Putzbrunn:Straße erinnert weiter an NS-Bürgermeister

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Bürgermeister von 1935 - 1945. Bei diesem Hinweis bleibt es. (Foto: Claus Schunk)

Der Putzbrunner Gemeinderat kann sich weder zu einer Umbenennung der Michael-Haslbeck-Straße durchringen noch zu einem ausführlicheren erklärenden Zusatzschild. Dafür wird in der Wernher-von-Braun-Straße auf die Rolle des Raketeningenieurs in der NS-Zeit hingewiesen.

Von Alexandra Leuthner, Putzbrunn

Die Michael-Haslbeck-Straße wird weiter den Namen jenes Bürgermeisters tragen, den die Nationalsozialisten 1935 als Gemeindevorsteher in Putzbrunn eingesetzt hatten. Das Straßenschild, das seit kurzem um die nackten Amtsdaten des einstigen Putzbrunner Landwirts ergänzt wurde, wird auch keinen zusätzlichen Hinweis auf die besonderen Umstände seiner Amtszeit erhalten.

Eine Umbenennung der Straße, wie sie unter anderem die SPD-Gemeinderätin Eva Maria Schlick befürworten würde, hatten Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) und seine Verwaltung in ihrer Vorlage zur jüngsten Gemeinderatssitzung ohnehin nicht vorgeschlagen; ebenso wenig wie eine Umbenennung der Wernher-von-Braun-Straße, um die ebenfalls zuletzt eine öffentliche Diskussion entbrannt ist. Unter anderem mit Rücksicht auf die ansässigen Firmen, auf welche Kosten zwischen 7000 und 50 000 Euro zukommen würden, wie Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) erläuterte, sollte von einer Umbenennung abgesehen werden.

Dass nun zumindest das Schild an der Michael-Haslbeck-Straße bis auf weiteres auch ohne weiteren erklärenden Zusatz bleibt, entschied der Gemeinderat mit elf zu neun Stimmen. Die Mehrheit stimmte damit einem Antrag von Josef Jakob (FWG) zu. Mit Rücksicht auf Angehörige, die heute noch in der Gemeinde lebten, plädiere er dafür, die Angelegenheit auf Eis zu legen, sagte Jakob. "Alle 20 Jahre fangen wir wieder damit an." Er sei für eine komplette Absetzung des Themas.

Damit ging sein Antrag weiter als jener von Bürgermeister Klostermeier. Dieser hatte sich für eine Verschiebung der Abstimmung ausgesprochen. In einem zunächst von der Verwaltung vorgeschlagenen Zusatz hätte stehen sollen: "Eingesetzter Bürgermeister von 1935 bis 1945." Obwohl im Rathaus intensiv recherchiert worden sei, könne man über Haslbeck im Moment mehr nicht mit Sicherheit sagen, so Klostermeier.

In einer Masterarbeit soll die NS-Zeit aufgearbeitet werden

Abhilfe in dem Dilemma könnte ein Antrag der Grünen schaffen, eine regionalgeschichtliche Masterarbeit über die Gemeinde Putzbrunn in der Zeit des Nationalsozialismus auszuloben. In der nächsten Gemeinderatssitzung soll darüber abgestimmt werden. Wenn eine solche Arbeit neue Informationen über Haslbeck zutage brächte, könnte der aktuell vorgeschlagene Hinweis zu kurz sein, argumentierte der Rathauschef. Eine Meinung, die nicht alle im Gemeinderat teilten.

"Was wir wissen, steht doch in dem Zusatz", sagte Walter Hois (GPP), "dann könnten wir das Thema abschließen." Sein Fraktionskollege Robert Böck und Martin Adler (FWG) äußerten die Sorge, dass man auf die Ergebnisse einer Masterarbeit lange werde warten müssen. Es könne bis Herbst 2018 dauern, bis es zu einer Entscheidung komme, sagte Adler. "Bis dahin werden wir immer wieder danach gefragt." Adler plädierte daher dafür, den von der Gemeinde vorgeschlagenen Zusatz anzubringen. "Wer 1935 die Bürgermeister eingesetzt hat, war nicht die Heilsarmee, das wissen wir alle."

Auch Eduard Boger (CSU) sprach sich für das Zusatzschild aus. "Dann hat man schon mal was, womit man arbeiten kann." Nach dem Mehrheitsbeschluss kann laut Bürgermeister Klostermeier aber erst wieder über das Thema beraten werden, wenn durch die wissenschaftliche Arbeit oder auf anderem Wege völlig neue Fakten über Haslbeck bekannt würden. Der Ausgang der Sitzung und der Abstimmung hätten ihn sehr überrascht, sagte Klostermeier hinterher zur SZ. "Damit habe ich nicht gerechnet."

Zu einer ganz anderen Entscheidung waren die Gemeinderäte im Hinblick auf die Wernher-von-Braun-Straße gekommen. Mit 13:7 Stimmen sprachen sie sich dafür aus, den Zusatz "Pionier der Raketenforschung, für Verbrechen der Nazi-Diktatur mitverantwortlich" unter dem Straßenschild anzubringen. Sie folgten damit im Wesentlichen einem der beiden Verwaltungsvorschläge. "Unsere Generation weiß ja in der Regel noch, wer Wernher von Braun war. Die Jüngeren aber nicht", begründete Bürgermeister Klostermeier den Zusatz.

Abgelehnt wurde ein Antrag der GPP, der einen ausführlichen Hinweis auf die Verantwortung von Brauns bei der Entwicklung der Angriffswaffe V2 und die durch sie verursachten Zerstörungen zum Inhalt gehabt hätte, ebenso wie eine Formulierung aus dem Rathaus zur Mitgliedschaft des bekannten Rüstungsingenieurs in SS und NSDAP sowie die Beschäftigung von Zwangsarbeitern in der Rüstungsindustrie. Die Mehrheitsmeinung brachte Volker Rentschler (Grüne) auf den Punkt: "Ein Straßenschild soll keine Geschichte erklären, sondern Denkanstöße geben."

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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