Gesunder Unterricht:Ein Touchdown für alle Schüler

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In der Sport AG an der Grundschule Unterbiberg mit der Klasse 4b übt Jessica Hinrainer-Sucak mit ihren Schülerinnen und Schülern Werfen fürs Baseballspiel. (Foto: Catherina Hess)

Baseball mit einer Softball-Trainerin, Kochen mit einer Ernährungswissenschaftlerin und einige Projekte mehr haben der Grundschule Unterbiberg die Auszeichnung als Sport-Grundschule beschert.

Von Daniela Bode, Neubiberg

An diesem Nachmittag tragen die Schüler der Klasse 4b in der Sport-AG an der Grundschule Unterbiberg an einer Hand einen Lederhandschuh, in der anderen halten sie einen kleinen weißen Ball. Kursleiterin Jessica Hinrainer-Sucak lässt sie Baseball spielen. Mal turnt sie mit den Kindern auch an den Geräten, mal macht sie mit ihnen Leichtathletik. "Die Kinder haben alle ihr eigenes Können, ich bringe sie an ihre eigenen Grenzen", sagt Hinrainer-Sucak, die bayerische Landestrainerin der U19-Mädchen-Mannschaft im Softball ist. Sie sieht einen großen Nutzen in der Sport-AG, weil diese eine Abwechslung zum starren Unterricht sei und die Kinder dort im Teamsport lernten, ihre eigene Rolle zu finden.

Die Sport-Arbeitsgemeinschaften in den Ganztagsklassen bei verschiedenen Leitern sind nur einer von vielen Bausteinen, warum die Grundschule Unterbiberg von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) als eine von 37 Grundschulen in Oberbayern als Sport-Grundschule ausgezeichnet wurde. Außer der Schule in dem Neubiberger Ortsteil haben sich im Landkreis München die Konrad-Grundschule in Haar sowie die Grundschule Garching-West zertifizieren lassen.

Rektorin Christiane Bussert freut sich über die Auszeichnung, weil sie die Arbeit an der Schule würdige. (Foto: Catherina Hess)

In Frage für dieses Profil kommen Grundschulen, "die auf der Grundlage der bestehenden Förderstrukturen in Unterricht und Schulleben der Verknüpfung von Bildung, Sport und Bewegung sowie gesunder Ernährung einen besonders hohen Stellenwert einräumen", wie es von der Pressestelle des Kultusministeriums heißt. Also Schulen, die sich in diesen Bereichen besonders engagieren. Auf die Grundschule in Unterbiberg trifft das in vielen Aspekten zu. Außer der Sport-AG gibt es eine Tischtennis-AG, es findet Schwimmunterricht statt - die Schule hat drei Lehrer mit einer Schwimmausbildung.

Gerade Schwimmen sei aufwendig, sagt Rektorin Christiane Bussert, wie sie von den Lehrern wisse, die Hin- und Rückfahrt sei länger als die Zeit im Wasser. "Aber ich halte das für so wichtig." Jedes Jahr sichtet zudem der Turn- und Sportverein Unterhaching an der Schule, ob Kinder in Leichtathletik besonders begabt sind. Auch setzt die Schule auf gesunde Ernährung, sie hat eine eigene Küche, in der Bio- und regionale Gerichte zubereitet werden.

Es gibt eine Koch-AG mit dem Titel "Kochlöffel" für die Drittklässler im Ganztagszug und Projekttage mit dem Titel "Captain Clever", zuletzt für alle vierten Klassen, bei denen die Schüler beispielweise lernen, wie sie einen Schokocreme-Aufstrich selbst herstellen können, wie viel Zucker in Lebensmitteln steckt oder welche Fette gesund sind. "Ich bin fest davon überzeugt, dass all das eine Auswirkung darauf hat, wie Kinder sich später selbst bekochen", sagt die Schulleiterin.

Beim Äpfelschälen: Schüler der Klasse 3b bereiten mit Ernährungswissenschaftlerin Christine Pleyer Kaiserschmarrn mit Apfelmus zu. (Foto: Florian Peljak)

Einen Tag später am Vormittag tobt sich ein Teil der Klasse 3b beim Schnippeln und Schälen aus. Bei der AG Kochlöffel mit der studierten Ernährungswissenschaftlerin Christine Pleyer, die auch eine Ernährungsberatungspraxis in Unterbiberg betreibt, bereiten die Kinder an diesem Tag Kaiserschmarrn mit selbst gemachtem Apfelmus zu. Auf dem Tresen, an dem sie arbeiten, stehen Bio-Dinkelmehl, Bio-Äpfel, Bio-Backpulver. Erst einmal schneiden die Mädchen und Buben die Äpfel und probieren auch mal ein Schnipselchen, bevor es ans Teigmachen geht.

