Nahverkehr:Mit der Tram an den Stadtrand

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In ihrer Studie schlagen die TU und ein Schweizer Planungsbüro Verbindungen von Neuperlach nach Ottobrunn und von Ober- nach Unterschleißheim sowie den Ausbau der U6 bis Neufahrn vor.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

In nur neun Minuten vom Business Campus in Unterschleißheim bis zur neuen tierärztlichen Fakultät in Oberschleißheim. Für all jene, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, ist das selbst im so urbanen Norden des Landkreises Münchens bisher nicht mehr als eine Vision. Mehr als 30 Minuten müssen Pendler für die etwa 3,5 Kilometer einplanen - samt Fußmarsch, einer kurzen S-Bahnfahrt und vier Minuten im Bus 292.

Mit einer Trambahn ginge es aber in neun Minuten. Diese Vision hat das Schweizer Planungsbüro Ernst Basler und Partner gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Raumentwicklung an der Technischen Universität München sowie dem Büro Studio Stadt Region im Auftrag des Landkreises München entwickelt. Die kurze Fahrt mit der Trambahn von Ober- nach Unterschleißheim ist ein Detail aus der Studie "Perspektiven im öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis München", die an diesem Mittwoch dem Mobilitätsausschuss des Kreises vorgestellt wird - und Möglichkeiten aufzeigen soll, wie sich in den kommenden Jahrzehnten der ÖPNV entwickeln kann und soll. Und unter einer besonderen Maßgabe: Losgelöst von Zuständigkeiten und Fragen der Finanzierbarkeit. Aber mit klarem Fokus auf Verbesserungsmöglichkeiten innerhalb des Landkreises; obwohl die Macher der Studie betonen, dass vieles nur im Dialog mit der Landeshauptstadt und den Nachbarlandkreises umgesetzt werden kann.

Begleitet von Workshops und Umfragen haben die Planer seit 2015 Ideen entwickelt, die über die viel beschworenen Tangentialverbindungen hinausgehen. Etwa eine Stadtbahn, die von Neuperlach Süd aus Neubiberg und das bisher weniger gut erschlossene westliche Ottobrunn mit dem Gewerbegebiet Brunnthal im Süden verbindet. Die Studie verweist darauf, dass eine Trambahnlinie in diesem Bereich bisher noch nie diskutiert worden sei; wohl auch weil stets eine Verlängerung der U 5 im Fokus der Verkehrsplaner steht. Eine oberirdische Stadtbahn aber könne "als interkommunales Projekt" gerade einem dicht besiedelten Raum ganz neue Qualitäten verleihen: im Zusammenspiel von Erreichbarkeit, Wohnen, Arbeiten und Freizeit in der Nähe des Landschaftsparks.

In der Studie wird ein "Kümmerer" im Landratsamt empfohlen

Diese Überlegungen haben auch bei der Ausarbeitung einer Trasse im Norden von Garching-Hochbrück über Unter- bis Oberschleißheim eine zentrale Rolle gespielt. Der wachstumsstärkste Teil des Landkreises wird von den Nord-Süd-Achsen der S 1 und S 8 durchzogen; die Autobahnen A 9, A 92 und A 99, flankiert von den Bundesstraßen B 13 und B 471, stellen die meist befahrenen Trassen des Individualverkehrs dar. Grund genug für die Planer, über eine Entlastung in Form einer Trambahn-Tangentiale nachzudenken, die neben den wichtigen Wissenschaftsstandorten in Garching und Oberschleißheim auch zentrale Wirtschaftsstandorte mit Zehntausenden Arbeitsplätzen verknüpfen könnte.

Die Vorstellungen in der Studie gehen durchaus ins Detail: Auf einer Länge von etwa zwölf Kilometern soll die Stadtbahn teilweise auf bestehender Fahrbahn, auf einer eigens hierfür angelegten Tram-Allee sowie auf einer Eigentrasse im 7,5-Minuten-Takt während des Berufsverkehrs fahren. Die Investitionskosten schätzen die Planer auf 280 bis 415 Millionen Euro. Auch eine Verlängerung bis in die Gemeinde Ismaning wird in Betracht gezogen.

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Im Münchner Osten steht insbesondere eine bessere Verbindung der Kommunen durch Tangentialen im Fokus der Planer. Und zwar leistungsfähigere Zusammenschlüsse der Kommunen Haar, Aschheim, Feldkirchen, Kirchheim und weiter in die Nordkommunen etwa über neue oder auszubauende Buslinien. Den Ausbau des sogenannten Nordrings auf den bestehenden Gleisen, die derzeit nur vom Güterverkehr genutzt werden, halten die Planer zwar für möglich, lassen angesichts der hohen Investitionskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro aber auch Skepsis walten. Der Ring könnte von Haar bis Unterföhring, Freimann und Dachau führen. Die baulichen Maßnahmen aber wären enorm.

Als Empfehlungen gibt die Studie den Kreispolitikern den Ausbau der U 6 Über Garching bis Neufahrn mit auf den Weg. Ebenso den viergleisigen Ausbau der S 6 von Riem bis Markt Schwaben und den immer wieder diskutierten zweigleisigen Ausbau der S 7 über Ottobrunn bis Dürrnhaar. Das gleiche gilt für den West-Ast der S 7 auf der Trasse bis Wolfratshausen.

Um all diese Ideen nicht in der Versenkung verschwinden zu lassen, empfehlen die Macher der Studie, im Landratsamt einen "Kümmerer" anzusiedeln. Dieser soll Projekte und Gespräche zwischen Kommunen, Nachbarlandkreisen, Stadt und Freistaat koordinieren.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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