Kinderbetreuung:Quereinstieg ohne großen Spielraum

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Für Eltern und Kinder ist es häufig ein Balanceakt, wenn die Betreuung in der Kita nicht wie geplant stattfinden kann. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Eine neue Regelung des Familienministeriums erleichtert Kitas die Einstellung von Personal ohne klassische Ausbildung. Im Landkreis München befürworten die Träger diese Möglichkeit. Aber es gibt auch Bedenken.

Von Daniela Bode, Ottobrunn/Garching

Verkürzte Öffnungszeiten und geschlossene Gruppen gehören heutzutage zum Kita-Alltag wie der Morgenkreis und die Matschhose. Der Bedarf an Personal in den Betreuungseinrichtungen ist nach wie vor groß. Das bayerische Familienministerium hat kürzlich allerdings eine Regelung erlassen, die Hoffnung auf Besserung gibt. Denn sie soll die Einstellung von Quereinsteigern erleichtert.

Durch die neue Allgemeinverfügung sollen Kitas einfacher und schneller Fachkräfte ohne klassische Erzieher- und Kinderpflegeausbildung einstellen können. Im Landkreis München sehen Einrichtungsleiter und Träger die Neuerung zwar grundsätzlich positiv. Allerdings gibt es auch Bedenken.

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Ganz neu ist die Möglichkeit, auf diesem Weg mehr Personal zu gewinnen, nicht. Quereinsteiger können schon länger als pädagogische Ergänzungs- oder Fachkraft in einer Kita eingesetzt werden. Entschieden hat das aber bislang das Landratsamt als Betriebserlaubnisbehörde. Das ist nun bei standardisierten Fällen nicht mehr nötig. Die erleichterten Vorgaben gelten zum Beispiel für Quereinsteiger mit einem deutschen Bachelorabschluss oder Diplom in Pädagogik, Erziehungs- oder Bildungswissenschaften. Zudem müssen die Bewerber mindestens sechs Monate in einer Kindertageseinrichtung im pädagogischen Bereich gearbeitet haben. Träger müssten dann eigenverantwortlich feststellen, ob die Bewerber die genannten Voraussetzungen erfüllen.

Susanne Sarközy, Leiterin eines Kinderhauses in Ottobrunn, findet die Erleichterung durch die Allgemeinverfügung grundsätzlich gut. Sie wünscht sich aber, dass Kräfte, die als Quereinsteiger kommen, ein Jahr in einem Bereich - also etwa im Kindergarten oder Krippe - bleiben müssen, bevor sie wechseln können. "Es braucht die praktische Erfahrung. Außerdem weiß man erst dann, ob das der richtige Bereich für einen ist", sagt sie.

Zudem blickt sie mit einer allgemeinen Skepsis auf die Möglichkeit, als Quereinsteiger in einer Kita anzufangen. Denn man wisse nicht, was in all den speziellen Ausbildungs-Modulen gelernt werde, und wie viel praktische Erfahrung die Kräfte dann haben. "Natürlich kann man das als Chance sehen, aber man darf nicht alles aufweichen, weil Fachkräftemangel herrscht", findet sie. Darunter könnte die Qualität leiden. Weder sie noch ihre Stellvertreterin Nadine Nogger glauben zudem, dass es nun den großen Run geben wird, dass sich Quereinsteiger zu Fach- oder Ergänzungskräften weiterbilden lassen. Viele wendeten sich ja von dem Beruf ab, weil die Belastung aufgrund des hohen Personalmangels hoch sei.

Diana Klöpper, Vorstand der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband München-Land, spricht von Planungssicherheit durch die neue Regelung. (Foto: Arbeiterwohlfahrt München-Land)

Bei der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband München-Land (Awo), die zahlreiche Kitas im Landkreis betreibt, sieht man die Novelle positiv. "Sie verringert den Verwaltungsaufwand für uns Träger und beschleunigt das Einstellungsverfahren", ist Vorstand Diana Klöpper überzeugt. Auch bisher hätten die Träger die Voraussetzungen geprüft, bevor der Antrag an die Aufsichtsbehörde gestellt wurde. "Erleichternd für uns ist, dass nun mehrere Berufsgruppen die Anerkennung bekommen, sodass sowohl die Bewerber als auch wir als Träger eine bessere Planungssicherheit haben", sagt Klöpper. Die Erweiterung der Berufsgruppen wirke auch dem Fachkräftemangel entgegen. Die Awo-Chefin betont die Erleichterungen bei der Einstellung, lässt aber gleichzeitig einen erhöhten Aufwand beim Einsetzen der Quereinsteiger durchblicken. Bei allen Kräften gelte derselbe Auftrag: Qualität in der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern in den Kitas zu sichern. Also etwa die Probezeit engmaschig zu begleiten und das Personal gut anzuleiten. Es zeige sich aber, "dass die Einarbeitung, die das bereits vorhandene Personal übernimmt, deutlich erhöht ist, wenn es sich um Quereinsteiger handelt", sagt sie.

Wenn Fachkräfte krank werden und nicht genügend Vertretungskräfte bereitstehen, werden häufig Betreuungszeiten gekürzt. (Foto: Eckhard Stengel/imago)

Auch bei der Stadt Garching, die Trägerin mehrerer Kinderbetreuungseinrichtungen ist, begrüßt man die Neuerung. "Alles in allem erwarten wir als Träger eine Erleichterung im Einstellungsprozess", heißt es vom Fachbereich Bildung und Soziales. Die Vorgaben der Allgemeinverfügung sind aus ihrer Sicht ausreichend gut, um festzustellen, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. So berücksichtige die Regelung nur inländische Abschlüsse und Qualifizierungsmaßnahmen, die in der Regel auch in der Vergangenheit nicht kritisch gewesen seien. Zudem könnten sich die Träger weiterhin durch die Bewilligungsstelle beraten lassen. Ausländische Abschlüsse müssten weiterhin über Einzelfallentscheidungen genehmigt werden. Sorge wegen der Qualität der Kräfte hat man in Garching nicht. Die Voraussetzungen, wann eine Person als Fach- oder Ergänzungskraft eingesetzt werden könne, hätten sich durch die Allgemeinverfügung nicht geändert, da diese sich nur auf den Prozess der Anerkennung auswirke. Die standardisierten Fälle ließen dem Träger keinen großen Spielraum.

Ob sich aufgrund des vereinfachten Einstellungsverfahrens mehr Quereinsteiger zu Fach- und Ergänzungskräften in Kitas weiterbilden lassen, ist ungewiss. Bei der Awo heißt es, die Erfahrung bestätige das. Gerade Personengruppen, die bereits Einblick in das Berufsfeld gewinnen konnten wie pädagogische Hilfskräfte oder Eltern hätten nun die Möglichkeit der Weiterbildung oder Anerkennung. Im Fachbereich Bildung und Soziales der Stadt Garching kann man sich zumindest vorstellen, dass es einen "kleinen Einfluss" darauf haben könnte, wenn man wisse, dass keine zusätzliche Genehmigung nötig ist.

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