SZ-Aktion: "Läuft mit uns":Schneckentempo war einmal

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In Scharen wie hier beim Marathon laufen die Patienten zwar nicht aus der Ebersberger Kreisklinik davon - aber es kommt immer mal wieder vor, dass einer partout nach Hause will. (Foto: Andreas Gora/IMAGO)

Es ist Halbzeit bei der SZ-Aktion "Läuft mit uns" und die Motivation fitter zu werden ist unter den Läufern nach wie vor groß. Wie beim Geländelauf mit Trainer Willi Hochholzer.

Von Lara Jack, Unterhaching

Nachdem es tagsüber durchweg geregnet hat, ist die Luft abends angenehm abgekühlt und sogar die Sonne stiehlt sich vereinzelt durch die Wolkendecke - ein dankbares Wetter für das Lauftraining in Unterhaching. "Piia hat uns am Dienstag so beansprucht, das merke ich heute noch", hört man auf dem Parkplatz vor der Bäckerei Kuhn in der Biberger Straße, dem Treffpunkt von Willi Hochholzers Laufgruppe. Vier Trainer des TSV Unterhaching leiten noch bis zum 10. Juli wöchentlich bei der SZ-Aktion "Läuft mit uns" Laufgruppen, jeweils mit individuellem Programm. Während Trainerin Piia mit Übungen und Spurts auf der Laufbahn arbeitet, joggt Willi mit seinen Leuten lieber übers hügelige Gelände.

So geht es dann Donnerstagabend auch um 19 Uhr bald runter vom Teer und querfeldein auf die Wiesen und durch die Waldstücke des Landschaftsparks Hachinger Tal. Zum Beginn der Laufaktion, sagt Willi, waren es etwas mehr als zehn Leute, die an seinem Training teilnahmen. Geblieben ist ein sympathischer Kern von ungefähr acht Läufern, an diesem Abend sind es sieben. Nicht zu vergessen Hündin Luna, die sich den Hügel hinauf mit Leichtigkeit an den schnaufenden Läufern vorbeischlängelt. Unterwegs wird geplaudert, gelacht und vor allem geschwitzt. In Gesellschaft ist die Anstrengung gleich besser auszuhalten.

Ist man zu Beginn noch besorgt, nicht mit der eingespielten Gruppe mithalten zu können, wird man doch recht schnell beruhigt, denn: In Willis Gruppe gibt man sehr gut aufeinander Acht und jedes Tempo ist willkommen. Dass eine Laufgruppe meist nicht homogen ausfällt, war auch Willis Kindheitsfreund Hans Forster klar. Eine "Grundahnung von dem Ganzen" bringe er da als Skilehrer mit. Darum erklärte er sich bereit, seinen Freund zu unterstützen und die Gruppe mit zu begleiten. "Da haben wir uns aufgeteilt, dass einer mit den Langsamen und einer mit den Schnelleren laufen kann", sagt er. An bestimmten Streckenabschnitten wird dann immer wieder aufeinander gewartet.

Seit etwas mehr als einem Monat finden die wöchentlichen Lauftrainings in Kooperation mit dem TSV Unterhaching schon statt und die Gruppe scheint nach wie vor motiviert, der eigenen Fitness etwas Gutes zu tun. "Wir sind von Anfang an dabei und ich versuche auch jede Woche mitzukommen. Mit Gesellschaft zu laufen, ist für die Motivation immer schön", findet die 18-jährige Sonja, die gemeinsam mit ihrer Mutter am Lauftraining teilnimmt. Ihre Kondition habe sich dadurch deutlich verbessert und das wohl auch gerade zum rechten Zeitpunkt, denn schon am nächsten Tag soll es für die frischgebackene Abiturientin in den Balkan gehen, für den "Peaks of the Balkans" - eine zehntägige Wanderung.

Nach etwa der Hälfte der Strecke ist man dann doch vom eigenen Durchhaltevermögen überrascht, schafft man es sogar nebenbei noch die schöne Natur zu bewundern. Es geht durch die bunt bewachsenen Blumenwiesen, über verwurzelten Waldboden und zeitweise wieder auf den Teer. Setzt dann irgendwann das Seitenstechen ein, ertönt gleich aus mehreren Mündern: "Da muss man fester ausatmen!" Es folgt eine kurze Verschnaufpause vor einer Schafweide. Dann wird ein "Wie schauts aus?" in die Runde geworfen und ein einstimmiges "Wir können weiter" hallt zurück. Und so geht es - von nun an ohne Seitenstechen - weiter. "Drei Geschwindigkeiten gibt es", sagt Willi beim Laufen mit einem Schmunzeln. "Lichtgeschwindigkeit, Schallgeschwindigkeit und Schneckentempo." Dass man sich mit regelmäßigem Training schnell vom Schneckentempo zur gefühlten Lichtgeschwindigkeit arbeiten kann, konnte der Trainer innerhalb seiner Laufgruppe selbst beobachten.

Auch Läufer Carl kann den regelmäßigen Treffen nur Positives abgewinnen: "Durch das wöchentliche Training habe ich wieder Lust zum Laufen bekommen. Das ist mein Antrieb jetzt." Auf lange Sicht ist das Ziel für ihn die Teilnahme am New York Marathon, oder zumindest am Halbmarathon. Und die Chancen stehen scheinbar nicht schlecht, denn von Trainer Hans wird Carl schon jetzt ein deutlich besseres Durchhaltevermögen als noch zum Beginn der Laufaktion attestiert.

Am letzten Hügel angekommen, wo man nun untrainiert fast sechs Kilometer gejoggt ist, verflucht man die eben noch so bewunderte Natur und ihre Unebenheiten. Hätte dieser letzte Anstieg wirklich noch sein müssen, fragt man außer Atem. Das sei ja wohl das beste Training, was man bekommen könnte, kommt von einem lachenden Hans zurück. Und wenn man dann denkt, es geht nicht weiter, erspäht man aus der Ferne den Parkplatz der Bäckerei Kuhn und ist stolz, die Strecke gemeistert zu haben.

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