Ortsentwicklung:Im Westen was Neues

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Felder mit S-Bahnanschluss: Bisher endet die Bebauung in Hohenbrunn an den Gleisen. (Foto: Claus Schunk)

Beim Bürgerdialog in Hohenbrunn spricht sich eine Mehrheit für die Errichtung von Wohnhäusern auf den Feldern jenseits der Bahnlinie aus. Auch für eine Umgehungsstraße auf dieser Seite des Ortes gibt es eine Mehrheit

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Wer in Hohenbrunn aus der S-Bahn steigt, sieht zumindest auf der einen Seite nichts als Felder und dahinter den Waldrand. Leere - mitten im Raum München, wo die Mieten explodieren - an einer Stelle, von der aus Passagiere in 20 Minuten den Ostbahnhof erreichen. In Zukunft könnten dort Wohnungen und Häuser entstehen - zumindest, wenn es nach den Teilnehmern des Hohenbrunner Bürgerdialogs geht. Dieses Ergebnis präsentierte Moderator Daniel Schreyer bei der letzten Veranstaltung am Montagabend.

1971 habe sie in Hohenbrunn ihr Haus gekauft, erzählte eine Bürgerin: "Schon damals haben die Makler gesagt, das Gebiet westlich der Bahn wird bebaut." Doch fast 50 Jahre später ist immer noch nichts passiert. "Ich würde sagen: Die Zeit ist da", sagte die Frau. Eine Meinung, die offensichtlich viele Hohenbrunner teilen. "Bloß einzelne wollen, dass in Hohenbrunn alles so bleibt, wie es jetzt ist", sagte Daniel Schreyer, Geschäftsführer des Kommunikationsbüros Hendricks und Schwartz, das den Dialog organisierte. Weitgehende Einigkeit herrsche, dass Wohnraum geschaffen werden müsse. Eine Mehrheit wolle das im Westen beim Bahnhof, eine Minderheit im Osten und ein noch geringerer Teil plädiere für eine Nachverdichtung.

Entsteht beim S-Bahnhof tatsächlich eine neue Siedlung, wünschen sich die Hohenbrunner laut Schreyer ein Einheimischen-Modell, mit dem Ortsansässige bevorzugt werden, wenn es um die Frage geht, wer eine Wohnung bekommt. Außerdem sprechen sich die Dialogteilnehmer dafür aus, den dörflichen Charakter ihres Ortes zu erhalten. Hochhäuser lehnen die Menschen mehrheitlich ab. Auch, dass derzeit der Hohenbrunner Ortskern mehr eine Kreuzung als eine echte Dorfmitte ist, treibt laut Schreyer viele um: "Die Bürger wünschen sich mehr Aufenthaltsqualität und Einkaufsmöglichkeiten - vom Bauernmarkt bis Supermarkt wurde alles genannt." Außerdem hoffen viele auf ein Ärztehaus, Einrichtungen, wo sie sich treffen können, und eine bessere Verbindung durch öffentlichen Nahverkehr und Radwege zwischen den Ortsteilen.

Nicht nachvollziehen konnte etwa Patrizia Haucke, dass die Gemeinde gerade einen großen Supermarkt im Osten des Dorfes plant - wenn doch im Westen eine neue Siedlung entsteht. Sie fragte Moderator Schreyer, ob er von der Gemeinde tatsächlich die Freiheit habe, kreativ zu sein. Dieser beschwichtigte: Er habe sich nie eingeschränkt gefühlt. Doch startete die Ansiedlung des Supermarktes fast ein Jahr vor dem Bürgerdialog. "Wahrscheinlich dauert es ja auch noch eine Zeit lang, bis die Bebauung im Westen umgesetzt wird", sagte Schreyer. Er sei zuversichtlich, dass sich dann Geschäfte ansiedeln lassen, die einen Supermarkt ergänzen.

Auch beim Thema Umgehungsstraße seien letztlich klare Ergebnisse herausgekommen: Eine Mehrheit bevorzugt laut Schreyer eine Trasse, die um eine Siedlung im Westen herumführt - und zwar mit einem so großen Abstand und mit Querungen, dass eine weitere Entwicklung des Dorfes immer noch möglich bleibt. Nach Ansicht der Bürger führt diese Straße aber nur in Kombination mit einer Parallele zur Autobahn zu einer Entlastung. Diese Meinung teilt der Gemeinderat. Doch laut Schreyer sprach sich auch "eine relevante Anzahl von Menschen" für eine Umgehungsstraße im Osten entlang des Waldes aus. Und die hatte der Gemeinderat eigentlich verworfen, um sein Naherholungsgebiet nicht zu gefährden.

Für eine kontroverse Diskussion unter den Dialogteilnehmern habe das Thema Luitpoldstraße gesorgt, sagte Schreyer. Die Problematik an dieser Stelle: Noch passen durch die Unterführung keine Lastwagen, in 10 bis 15 Jahren allerdings besteht die Gefahr, dass die Bahn den Tunnel saniert und ausbaut. Für eine Lösung an der Stelle müsste Hohenbrunn mit der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn, auf deren Gebiet die Straße liegt, und mit dem Landkreis, der für die Straße zuständig ist, zusammenarbeiten. Gemeinderat Anton Fritzmaier von der CSU bezeichnete eine Umgehungsstraße an dieser Stelle - mit optimalem Lärmschutz - kürzlich als "Königsweg". Wenn überhaupt sehen die Bürger an der Stelle laut Schreyer einen kompletten Tunnel, der voraussichtlich teuer wäre. Ein Verkehrsgutachten stellte außerdem die Entlastungswirkung in Frage.

Bis Montag, 12. November, haben die Bürger auf www.buergerdialog-hohenbrunn.de Zeit, sich mit weiteren Anregungen einzubringen. Am Donnerstag, 15. November, präsentiert das Büro die Ergebnisse im Gemeinderat. Wann dieser entscheidet, wie es weitergeht, ist noch nicht klar.

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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