Ortsgeschichte:1275 Jahre und ein paar Zerquetschte

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Mit der neuen Oberhaching-App kann man alte und aktuelle Ortsansichten vergleichen. (Foto: Gemeinde Oberhaching)

Die Gemeinde Oberhaching feiert nächstes Jahr mit einem üppigen Programm Jubiläum. Mit dem Datum, das der Anlass ist, nimmt man es dabei nicht so genau.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Wenn Menschen ihr genaues Geburtsdatum aus irgendeinem Grund nicht genau kennen, haben die ein echtes Problem. Denn ein fiktives Geburtsdatum dürfen sie sich nicht einfach in ihren Pass eintragen lassen. Wann sie Geburtstag feiern, bleibt trotzdem ihnen überlassen. Und manchmal ist das ja auch ganz praktisch, wenn man sich etwas jünger machen kann oder die Party in den Sommer verlegt.

So ungefähr verhält es sich auch mit Oberhaching. Dort feiert man 2024 ein Jubiläum, nämlich das 1275-jährige Bestehen. So genau nehmen sie es dabei nicht mit dem wirklichen Alter der Gemeinde. Fest steht inzwischen allerdings: Eine richtig große Sause soll das werden, mit Jubiläumsbuch, einer Oberhaching-App, einigen Ausstellungen und einer Festwoche vom 29. Mai bis 9. Juni mit Umzug und Bierzelt, Konzerten, Gottesdienst und Party.

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Die Organisatoren aus dem Rathaus haben zusammen mit den Vereinen, Schulen und sonstigen Institutionen im Ort ein so umfangreiches Programm zusammengestellt, dass Bürgermeister Stefan Schelle (CSU), Initiator der ganzen Sache und entsprechend begeistert von dem Vorhaben, am Dienstag in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses nur halb im Scherz sagte: "Wenn noch Ideen da sind, behaltet sie für euch." Kurz zuvor hatte er mit Blick auf seinen Kämmerer Paul Fröhlich noch gefragt: "Sind wir noch grob im Budget?" Der Kassenwart nickte etwas gequält.

Aber 1275 Jahre kann man sich schon mal etwas kosten lassen. Zuletzt hatte Oberhaching 1999 groß gefeiert, damals eben 1250 Jahre. Und davor im Jahr 1949 logischerweise das 1200-jährige Bestehen. Soweit stimmt die Rechnung. Aber gleicht man das mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 806 ab, funktioniert das mit dem Jubiläum nicht mehr so ganz. Man muss dazu aber wissen, dass sich das gefeierte Alter der Gemeinde weder an dieser Jahreszahl noch an der Besiedelung des Hachinger Tals in der Jungsteinzeit vor rund 4000 Jahren orientiert. Vielmehr hat man sich bei der Feier vor 75 Jahren an der Einteilung des Pfarrsprengels erinnert, und die war im Jahr 750 - also ungefähr. Ein Jahr hin oder her ist den Oberhachingern einerlei.

Schon 1999 beim vorherigen Jubiläumsfest schrieb die Historikerin Gertrud Diepolder in dem damals herausgegebenen Buch "Lebendige Heimat - Oberhaching", dass man kurz vor der Jahrtausendwende "gut und gerne" die 1250-jährige Identität von Oberhaching feiern dürfe. "Damit ist gemeint, dass wir uns das obere Haching mit seiner Stephanskirche spätestens um die Mitte des 8. Jahrhunderts als ebendieses Dorf denken dürfen, dessen Grundzüge man noch im heutigen Ortskern erkennen kann", begründete sie diese ungefähre Berechnung.

In dem neuen Buch finden sich zahlreiche historische Fotos. Dieses entstand beim Maibaumaufstellen 1946. (Foto: Gemeinde Oberhaching)

Jetzt soll es wieder ein Buch geben, das im März kommenden Jahres präsentiert wird. In den drei Themenschwerpunkten "Da kommen wir her", "Da geht was" und "Das macht uns aus" wird in 1275 Daten und Fakten zu Oberhaching die Entwicklung bis heute nachgezeichnet. Allerdings soll es kein chronologisches Nachschlagewerk werden, sondern sehr modern gestaltet mit großen Fotos, Rätseln, Steckbriefen und Zitaten, verspricht Doris Richter, die im Rathaus für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Ebenfalls von März an kann man sich die Oberhaching-App herunterladen, die bei mehreren Rundgängen durch die Gemeinde ermöglicht, durch Überblendungen auf dem Smartphone zu sehen, wie es an verschiedenen Orten früher aussah. Zudem bietet die Anwendung zahlreiche Videos, Audio-Dateien und 360-Grad-Bilder. Geplant sind zudem drei Ausstellungen. Das Additum Kunst des Gymnasiums zeigt im Januar unter dem Motto "Timelines" die Geschichte Oberhachings, im März werden historische und aktuelle Luftaufnahmen ausgestellt und im Oktober kann man sich historische Postkarten anschauen.

Die Keltenschanzen sind ein Themenschwerpunkt

Im Mittelpunkt steht zwar die Festwoche, doch feiert die Gemeinde ihr Jubiläum das ganze Jahr. Als Themenschwerpunkt wurden die Keltenschanzen gewählt, denn die sieht man im Rathaus als "Alleinstellungsmerkmal" der Gemeinde. So werden derzeit die Infotafeln im Ortsgebiet in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege durch neue Schilder mit aktuellem Wissensstand ersetzt. "Das entwickelt sich ja ständig, daher sind manche Inhalte der alten Tafeln teilweise fragwürdig", sagte Schelle.

Der Bürgermeister verwies zudem auf die Jubiläumsprojekte in Zusammenarbeit mit den Schulen. Die beschäftigen sich unter andere mit den Kelten, den Bajuwaren und den Römern, aber auch mit dem Kandlerwirt in Oberbiberg und der Kugler-Alm. Schelle: "Es freut mich sehr, dass die Kinder und Schulen so eingebunden sind, denn das ist die Zukunft."

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