Pullach:Richter sollen Preis für Stromnetz festsetzen

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Die Innovative Energie für Pullach GmbH versorgt die Pullacher bislang schon mit Fernwärme aus Geothermie. Jetzt hat sie auch die Konzession für das Stromnetz bekommen. (Foto: Claus Schunk)

Das kommunale Energieunternehmen hat den Zuschlag für die Netzkonzession in Pullach bekommen. Die Ablöse, die die Bayernwerk AG verlangt, hält es für zu hoch. Deshalb hat es jetzt Klage eingereicht.

Von Stefan Galler, Pullach

Das Trio auf dem Podium setzt entschlossene Mienen auf. Es geht schließlich darum, keine Schwäche zu zeigen, sondern in Kampfposition zu gehen. Und dazu sind Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne), Ralph Baasch, Leiter des Umweltamtes im Rathaus, sowie Helmut Mangold, Geschäftsführer der Innovative Energie für Pullach GmbH (IEP), einer Gesellschaft der Kommune, absolut bereit: Sie haben Klage eingereicht beim Landgericht gegen das Vorgehen der Bayernwerk AG.

Dieser Unternehmenszweig des Energieriesen Eon war bislang für die Stromleitungen in Pullach zuständig. Er verlor aber die Ausschreibung der Netzkonzession gegen die IEP im Frühjahr 2014 und brach dann im Dezember die Verhandlungen über die Weitergabe des Stromnetzes ab. Die Pullacher Energiegesellschaft, bislang lediglich verantwortlich für die kommunale Geothermie- und Fernwärme-Versorgung, will nun vor Gericht die Herausgabe des Netzes erzwingen. Das gaben IEP und Gemeinde am Montag im Rathaus bekannt.

Das Gericht solle einen adäquaten Kaufpreis bestimmen, so das Ansinnen der IEP. Die Kommune steht selbstredend zu 100 Prozent hinter dieser Strategie: "Der Gemeinderat hat großen Wert auf eine absolut korrekte Ausschreibung gelegt, die IEP hat einfach das beste Angebot vorgelegt und deshalb den Zuschlag bekommen. Doch jetzt lassen uns die Bayernwerke in der Luft hängen", so die Bürgermeisterin.

"Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir die besseren Argumente auf unserer Seite haben", sagt Bürgermeisterin Tausendfreund

Nicht zuletzt die Tatsache, dass der vormalige Partner nach der Vergabe sämtliche Fristen verstreichen ließ, ohne Einspruch einzulegen oder - wie in ähnlichen Fällen Usus - eine einstweilige Verfügung gegen die Entscheidung zu erwirken, macht Tausendfreund siegessicher: "Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir die besseren Argumente auf unserer Seite haben."

Laut IEP-Geschäftsführer Mangold ist ohnehin die gesamte Gesetzeslage "ein Unding". In der Tat kann der Energieversorger einer Gemeinde nach seiner Ablösung selbst die Modalitäten für den Verkauf des Netzes an den Nachfolger maßgeblich bestimmen, indem er nicht nur einen Verkaufpreis einfordert, sondern eine verbindliche Erlösobergrenze nennt, die auf den neuen Dienstleister übertragen wird.

"Der Gesetzgeber muss das ändern! Erlösobergrenze und Kaufpreis müssen neutral bestimmt werden", sagt Mangold. Zumal die Bayernwerke hier von der Hängepartie profitieren: "Jeder Tag, den sich der Übergang des Stromnetzes verzögert, bedeutet einen wirtschaftlichen Gewinn für das Unternehmen", erläutert der IEP-Chef. "Denn die täglichen Einnahmen sind höher als die Anwaltskosten. Für mich ein Skandal."

Die Vorstellungen, zu welchen Bedingungen das Stromnetz den Besitzer wechselt, liegen jedoch himmelweit auseinander: Die Bayernwerke fordern eine Ablösezahlung in Höhe von 4,7 Millionen Euro, Pullachs Energiegesellschaft bietet jedoch nur 2,7 Millionen. Zudem gibt der bisherige Inhaber des Stromnetzes eine Erlösobergrenze von 350 000 Euro jährlich an die IEP weiter. Was nichts anderes heißt, als dass der neue Anbieter nicht mehr als jene 350 000 Euro erwirtschaften darf.

"In Kombination mit dem geforderten Ablösepreis ließe sich über die gesamte Konzessionsdauer von 20 Jahren kein wirtschaftlicher Betrieb darstellen", sagt Mangold. "Reich wird man als Stromnetzbetreiber sowieso nicht, im Normalfall kann man maximal 200 000 Euro im Jahr reinholen, so aber bestimmt nicht mal das."

Die Bayernwerke kritisieren das Konzessionsverfahren als mangelhaft

Den Vorwurf der Bayernwerke, das Konzessionsverfahren sei mangelhaft und nicht diskriminierungsfrei gewesen, weist Umweltamtsleiter Baasch zurück: "Diejenigen Gemeinderäte, die zuvor noch Aufsichtsräte der IEP gewesen waren, traten vor der Ausschreibung von dieser Funktion zurück, zudem haben wir extra einen Konzessionierungsausschuss gebildet, der lediglich aus Räten bestand, die keinerlei Verflechtungen mit der IEP hatten."

Bürgermeisterin Tausendfreund hofft, dass ein Erfolg vor Gericht "Signalwirkung für andere Verfahren" hat. Pullach verfüge im Gegensatz zu Dutzenden anderer Gemeinden, die in ähnlichen Streitigkeiten mit Stromkonzernen stecken, über den wirtschaftlichen Hintergrund, einen solchen Prozess zu stemmen.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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