Umstrittenes Verkehrsprojekt:Südanbindung Perlach ist vom Tisch

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SZ-Karte (Foto: N/A)

Der Neubiberger Gemeinderat entscheidet mit knapper Mehrheit, das Verkehrsprojekt nicht weiter zu verfolgen. Bürgermeister Heyland wird überstimmt und kündigt daraufhin eine rechtliche Überprüfung des Beschlusses an.

Von Daniela Bode und Stefan Mühleisen, Neubiberg

Die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Neubiberger Gemeinderats an diesem Abend war kurz. Nur ein einziger Beschluss, den die Lokalpolitiker hinter verschlossenen Türen getroffen hatten, sollte bekannt gegeben werden. Doch dann kam doch noch ein Antrag der Grünen öffentlich auf den Tisch - und der wollte den Sargdeckel über einem scheinbar längst beerdigten, seit Jahrzehnten hin- und hergewälzten Top-Thema in der Gemeinde nun offenbar endgültig schließen: der Südanbindung Perlach (SAP).

Der "Dringlichkeitsantrag" forderte: Das Verkehrsprojekt solle nicht weiterverfolgt werden, weder als Gesamtvorhaben noch als Westabschnitt. Das Votum fiel denkbar knapp aus: Grüne, CSU, und ein Vertreter von USU beschlossen gegen SPD, Freie Wähler und FDP mit einer Stimme Mehrheit das Aus für die SAP. Ob die Entscheidung endgültig ist, wird sich zeigen. Bürgermeister Günter Heyland kündigte an, den Beschluss von der Rechtsaufsichtsbehörde prüfen zu lassen. Er äußerte die Sorge, dass es Regressansprüche von Bürgern geben könnte, die im Glauben nach Unterbiberg gezogen seien, dass die Südanbindung kommen würde.

Er meint damit die Bürger im Neubaugebiet "Vivamus". Und dort könnte der Beschluss tatsächlich einen gehörigen Aufschrei verursachen. Die Planungen für das Quartier hatten Anfang der Neunzigerjahre begonnen; 1994 schloss Neubiberg mit der Stadt München eine städtebauliche Vereinbarung, eine 2,5 Kilometer lange Verbindung zwischen Unterhachinger Straße im Westen und Carl-Wery-Straße im Osten zu bauen: die SAP. Sie sollte als Brückenschlag die südlichen Stadtviertel vom Verkehr entlasten, da sich damals die Löwenbräu-Brauerei ansiedeln wollte.

Die Stadt München hat das Interesse an der Straße verloren

Das tat sie nicht; das Interesse Münchens an dem Millionenprojekt erstarb; dagegen stieg es in Neubiberg, denn "Vivamus" wuchs immer weiter. Bis heute sind die Rufe der Anwohner nach einer Entlastungsstraße in diesem verkehrsbelasteten Gebiet nicht verstummt. Indes: Vor zwei Jahren zog das Münchner Planungsreferat die SAP-Pläne wieder aus der Schublade. Die Stadt wollte aber nur den Westabschnitt realisieren - unannehmbar für die Neubiberger, weil für die Wohngebiete daraus keinerlei Vorteil entstünde. Zuletzt waren die Verhandlung festgefahren, die SAP schien schon wieder zur Hälfte in die Schublade zurückgerutscht zu sein.

Bereits im Juli 2014 hatten die Grünen und die SPD jeweils einen Antrag gestellt, um zu erreichen, dass die Südanbindung Perlach nicht mehr weiterverfolgt wird, die SPD allerdings stimmte jetzt gegen den Dringlichkeitsantrag, weil sie erst Verhandlungsergebnisse mit München abwarten will. Anders die Grünen: "Der Beschluss war längst überfällig. Wir haben ihn nie inhaltlich behandelt", sagte Kilian Körner (Grüne). Die Neubiberger CSU hat bereits auf ihrer Facebook-Seite ihr Nein zur Südanbindung damit begründet, dass München lediglich den Westabschnitt realisieren möchte. "Die Gemeinde Neubiberg lehnt diesen ab, da er einseitig zu einer starken Verkehrsbelastung in Unterbiberg führen würde", heißt es bei der CSU.

Bürgermeister Heyland zeigte sich indessen "überrascht" von dem Dringlichkeitsantrag. "Mir erschließt sich der Sinn nicht, da die Anträge in der nicht öffentlichen Sitzung aufgerufen worden wären", sagte er. Nicht öffentlich deshalb, weil Belange der Stadt München und der Grundstückseigentümer betroffen seien. "Ich hatte so einen Fall noch nicht und will mir deshalb Rechtsrat einholen." Heyland will sich auch absichern, ob er den Beschluss überhaupt umsetzen kann.

Die CSU will eine neue Zufahrt zur Bundeswehr-Uni

Sollte dieser endgültig sein, dürfte die Suche nach Alternativen zur Verkehrsentlastung in Unterbiberg knifflig werden. Denn bei der Rahmenplanung für den Ortsteil wurden diverse Varianten untersucht, beispielsweise auch eine Verlegung der Zufahrten zur Bundeswehruniversität. "Wir haben keine Alternativen. Nicht weil wir keine Ideen hätten, sondern weil wir die Partner nicht von den Vorteilen überzeugen konnten", sagte Heyland. Er wolle weiterhin mit München über die Bebauung auf dem Sondergebiet Brauerei - dort wollte einst Löwenbräu hin - an der Unterhachinger Straße sprechen. Er habe dann aber kein Mandat mehr, über die SAP zu verhandeln. Die CSU fordert auf Facebook, dass nun lokale Konzepte gefunden werden müssten - etwa durch die "Schaffung einer neuen Zufahrt zur Bundeswehr-Uni".

Neubibergs Rathauschef Heyland ist keineswegs glücklich über den Fortgang. Er beklagt mögliche rechtliche Folgen des Beschlusses, auf welche die Verwaltung hingewiesen habe. Es könnten Gemeinderäte zur Rechenschaft gezogen werden, die den Antrag befürworteten, sagte er.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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