Krach vom Schießplatz:Unter Dauerbeschuss

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Weil Unterhachinger Anwohner sich beschweren, misst das Landratsamt nach, ob die Auflagen der Anlage im Perlacher Forst erfüllt sind.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wer es sich an einem schönen Tag auf seiner Terrasse in Unterhaching bequem macht, muss mit einem gewissen Lärmpegel rechnen. Im Westen die Giesinger Autobahn, im Osten die A 8. Und dann sind da noch die Geräusche, die von der Schießanlage aus dem Perlacher Forst herüberschallen und insbesondere den Bewohnern der waldnahen Ortsteile zunehmend auf die Nerven gehen. Mal sind einzelne Schüsse zu hören, dann wieder werden ganze Salven abgefeuert. Die Schießanlage gibt es schon seit 60 Jahren. "Aber es ist definitiv lauter geworden, seit die alte Holzwand an der Autobahn 2013 abgerissen wurde", sagt Catia Hilgart, die in der Jägerstraße direkt am Forst wohnt und findet: "Das hört sich an manchen Tagen an, als befinde man sich mitten in einem Kriegsgebiet."

700 Unterschriften hat Hilgart für einen besseren Lärmschutz gesammelt. Sie setzt sich für eine neue Wand an der Autobahn ein, fordert die Behörden aber auch auf, die Schießanlage zu modernisieren, gegebenenfalls auch durch eine Umhausung den Lärmpegel für die Umgebung zu senken. Das Landratsamt hat jetzt auf die Beschwerden der Anwohner reagiert und am Donnerstag erste Messungen an der Jägerstraße und im Wohngebiet nahe der Gaststätte Waldeslust durchgeführt. Im nahen Münchner Stadtgebiet, an der Pennstraße, soll demnächst auch festgestellt werden, mit wie viel Dezibel die Schussgeräusche dort ankommen.

Die Schießanlage wird vom Bund betrieben und seit den Neunzigerjahren von der Münchner Polizei genutzt. Laut Sprecher Sven Müller ist die Anlage auch deshalb für das Training sehr wichtig, da sie die einzige im Bereich des Polizeipräsidiums ist, auf der Spezialeinheiten auch mit Langwaffen üben könnten. Hilgart will auch gar nicht, dass sich das ändert. "Ich finde es wichtig, dass die Polizei trainieren kann", betont sie. Und sie verstehe auch, wenn die Anlage angesichts der heutigen Terrorgefahr noch stärker als früher genutzt werde.

Das Polizeipräsidium München bestreitet freilich, dass das so ist. "Es hat sich nichts geändert", sagt Sprecher Müller. Auch benutze die bayerische Polizei seit vielen Jahren dieselben Waffen. Daran kann es also auch nicht liegen, dass die Anwohner das Gefühl haben, der Lärm habe zugenommen. Müller führt das Problem auch auf die fehlende Lärmschutzwand an der Giesinger Autobahn zurück.

Mehr Belästigung als durch den Straßenlärm

Catia Hilgart bleibt dabei: "Man wird durch die Schussgeräusche inzwischen mehr belästigt als durch den Straßenlärm", findet sie. Das Kleinkind in der Nachbarschaft könne mittags nicht mehr schlafen, und die Hundebesitzer beklagten, dass sich ihre Tiere beim Waldspaziergang fürchterlich erschreckten, wenn wieder mal laute Schüsse durch den Perlacher Forst hallten. "Neulich war ich auf dem Perlacher Mugl unterwegs, das klang so, als werde direkt neben mir geschossen", erzählt Hilgart.

Laut Sprecher Sven Müller ist die Anlage auch deshalb für das Training sehr wichtig, da sie die einzige im Bereich des Polizeipräsidiums ist, auf der Spezialeinheiten auch mit Langwaffen üben könnten. (Foto: Claus Schunk)

Dass die Behörden jetzt doch so rasch ihre Messgeräte aufgestellt haben, freut sie, wenngleich sie die Messorte noch skeptisch stimmen. "Das Mikrofon wurde viel weiter nördlich in der Jägerstraße aufgebaut, dort ist es nicht so laut wie bei uns", sagt sie. Auch sei das immer eine Frage des Windes, der ausgerechnet am Mittwoch nicht aus dem Westen kam.

Laut Landratsamt erfolgt die Messung nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zur Beurteilung von Schießgeräuschimmissionen. Die Vorgehensweise sei darin detailliert geregelt. Insbesondere würden alle Nutzungsarten der Anlage, also alle Schießdisziplinen, mit den maximal zulässigen Schusszahlen erfasst. Ergebe die Messung, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte überschritten werden, seien grundsätzlich Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.

Im Bundes-Immissionsschutzgesetz sind für reine Wohngebiete tagsüber 50 Dezibel festgehalten. Wie ein Lärmschutz genau aussehen könnten, dazu will sich das Landratsamt noch nicht äußern. "Hierzu müssen die konkreten Ergebnisse der Messung abgewartet werden", heißt es aus der Behörde. Die Polizei vermutet, dass Lärmschutzwände in Frage kämen. Eine Umhausung des Schießplatzes kann sich Müller aufgrund der Größe der Anlage nicht vorstellen.

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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