Neuried:Gemeindeblatt in der Kritik

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Die Gemeinde Neuried ist Herausgeberin der Rats(ch)post. (Foto: Catherina Hess)

In der Gemeinde tobt ein Streit um die Ortsnachrichten. Es geht darum, was veröffentlicht werden darf - und was nicht.

Von Annette Jäger, Neuried

Was in einem kostenlosen Gemeindeinformationsblatt stehen darf und was nicht, hat zu einem heftigen Streit im Neurieder Gemeinderat geführt. In seiner Sitzung Ende März wollte das Gremium eigentlich redaktionelle Leitlinien für das Blatt festlegen, doch die CSU-Fraktion konfrontierte die Mitglieder mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das in letzter Instanz das Aus für viele solcher Gemeindeblättchen im Landkreis München bedeuten könnte. Aus diesem Grund vertagte das Gremium einen Beschluss.

In Neuried heißt das gemeindliche Mitteilungsblatt Rats(ch)post, in Gräfelfing gibt es das Bürgerjournal, in Aschheim die Ortsnachrichten und in Unterföhring das Gemeindeblatt. Nahezu in jeder Stadt oder Gemeinde gibt es eine eigene Publikation, Herausgeber sind meist die Kommunen selbst. In der Neurieder Rats(ch)post, die seit 2016 alle zwei Monate erscheint, erhalten Leser Informationen aus der Gemeindeverwaltung, Termine und Öffnungszeiten, aber auch Vereine oder Kindergärten wie auch die politischen Ortsverbände dürfen von ihren Aktivitäten berichten. Genau das hat in Neuried nun Streit ausgelöst. Insbesondere die Senioren-Union der CSU habe das Mitteilungsblatt immer wieder dafür genutzt, Politik zu machen, lautet der Vorwurf unter Gemeinderäten. So kam die Idee auf, Leitlinien für Inhalte zu formulieren.

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Doch zur Debatte und Abstimmung über die Leitlinien kam es nicht. Vielmehr ging es plötzlich darum, dass das Mitteilungsblatt womöglich gar nicht mit aktueller Rechtsprechung in Einklang steht. Angezettelt hat die Debatte die CSU-Fraktion. Peter Kellner (CSU) zog ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2018 heran, das in Folge eines Streits um das Crailsheimer Stadtblatt in Baden-Württemberg erging. Das Urteil besagt, dass Amtsblätter nicht presseähnlich aufgemacht sein dürfen. Sprich: Nachrichten aus der Verwaltung sind erlaubt, redaktionelle Berichte über gesellschaftliches Leben oder Nachrichten aus den Vereinen oder der Kirche nicht. Sollte der Gemeinderat das BGH-Urteil nicht beachten, kündigte Kellner an, werde er den Sachverhalt dem Landratsamt zur Überprüfung vorlegen.

Es könnten weniger Anzeigen ins Blatt kommen

Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) zweifelte an, dass es gewinnbringend für die Rats(ch)post wäre, wenn Vereins- oder Kirchennachrichten entfallen würden. Es würden dann auch weniger Anzeigen geschaltet werden, gab er zu bedenken. Andreas Dorn (SPD), von Beruf Rechtsanwalt, hielt die Rats(ch)post für konform mit dem BGH-Urteil. Das Mitteilungsblatt sei keineswegs presseähnlich aufbereitet. Er gab zu bedenken, dass bei einer Prüfung im Landratsamt ein Mitarbeiter im Zweifel eher für eine Einstellung des Blattes plädieren würde, um auf keinen Fall mit der Rechtsprechung in Konflikt zu geraten. Dabei sei ein Urteil immer Auslegungssache. Es müssten in Konsequenz dann alle 29 Kommunen im Landkreis angeschrieben werden und deren Gemeindeblätter überprüft werden. Die Folge könnte sein, dass sie eingestellt werden müssen. Dafür wollte Bürgermeister Zipfel keinesfalls den Kopf hinhalten: "Das traue ich mich nicht."

Rückhalt für ihr Anliegen hatte die CSU-Fraktion in der Sitzung keinen. Vielmehr hagelte es scharfe Kritik. Birgit Zipfel (Grüne) warf Kellner vor, mit seinem Ansinnen die Rats(ch)post "zu zerstören". Eric Kirschner (SPD) warf Kellner vor, mit dem BGH-Urteil "den Teufel an die Wand zu malen, das finde ich überzogen". Birgit Zipfel präsentierte schließlich einen Kompromissvorschlag, um in der aufgewühlten Stimmung keinen Beschluss zu erzwingen. Die Fraktionen sollten sich beraten, ob sie sich nicht in Form einer formlosen Vereinbarung darauf verständigen könnten, dass keine politischen Inhalte im Mitteilungsblatt veröffentlicht werden. Dann kann nämlich alles so bleiben, wie es ist.

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