Oberschleißheim:Krematorium in bester Lage

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Ein privater Betreiber will in Hochmutting jährlich 3000 Verstorbene einäschern und der Gemeinde dafür eine neue Leichenhalle spendieren. Der Bürgermeister ist begeistert, doch die Gemeinderäte sind skeptisch

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Ein Krematorium für Feuerbestattungen im Großraum München soll am Oberschleißheimer Friedhof Hochmutting entstehen. Ein privater Betreiber will dort eine Anlage errichten, in der etwa 3000 Einäscherungen jährlich möglich sind. Der historische Friedhof weitab vom Ort böte als Standort "ideale Voraussetzungen", betonte Interessent Rainer Lachermann vor dem Gemeinderat. Bürgermeister Markus Böck (CSU) nannte die Pläne "wirklich sehr interessant".

Der Oberschleißheimer Friedhof ist zwar für ältere Menschen vom Ort aus mühselig zu erreichen, aber im überregionalen Verkehrsnetz liegt er ideal: unmittelbar an der Autobahnausfahrt der A 99 und wenige Meter von der Bundesstraße 13. Dazu sind großzügige Erweiterungsflächen im Eigentum der Gemeinde ungenutzt, sowohl innerhalb des Friedhofs im Westen der Anlage als auch außerhalb angrenzend im Norden. "Optimale Infrastruktur" bilanzierten die Interessenten.

Im Großraum München würden jährlich rund 20 000 Einäscherungen vorgenommen, heißt es in ihrer Marktanalyse. Bundesweit sei die Quote an Feuerbestattungen von unter 20 Prozent in den Sechzigerjahren auf 73 Prozent im Jahr 2018 gewachsen, Tendenz steigend. In Hochmutting soll ein etwa 1200 Quadratmeter großes Krematorium entstehen, in dem fünf Mitarbeiter beschäftigt sein sollen.

Der Charme für die Gemeinde: Das Krematorium würde laut den Projektunterlagen wesentliche Infrastruktur des Friedhofs zur Verfügung stellen. So könnte die sanierungsbedürftige Leichenhalle abgerissen werden, für die ein Ertüchtigungsaufwand von 1,5 Millionen Euro kalkuliert ist. Eine neue Aussegnungshalle, Kühlraum, Toilettenanlagen und sogar ein kleines Tagescafé könnten in der Feuerbestattungsanlage mitgenutzt werden.

Während der Bürgermeister vorschlug, gleich in vertiefende Planungen einzusteigen, hat sich der Gemeinderat erst einmal Bedenkzeit ausgebeten. Erich Elsner (SPD) mahnte an, dass der Standort in einem Landschaftsschutzgebiet doch ein "ökologisch sehr sensibler Bereich" sei. Ein Krematorium wäre wohl "ein schwerer Eingriff in ein Naherholungsgebiet". Brigitte Scholle (SPD) forderte, angesichts der emotionalen Materie unbedingt eine breite Bürgerbeteiligung zu initiieren.

Der Friedhof im mehr als einen Kilometer außerhalb von Oberschleißheim gelegen Hochmutting wurde 1805 um die Jakobuskapelle inmitten freier Landschaft angelegt. 1911 wurde die Leichenhalle gebaut und in den Siebzigerjahren erneuert. Erweiterungen des ummauerten Friedhofsgeländes gab es 1958, 19971 und 1997. Seit Jahren wird die historische Kapelle saniert, die wohl das älteste Bauwerk im Gemeindegebiet ist.

© SZ vom 02.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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