Kreispolitik:Von Schrumpfkuren und Schrumpfköpfen

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Krautköpfe und Bier aus Ismaning gehören traditionell zur letzten Sitzung des Kreistags im Jahr. Heuer fallen sie jedoch kleiner aus als auf diesem Bild von 2019. (Foto: Claus Schunk)

Der Kreistag kann sich nicht auf Kürzungen im Haushalt 2024 einigen, doch von den Kontroversen der Fraktionen ist bei der letzten Sitzung des Jahres nichts zu merken. Im Gegenteil.

Von Martin Mühlfenzl, Ismaning

Krisen in diesem Jahr, wohin man blickt, und jetzt trifft es auch noch das Ismaninger Kraut: Beim Blick auf die bis zu 18 Kilogramm schweren Köpfe, die an diesem Montagnachmittag im Foyer des Bürgerhauses aufgereiht sind, fällt auf, dass sie heuer ein bisschen kleiner sind als sonst. "Weil es im Herbst so wenig geregnet hat", erklärt Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD).

Dass der Kreistag des Landkreises München zu seiner letzten Sitzung des Jahres in Ismaning zusammenkommt, hat genauso Tradition wie die Krautköpfe, die dort auf die Kreisräte warten und von diesen am Ende mitgenommen werden dürfen. Und Tradition hat eigentlich auch, dass bei der Dezembersitzung der Kreishaushalt für das kommende Jahr verabschiedet wird. Nicht aber in diesem Jahr.

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Denn so wie in Berlin klafft auch im Haushalt des Landkreises ein Loch. Etwa 50 Millionen Euro waren es zu Beginn der Etatberatungen für 2024, in zähen Verhandlungen ist es dem Landratsamt und dem Finanzausschuss gelungen, die Lücke im Haushalt auf weniger als 16 Millionen Euro zu verringern. Doch um diese zu schließen, sind die Interessenlagen der Fraktionen im Kreistag zu unterschiedlich. Die Lage ähnelt auf frappierende Art und Weise jener in Berlin.

Während in der Hauptstadt die FDP als Verfechterin der Schuldenbremse höhere Einnahmen blockiert, sind es im Landkreis München allerdings die Bürgermeister, die eine Erhöhung der Einnahme über eine Anhebung der Kreisumlage verhindern - denn diese würde die Städte und Gemeinde stärker zur Kasse bitten. Die Grünen beklagen wiederum hier wie dort, dass vor allem Mittel für den Klimaschutz dem Rotstift zum Opfer fallen sollen. Sowohl in Berlin als auch rund um München ist von einem "Politikwechsel" die Rede, den die einen wollen und von dem die anderen sagen, dass er drohe. Anders als im Bund ist es hier aber weniger die FDP, die gegen die Grünen keilt, als die SPD. Deren Vertreter werfen der Öko-Partei vor, nur zu jammern und zu leiden, aber keine eigenen Vorschläge zu machen, wie und was eingespart werden könnte.

Doch von alldem ist am Montag nichts zu merken. Während in Berlin die Koalitionsspitzen zum wiederholten Mal zusammensitzen, um irgendwie einen verfassungsgemäßen Haushalt auf die Beine zu stellen, herrscht im Ismaninger Bürgerhaus eine geradezu seltsam ausgelassene Stimmung schon vor der Sitzung. Ernst Weidenbusch, bis vor ein paar Wochen noch CSU-Landtagsabgeordneter, berichtet erstens von dem Mehr an Zeit, das ihm nun zur Verfügung steht; und zweitens davon, diese unlängst für eine Reise nach Kroatien genutzt zu haben, um dort auf die Jagd zu gehen. Es wird gelacht, das Büfett mit den Schnittchen belagert und vorsichtshalber schon mal bei Ismanings Bürgermeister Greulich nachgefragt, ob das obligatorische Bier noch geliefert wird. "Ich kann beruhigen, es kommt noch", verspricht der Gastgeber in seiner Begrüßung.

Anstelle von Thomas Glashauser wird Hubert Zellner als neuer Kreisrat vereidigt

Die Haushaltskrise im Landkreis München scheint an diesem Montagnachmittag ganz weit weg. Sie wurde in Form von drei Tagesordnungspunkten - dem Stellenplan des Landratsamtes, dem Konsolidierungsplan und der Beschlussfassung zum Haushalt selbst - von der Tagesordnung genommen. Erst im Januar wird der Kreistag wieder in die Diskussion über den Etat 2024 einsteigen. Bis dahin gibt es noch viel Redebedarf innerhalb der Fraktionen, wie und wo gespart und gekürzt werden soll und kann.

So benötigen die Kreisräte lediglich 35 Minuten für ihre letzte Sitzung des Jahres. Die beginnt mit der Vereidigung von Hubert Zellner, seines Zeichens Volksmusikpfleger des Landkreises München und ehemaliger Bürgermeisterkandidat der CSU in Sauerlach. Zellner rückt für den noch immer krankgeschriebenen Aschheimer Bürgermeister Thomas Glashauser nach, der nach dem Tod von Unterschleißheims ehemaligem Bürgermeister Rolf Zeitler zwar im Januar das Mandat zunächst angenommen hatte, aber nie vereidigt wurde. Mitte Oktober verzichtete Glashauser schließlich.

Zellner wird sich fortan mit Themen wie dem On-Demand-Service Flexbus beschäftigen, dem Landrat Göbel die Chance zugesteht "möglicherweise die Zukunft des ÖPNV" zu sein. Und mit Solardächern auf kreiseigenen Schulen oder dem Radweg an der M25 zwischen Harthausen und Möschenfeld, dem auch Zellner zustimmt. Und er wird helfen müssen, einen Haushalt aufzustellen - im kommenden Jahr dann.

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