Hohenbrunn:Sprung ins kalte Wasser

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Imposant: Das neue Riemerlinger Hallenbad mit der charakteristischen Holzfassade. Am rechten Bildrand die Sporthalle. (Foto: Claus Schunk)

Die Riemerlinger Haie erwarten sehnsüchtig die Eröffnung des neuen Hallenbads im Herbst. Es soll vor allem auch dem Breitensport dienen und zu einem Treff werden. Die Finanzierung des Großprojekts wird zur Herausforderung.

Von Stefan Galler, Hohenbrunn

Mit einer gewissen Erhabenheit steht der imposante Bau mit der Holzverkleidung auf dem Schulcampus an der Georg-Kerschensteiner-Straße im Hohenbrunner Ortsteil Riemerling. Nebenan die bereits fertiggestellte, aber noch nicht betriebene Sporthalle, dann folgen in direkter Abfolge die Gebäude der sanierten Grundschule und der 2019 fertiggestellten Carl-Steinmeier-Mittelschule - alle Bauwerke ausgestattet mit einer charakteristischen, heimelig wirkenden Holzfassade.

Das neue Hallenbad ist noch von einem Bauzaun umgeben, Warnschilder weisen darauf hin, dass das Gelände kameraüberwacht ist. Außen ist bereits die Be- und Entlüftungsanlage zu erkennen, der Haupteingang ist ausgestaltet und innen sind die Schwimmbecken fertig, das 25-Meter-Trainingsbecken mit sechs Bahnen sowie das Lehrbecken, das einen variablen Boden bekommen wird. Derzeit wird durch stehendes Wasser geprüft, ob alles dicht ist.

Im oberen Stockwerk gibt es großzügige Trainingsräume, etwa für Tanzgruppen, eine Kletterwand, Räumlichkeiten für den TSV, etwa Büros und Tagungszimmer, sowie den Trakt für die Mittagsbetreuung. "Das Gebäude wird wirklich sehr schön und wir können sicherlich allesamt sehr stolz auf diesen Sportcampus sein", sagt Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU). Die Fertigstellung liege "in den letzten Zügen, aber natürlich gibt es hier auch noch einiges zu tun". Sporthalle und Schwimmbad werden dann gemeinsam in Betrieb gehen, wenn alle Abnahmen, etwa auch bezüglich Brandschutz, erfolgt sind.

Konkret heißt das, dass sich die Eröffnung noch einmal ein Stück nach hinten verschiebt, nachdem man noch bis weit ins vergangene Jahr davon ausgegangen war, den Badebetrieb spätestens im März 2022 starten lassen zu können. Doch die Bauarbeiten verzögerten sich wieder und wieder, was auch an wegen der Pandemie vorübergehend nicht lieferbaren Materialien lag; nun sollen sie im Sommer abgeschlossen werden, mit der Inbetriebnahme rechnet Straßmair zum Start des neuen Schuljahrs im September.

Doch nicht nur die Schulen in der Umgebung warten sehnsüchtig darauf, wieder Schwimmunterricht anbieten zu können: Vor allem die Schwimmabteilung des TSV Hohenbrunn, die Riemerlinger Haie, kann die Eröffnung des Bades kaum mehr erwarten. Die Haie sitzen seit mittlerweile anderthalb Jahren auf dem Trockenen. Damals, im November 2020, kam der zweite große Lockdown wegen der Corona-Pandemie, der Gemeinderat beschloss schließlich, das wegen seines Alters kaum noch betriebsfähige Bad endgültig zu schließen, mittlerweile ist es abgerissen. An seinem vorherigen Standort entsteht nun bis diesen Herbst der neue Schulsportplatz.

Bald wird es hier endlich lebendiger: das Hallenbad in Hohenbrunn. (Foto: Claus Schunk)
Absenkbarer Boden: Das Lehrschwimmbecken ist technisch auf dem neuesten Stand. (Foto: Claus Schunk)
Fehlende Ausstattung: Im Kabinentrakt des neuen Riemerlinger Hallenbades gibt es keine festinstallierten Föhns, auch Haken und Kleiderbügel sind Mangelware. (Foto: Claus Schunk)

"Man kann schon sagen, dass wir durch ein Tal der Tränen gegangen sind", sagt Moritz Harteneck, der neue Schwimm-Abteilungsleiter. "Aber schön, dass es wieder aufwärtsgeht, wir schauen positiv auf die Zukunft." Die vergangenen Jahre waren hart für den bundesweit erfolgreichen Verein, der 2013 die deutsche Meisterstaffel über 4 x 100 Meter Freistil der Frauen stellte und jahrelang mit seinen Männer- und Frauenteams in den Bundesligen schwamm. Durch den Verfall des alten Hallenbads, das seit Ende 2013 immer wieder zumindest vorübergehend zumachen musste, gepaart mit den Restriktionen durch Corona, ging es bergab mit den Haien: Man war ständig auf der Suche nach Wasserzeiten in anderen Gemeinden, die Mitgliederzahlen gingen deutlich zurück, ebenso wurde die Gruppe der Leistungsschwimmer immer kleiner: Von einstmals 120 Athleten sind jetzt nur noch etwa 20 dabei. Und von dem Spitzenwert aus dem Dezember 2016, als die Abteilung insgesamt mehr als 1400 Mitglieder hatte, ist nur noch etwa die Hälfte übrig. "Ich bin sicher, dass wir im neuen Bad und ohne Corona-Beschränkungen unser altes Niveau recht schnell wieder erreichen können", sagt Harteneck.