"Ich wähle Gerichte aus, die man schnell zubereiten kann", sagt Pleyer. In der Regel leichte, gesunde Bio-Mahlzeiten. Aber ruhig auch mal etwas komplizierteres wie Kaiserschmarrn. "Ich wünsche mir, dass sie auch zu Hause zubereitet werden", sagt die Ernährungsexpertin. Sie will den Kindern auch ein Wissen über Ernährung mitgeben, denn sie hat das Gefühl, dass zuhause nicht mehr so viel gekocht wird. Mit ihrer "Blitz-Pizza" will sie beispielsweise zeigen, dass man sich eine Pizza aus Zutaten wie Vollkorntoast, Tomaten und Käse auch ganz schnell selbst zubereiten kann und sie nicht zu bestellen braucht.

An der Schule arbeiten Lehrer und Eltern im Team zusammen

Außer Kochen lernen die Schülerinnen und Schüler bei Pleyer noch viel mehr: Tischmanieren und Lebensmittelkunde wie die Mehltypen zum Beispiel. Die Kinder sind mit so viel Begeisterung bei der Sache, dass sicher etwas hängen bleibt. "Die Lehrerin ist so nett und es war alles lecker, was wir gemacht haben, die Spaghetti, das Schnitzel, ich würde das zuhause gerne mal nachkochen", sagt zum Beispiel Amira aus der 3b.

Die Vielfalt an Angeboten zu Bewegung und Ernährung waren freilich nicht von heute auf morgen an der Schule präsent. "Das hat sich entwickelt", sagt Unterbibergs Rektorin Bussert. So war sie etwa immer wieder offen, wenn Vorschläge vom Schulamt kamen, sich für das eine oder andere Programm zu bewerben. Zudem sind die Eltern stark engagiert. Die Leiterin der Sport-AG in der Klasse 4b hat selbst ihren Sohn an der Schule. Die Ernährungswissenschaftlerin, die die AG Kochlöffel und auch das Captain-Clever-Projekt leitet, ist Mutter ehemaliger Schüler. Die Tischtennis-AG leitet der Hausmeister, der selbst Tischtennistrainer ist. "Wir sind ein Team und unterstützen uns gegenseitig, deshalb läuft das alles so gut", sagt die Schulleiterin.

Auch die Gemeinde greife der Schule unter die Arme. Als im Sommer das Schreiben vom Amt kam, ob die Schule sich für das Profil Sport-Grundschule bewerben wolle, sei alles recht schnell gegangen, sagt die Rektorin. "Die Sportlehrer waren sofort dafür, weil es 1000 Euro gibt, mit denen man schöne Spiel- und Sportgeräte kaufen kann", sagt sie. Das Geld soll für Tore und für besondere Gefährte, die Kettcars ähneln, ausgegeben werden. Zudem profitiert die Schule seit Sommer von einer dritten Sportstunde für die ersten Klassen. "Für mich war die Würdigung unserer Arbeit am wichtigsten", sagt Bussert. Und die lohnt sich ganz offensichtlich. Denn den Schülern macht das große Angebot an Bewegung und zur Ernährung nicht nur viel Spaß, sondern sie lernen auch einiges fürs Leben dabei. "Mir gefällt, dass man sich auspowern kann und wir viel miteinander machen", sagt zum Beispiel Sara aus der Klasse 4b über die Sport-AG bei Hinrainer-Sucak.

Doch die Bandbreite an Aktivitäten wird sogar noch vergrößert: Erst vor kurzem hat sich die Schule für das Bildungsprogramm "Gemüseackerdemie" beworben, das der gleichnamige Verein anbietet mit dem Ziel, den Kindern beizubringen, woher das Essen auf ihren Tellern kommt. Dabei wird ein Teil des Schulgeländes zur Ackerfläche umgewandelt. Schüler werden mit ihrer Kursleiterin - ebenfalls eine Mutter - den Acker bewirtschaften und Gemüse anbauen. Das Projekt wird vier Jahre lang von dem Verein betreut, dann sollte es eigenständig klappen. Bussert ist zuversichtlich: "Wenn mein Traum in Erfüllung geht, soll das dort angebaute Gemüse irgendwann in der Koch-AG verwendet werden."

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