Missbrauch in der Kirche:Katholiken fordern tiefgreifende Veränderung

Die Spitze des Pfarrverbands Oberschleißheim äußert sich in schriftlicher Erklärung bestürzt und wütend über die "verachtende Doppelmoral" der Kirchenoberen.

Seelsorger, Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungsmitglieder des katholischen Pfarrverbands Oberschleißheim haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme tief betroffen über das Missbrauchsgutachten im Erzbistum München und Freising geäußert. "Wir sind beschämt und wütend über die Verantwortlichen im Dienst der Kirche, die anderen Menschen wiederholt und ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, körperliche und seelische Gewalt antun konnten", heißt es in der am Montag verbreiteten Erklärung. "Wir sind bestürzt von der Tatsache, dass den Verantwortlichen (vor allem Bischöfen) in so vielen Fällen der Schutz und die Würde der Opfer weniger wertvoll erschienen als der Schutz der Institution Kirche und der Täter in ihr."

Die Verfasser nennen das "Ausmaß der immer noch stattfindenden Verharmlosung und Nichtakzeptanz von Schuld", gerade durch den emeritierten Papst Benedikt XVI., einen zusätzlichen Schlag ins Gesicht aller Opfer. Das "Machtsystem der Kirche" und ihre "verschleiernden Strukturen" müssten sehr kritisch hinterfragt werden. Hierbei dürfe es kein Tabu mehr geben, auch bei den Themen Sexualität, Zölibat, Homosexualität und Diversität. Dazu ist nach Ansicht der Unterzeichner eine " tiefgehende Veränderung des bestehenden Systems" notwendig, die wiederum nur von den Mitgliedern der Kirche ausgehen könne.

Das ist für die Spitze des Oberschleißheimer Pfarrverbands nach eigenen Worten auch der Grund, trotz der "verachtenden Doppelmoral" weiter für die katholische Kirche zu arbeiten. "Dieser Widerspruch ist schwer auszuhalten und fordert viel Überzeugung", heißt es in der Stellungnahme vom Montag. Aber man sei überzeugt, "dass die Kirche nicht deckungsgleich ist mit dem erkrankten System, das wir grundlegend ablehnen".

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