Mitten in Oberhaching:Vorsicht, paarungsbereite Springfrösche

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Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben: Warmes Wetter verwirrt Tiere, Pflanzen und Skitourengeher.

Kolumne von Iris Hilberth, Oberhaching

Der Rother Bergverlag in Oberhaching, bekannt für Wanderführer und allerlei alpine Fachliteratur, hat gerade ein neues Buch veröffentlicht. Diese 232 Seiten mit 35 Karten waren sicher schon lange in Arbeit, und man dachte sich wohl, dass der Januar der beste Zeitpunkt wäre, mit diesem Werk die Bergfreunde zu beglücken. Es geht um Skitouren und Skisafaris. Ärgerlich nur: Diese Sportarten sind gerade nicht so angesagt. Wegen Schneemangels und milder Temperaturen könnte dieser "alpenweit erste Skitourenführer", der ausschließlich Anreise mit Öffis vorschlägt, erst mal zum Ladenhüter werden. Auch dort, wo wie in Kreuth zu dieser Jahreszeit eigentlich die Langlaufloipe gespurt ist, kann man bestenfalls wandern. Und daneben hat sich bereits das Alpenveilchen aus der Deckung gewagt.

Das traut sich was! Man möchte ihm zurufen: Zurück unter die Erde! Aber flott! Es ist noch nicht so weit. Bis zum Frühling dauert es noch ziemlich lange. Das fühlt sich zwar in diesem Jahr gar nicht so an, immerhin pfeifen die Spatzen auch schon das Ende des Winters von den Dächern und der Siebenschläfer ist bereits wieder munter. Von der Sumpfmeise über das Alpenschneehuhn bis hin zum Trauerschnäpper sind alle im Moment etwas verwirrt, schalten bei warmem Wetter in den Frühlingsmodus und bringen die ganze Natur durcheinander. Das bestätigt der Landesbund für Vogelschutz in einer Pressemitteilung und warnt: "Bleibt es konstant warm, ist ab Ende Januar mit den ersten paarungsbereiten Springfröschen zu rechnen."

Die werden dann zwar vermutlich nicht mit den Skifahrern kollidieren, weil die längst eingesehen haben, dass das nichts mehr wird mit den Safaris und sie auf den nächsten Winter warten müssen. Doch problematisch ist das vor allem, wenn es doch noch plötzlichen Kälteeinbrüche gibt. Dann erfrieren Lurchi und seine Freunde. Die aufgewachten Igel verplempern unnötig ihre Fettreserven, und die Blüten der Pflanzen werden nicht bestäubt, wenn die Insekten noch nicht unterwegs sind. Sie alle sollten trotz Frühlingsgefühlen also alle lieber noch ein bisschen chillen und nicht glauben, dass vom Leben bestraft wird, wer zu spät kommt. Das hat Michail Gorbatschow nämlich gar nicht so gesagt, wie es überliefert ist. Vielmehr hat der frühere Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gewarnt: "Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren."

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