Ottobrunn:Klangperformance zur Feuerleiter

Lesezeit: 2 min

Cellist Jost Henrich Hecker improvisiert am Sonntag in der Michaelskirche zu einer Kunstinstallation von Werner Mally.

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Die kleine Empore in der Michaelskirche Ottobrunn hat es Werner Mally schon immer angetan. "Ich wollte da rauf, dieser Ort hat mich fasziniert, weil er nicht verrät, wofür er eigentlich ist", sagt der Bildhauer aus München. Noch bis 28. Oktober kann man die Empore zumindest gedanklich erklimmen, denn Mally hat einen Zugang geschaffen. Seine hölzerne "Feuerleiter" führt von einem am Boden liegenden Stamm aus mit verschieden großen Segmenten zur Empore hinauf. Sie umfängt den trutzigen Sichtbetonblock, ein Strang dringt in die Lücke ein, aus der Sänger schauen könnten. Ein anderer Leiterstrang führt vom Dach der Empore geradewegs zum weit oben liegenden Fenster in der Ecke der Altarwand, "krallt sich fest, greift weiter, ihre Stufen werden enger, der Raum erscheint noch höher", wie Mally sagt.

Von dieser Dramatik lässt sich der international bekannte Cellist Jost Henrich Hecker am Sonntag, 10. Juli, um 19 Uhr zu einer Klangperformance anregen. Hecker ist langjähriges Mitglied des Modern String Quartett und ein guter Freund von Mally. Er sagte spontan zu, zur Feuerleiter zu improvisieren und hat darüber hinaus eine Komposition aus den Tönen e-c-h-a-e-ais geschrieben, die - zum Teil mit italienischer Tonbezeichnung gelesen - das Wort Mi-C-H-A-E-L(a)i ergibt und mit einem Tritonus, dem als rätselhaft empfundenen Dreiton-Intervall, endet.

Hecker stellt sich wie Mally anschließend dem Gespräch mit dem Publikum. "Ich bin sehr neugierig, wie die Leute die Installation erleben", sagt Mally und man spürt, wie er sich mit dem Kirchenbau des Architekten Theodor Steinhauser aus Gräfelfing und dessen ungewöhnlicher Empore auseinandergesetzt hat: "Die Brüstung ist so hoch, dass sie keinen Menschen sehen, der darauf steht; sie ist auch nur von außen zugänglich", erklärt der 67-Jährige.

Diese für ihn "magische" Empore erschließt der Münchner Bildhauer mit seiner filigranen "Feuerleiter", die er für die Kunsthalle in Schweinfurt 2015 ersonnen und die dort die ganze Raumhöhe des früheren Schwimmbads in Besitz genommen hat. In der Heilig-Kreuz-Kirche in Giesing hing sie von der Orgelempore bis zum Boden herunter und in Ottobrunn reicht sie erneut vom Boden bis zum hohen Fenster. Holm und Sprossen sind aus einem einzigen Stamm herausgearbeitet. Jedes Brett hat Mally mehrfach entkernt, und bis zu 20 Teile aus ihm geschnitten. Es bildet sich ein in sich geschlossenes System. Man kann es von oben nach unten oder von unten nach oben "begehen", beide Richtungen ergeben ein jeweils eigenes Bild. Assoziationen wie Kette, Lebenslinie, ungewisser Weg entstehen. Über die Lesarten können die Besucher der Klangperformance am nächsten Sonntag auch mit dem Kunstreferenten der evangelischen Landeskirche, Helmut Braun, und Dekan Mathis Steinbauer sprechen.

Informationen zu Werk und Begleitprogramm unter www.michaelskirche.de , geöffnet täglich von 9 bis 20 Uhr, Ganghoferstraße 26.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: