Oberbayerns einzige Straßenwärterin:Mit @schwesterinorange auf der Autobahn

Lesezeit: 2 min

Lina-Marie Frank erntet manchmal schiefe Blicke von anderen - ihre Kollegen in Riem haben kein Problem mit der Berufswahl der 19-Jährigen. Ihrem Insta-Kanal folgen mehr als 10 000 Menschen.

Von Lukas Koperek, München

Frauenberufe, Männerberufe - gibt es den Unterschied überhaupt noch? Nein, sagt Lina-Marie Frank von der Straßenmeisterei Riem. Für die 19-Jährige ist die Berufswahl keine Frage des Geschlechts, sondern eine des Selbstvertrauens: "Ich finde, mehr Mädels sollten den Mut haben, mal etwas auszuprobieren oder einfach genau das zu machen, worauf sie Lust haben", sagt Frank. Im Juli vergangenen Jahres hat sie ihre Ausbildung zur Straßenwärterin abgeschlossen - und ist damit in ganz Oberbayern die einzige Frau in diesem Job.

"Ich war immer schon handwerklich begabt", sagt Frank, die auf dem Bauernhof ihrer Eltern in Lengdorf im Landkreis Erding aufgewachsen ist. Schon früh war sie fasziniert von Traktoren und begleitete ihren Vater bei der Arbeit in der Landwirtschaft. "Eigentlich wollte ich Mechanikerin lernen oder als Maurerin auf dem Bau arbeiten", erzählt sie. Aber dann sei sie über eine Anzeige des Staatlichen Bauamtes auf den Job als Straßenwärterin gestoßen. Seither ist sie viel auf den Straßen im Landkreis München herumgekommen, für deren Pflege und Unterhalt die Straßenmeisterei in Riem zuständig ist.

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Und was genau hat man da zu tun? "Momentan machen wir viel Gehölzpflege. Also Bäume schneiden, Totholz von der Straße räumen, aber auch Winterdienst und kleine Ausbesserungsarbeiten." Die Vorzüge dieser Arbeit liegen für Frank auf der Hand: "Du machst halt nicht immer das Gleiche. Die Arbeit ist zwar saisonbedingt, aber jede Aufgabe ist sehr individuell." Die Gehölzpflege gehöre zu ihren Lieblingsaufgaben, erzählt sie, außerdem schätze sie die Kollegialität und den "Umgang mit vielen verschiedenen Maschinen". Nicht so lieb sei ihr dagegen alles, was mit Gullys zu tun habe. "Das Problem ist: Ich mag keine Spinnen. Gullys sind voll davon. Klar, ich mach' es, wenn's gemacht werden muss, aber da habe ich schon einen Graus."

Mehr als 10 000 Follower hat sie auf auf ihrem Instagram-Account

Den Umgang mit Maschinen sucht Lina-Marie Frank auch in ihrer Freizeit. "Ich bin viel draußen und fahre Motorrad", sagt sie, "eine KTM." Auf ihrem Instagram-Account @schwesterinorange postet sie Eindrücke aus ihrem Arbeitsalltag und informiert über den Beruf der Straßenwärterin. Auf einem Bild posiert sie mit verschränkten Armen vor einem orangefarbenen Traktor. Auf einem anderen sitzt sie am Steuer eines Lkw. Der frische Wind, den sie in die Straßenmeisterei bringt, scheint Interesse zu wecken: Mehr als 10 000 Follower hat Frank schon und mit jedem Post eine Reichweite von bis zu 1,5 Millionen Usern.

Ein typischer Arbeitstag beginnt für die Straßenwärterin zwischen 6 und 7 Uhr morgens mit der Arbeitseinteilung, dann lädt das Team das passende Werkzeug ein und fährt zum Einsatzort. Schiefe Blicke erntet sie dabei nicht etwa von den männlichen Kollegen, sondern eher von Unbeteiligten: "Ab und zu haben Leute ein Problem damit, dass eine Frau auf dem Bau die gleiche Arbeit macht wie die Männer, obwohl sie selbst gar nichts damit zu tun haben."

Verständnis hat Frank dafür nicht, im Gegenteil: Sie könnte sich keine bessere Arbeitsatmosphäre vorstellen. "Frauen lösen Probleme anders als Männer. Bei den Männern wird oft einmal kurz rumgebrüllt, und das war's. Frauen machen eher ein Tamtam." Ist sie eine Feministin? Frank wiegt unschlüssig den Kopf hin und her. "Ich unterstütze das", sagt sie. "Aber man muss es auch nicht übertreiben." Als Grund, warum es so wenige Frauen in ihrem Beruf gibt, vermutet sie, dass kaum jemand von dem Job wisse. "Aber im Handwerk generell gibt es ja inzwischen schon viele Mädels. Das freut mich."

Lina-Marie Frank sitzt im Winterdienstbüro der Straßenmeisterei. Gleich muss sie los und einen Lastwagen voller Betonfundamente zur Recyclinganlage fahren. Was war noch gleich ihr Motto? Machen, worauf man Lust hat. "Mein Lebensziel ist es, mit mir selbst im Reinen zu sein", sagt Lina-Marie Frank. "So zu sein, wie ich das für richtig halte." Sie überlegt einen kurzen Moment und fügt dann hinzu: "Das bin ich eigentlich jetzt schon."

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