr.

"Es ist die letzten Jahre viel besser geworden. Da merkt man schon, dass bei den Leuten ein Umdenkprozess stattgefunden hat", sagt auch Sabine Fister. Sie freue sich schon auf die anstehende Aktion am kommenden Samstag, auch wenn der Wetterbericht Regen und Kälte vorhersagt. "Wir machen es trotzdem", gibt sie sich tapfer. Drei Stunden werde gesammelt werden, von neun Uhr morgens bis zum Mittag; anschließend lädt die Gemeinde alle Helferinnen und Helfer zu einer Brotzeit beim Neuwirt ein - ebenfalls Tradition. Heuer wird es gar eine besondere Nachspeise geben: Zur Feier des 40. Ramadama-Jahrestags in Unterföhring hat Rathauschef Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft) eine Torte versprochen.

Treffpunkt für Helfer des Ramadama am Samstag, 20. April, ist um 9 Uhr am Rathaus in Unterföhring. Die Ausrüstung stellt die Gemeinde zur Verfügung.

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