Sein Vorgänger als Spartenchef, Steffen Lenz, hat im Februar sein Amt niedergelegt, dessen Tochter Jette, die zu den talentiertesten deutschen Freistilschwimmerinnen gehört, wechselte schon im Herbst 2021 an den Bundesstützpunkt Heidelberg. Weil auch andere ambitionierte Funktionäre wie der Sportliche Leiter Peter Lehmann den Verein verließen, deutet vieles darauf hin, dass die Haie eine neue Grundausrichtung bekommen: "Mein primäres Ziel ist nicht, dass wir in der Bundesliga schwimmen, wir wollen eine gute Balance aus Leistungs- und Breitensport", sagt Abteilungsleiter Harteneck. Spitzenschwimmer im Klub zu haben, sei alleine schon deshalb bedeutsam, weil sich aus deren Elternschaft oft die besten und engagiertesten Trainer rekrutieren ließen, so Harteneck weiter. Aber auch der Breitensport für Jugendliche und Erwachsene, spezielle Programme für Flüchtlinge und die "Ozon-Tiger", eine Schwimmgruppe für Menschen mit Behinderung, seien wichtige Aufgabenfelder der Haie.

Priorität aber habe, da sind sich der Haie-Boss und der Bürgermeister einig, dass endlich die Schwimmkurse für die Kinder wieder losgehen könnten. Bürgermeister Straßmair hat selbst im alten Hallenbad das Schwimmen gelernt, ein Grund dafür, dass er sich in den Debatten mit dem Gemeinderat vom Start weg stets für den Bau einer neuen Schwimmhalle stark gemacht hat. Die Auseinandersetzungen im Gremium waren damals heftig. Während etliche Gemeinderäte von der Idee, ein nagelneues Bad zu bauen, begeistert waren, kritisierten andere das sündhaft teure Vorhaben. Wie etwa die Grüne Martina Kreder-Strugalla, die den Plan in der damals entscheidenden Sitzung im Juli 2017 mit einem "Sprung vom Zehn-Meter-Turm in ein 50 Zentimeter tiefes Becken" verglich. Denn die Kosten sind immens: Ging man damals noch von 21,7 Millionen Euro an Investitionen für Hallenbad, Sporthalle und Mittagsbetreuung aus, so gehen die Kalkulationen jetzt bereits Richtung 25 Millionen. Dazu kommen laut den Schätzungen von Bürgermeister Straßmair aus einer Finanzausschusssitzung Ende März Betriebskosten in Höhe von 4000 Euro - pro Tag! Die genaue Höhe könne, so Straßmair auf SZ-Nachfrage, "aufgrund der Energiepreise jetzt noch nicht abgesehen werden".

Über Eintrittspreise und Belegungszeiten ist nicht abschließend entschieden

Dabei ist die Kommune aktuell durch zahlreiche Investitionen belastet, etwa durch den Wohn- und Realschulbau "Hohenbrunn West", die Renovierung des Rathauses, das Bauprojekt "Am Hölzl" und den bevorstehenden Neubau eines Feststadels. Da wäre es notwendig, die durch das Bad verursachten enormen Ausgaben zumindest ansatzweise zu kompensieren. Ein beträchtlicher Teil kommt dabei durch das Schulschwimmen in die Kasse, schon im alten Bad verlangte die Gemeinde nach einer Erhöhung im Mai 2016 einen Obolus von vier Euro pro Schüler. Für das neue Bad hat sich die Verwaltung ein Modell für das Vereinsschwimmen überlegt, das allerdings vom Gemeinderat noch nicht abgesegnet worden ist. Es sieht vor, dass jedes Haie-Mitglied eine ermäßigte Jahreskarte entsprechend seines Alters zu erwerben hat. Nehmen Nicht-Mitglieder an vom TSV angebotenen Kursen teil, müssen sie zusätzlich zu den Kursgebühren auch Eintritt bezahlen, allerdings ist dann der Kauf einer ermäßigten Zehnerkarte möglich. Und dazu kommen die Eintrittspreise, die jeder bezahlen muss, der während der Öffnungszeiten zum Schwimmen kommt. Für eine zweistündige Badnutzung sind vier Euro als Normaltarif anvisiert, Kinder unter sechs Jahren sollen freien Eintritt bekommen, Sechs- bis 14-Jährige zahlen zwei Euro, dazu soll es einen ermäßigten Tarif von drei Euro, etwa für 14- bis 18-jährige Schüler, Studenten, Behinderte, Senioren ab 65 und Bezieher von Sozialleistungen geben. Für Jahreskarten werden wohl regulär 200 Euro fällig, eine Zehnerkarte soll im Normaltarif 36 Euro kosten.

Die Verwaltung wird das Modell nach der jüngsten Debatte im Finanzausschuss noch einmal unter die Lupe nehmen. Doch auch falls noch Anpassungen erfolgen, sind diese Einnahmen keineswegs kostendeckend - für Straßmair keine Überraschung: "Mit den Verlusten, die so ein Schwimmbad immer produziert, haben wir schon im Vorfeld gerechnet."

Edle Ausstattung: Im oberen Stockwerk des Schwimmbades gibt es großzügige Trainingsräume, aber auch Tagungszimmer für die TSV-Funktionäre. (Foto: Claus Schunk)

Ebenfalls noch offen ist, in welchem Ausmaß die Öffentlichkeit überhaupt in den Genuss des Bades kommt, denn von Montag bis Freitag wird es bis 16 Uhr weitgehend dem Schulschwimmen vorbehalten bleiben. Es sieht aktuell danach aus, als ob die Haie vor allem am späten Nachmittag und Abend sowie samstags über das gesamte Bad oder zumindest vier der sechs Bahnen verfügen können. Für die Öffentlichkeit sind aktuell ganztägig der Sonntag, zwei frühe Slots (Montag und Donnerstag, 6 bis 8 Uhr), Mittwochnachmittag und je zwei Bahnen an Dienstag- und Freitagabend vorgesehen. Klar ist: Je länger man das Bad für alle öffnet, desto größer werden die Einnahmen durch den Eintritt. Doch andererseits steigen eben auch die Betriebskosten durch den Lohn für Kassenkräfte und Bademeister. Die geteilte Nutzung durch Verein und Öffentlichkeit hat dagegen den Vorteil, dass die Haie das Personal ehrenamtlich stellen könnten. Für Vorstand Harteneck kommt es bei der gleichzeitigen Nutzung auch darauf an, vernünftige Regelungen zu finden: "Es macht wenig Sinn, Senioren neben Leistungsschwimmern ins Becken zu lassen." Man sei in guten Gesprächen. Der Bürgermeister verweist auf den Gemeinderat, der über die Nutzungszeiten entscheiden werde. "Für mich ist die Vereinsarbeit auch sehr wertvoll", sagt Straßmair. Schließlich würden "sehr viele Bürger im Verein schwimmen" oder zumindest dessen Kurse besuchen. Das gelte insbesondere für viele Kinder.

Das Café Auszeit will mehr sein als ein Kiosk: eine Begegnungsstätte für die Riemerlinger

Ziemlich unabhängig von all diesen Debatten bereiten sich unterdessen die Gastronomen Mario Jugenheimer und Thomas Langwieder auf den Start ihres "Café Auszeit" im neuen Hallenbad vor. Konzession und Steuernummer sind beantragt, eine Facebookseite ist geschaltet - das Duo fiebert dem Start entgegen: "Wir können jederzeit loslegen", sagt Jugenheimer, der sich mit Blick auf die hohen laufenden Kosten des Bades zurückhaltend äußert: "Wir können das natürlich auch nicht rausholen, unsere Pacht ist wirklich sehr fair." Doch die neue Location muss sich auch erst einmal einen Namen machen, die beiden Wirte wollen ihr Konzept unabhängig vom Sportcampus aufziehen: "Wenn wir uns nur auf das Schwimmbad-Publikum konzentrieren, wird es schwierig, wir wollen uns autark auch eine eigene Kundschaft erarbeiten", so Jugenheimer, dem es vor allem darum geht, kostendeckend zu arbeiten und das Lokal zu etablieren: "Wir wollen hier nicht in vier Jahren mit dem Porsche wegfahren."

Das Entstehen des Cafés war ein bisschen holprig. Nach dem Gemeinderatsbeschluss im November 2021 dauerte es lange, bis die Verträge unter Dach und Fach waren. Auch bei der Planung der Küche musste nachgebessert werden, schließlich sieht das Konzept des Duos etwas mehr vor als nur einen Kiosk, der Snacks, Eis und Getränke verkauft. Es soll einen preisgünstigen Mittagstisch geben, auch mit Speisen zum Mitnehmen. Darüber hinaus soll das "Auszeit" am Abend eine Begegnungsstätte für die Riemerlinger Bevölkerung werden. Bürgermeister Straßmair sagt, er freue sich auf die neue Gastronomie. Man habe nach einer Überarbeitung der Planung "gemeinsam gute Lösungen erzielt, um das Mögliche aus den Räumlichkeiten rauszuholen".

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