CSU:Deutsche Eiche

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Einblicke ins Innenleben einer Partei: der virtuelle Neujahrsempfang der CSU. (Foto: Claus Schunk)

Der virtuelle Neujahrsempfang der Christsozialen vermittelt so manche Eindrücke über die Partei und ihre Politiker im Landkreis München.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Es ruckelt ein wenig, dann ist das Bild da, der Image-Film der CSU-Landesgruppe, den Florian Hahn seinen Parteifreunden vorstellen will, läuft. Aber was ist mit dem Ton? Es ist nichts zu hören vor dem heimischen Bildschirm. "Da haben wir wohl technische Probleme", sagt der Bundestagsabgeordnete und Chef der Kreis-CSU, der zum digitalen Neujahresempfang geladen hat. Das sei eben die Krux solcher Veranstaltungen. Dass die aber immer noch notwendig sind, zeigt das Beispiel Hahn am deutlichsten; der nämlich hält sein Grußwort an die etwa hundert Teilnehmer vor dem CSU-blauen Banner mit seinem Namen in Quarantäne.

Hahn quält sich seit einigen Tagen trotz Booster-Impfung mit den Symptomen einer Corona-Infektion herum, hat Fieber und muss auch die Wahl des Bundespräsidenten an diesem Sonntag in Berlin sausen lassen. Den digitalen Neujahrsempfang am Donnerstagabend aber wollte er sich auf keinen Fall nehmen lassen, denn es ist ja wenige Monate nach der krachenden Niederlage der Union - und auch der CSU in Bayern - Zeit, Signale des Wiederaufbruchs an die eigene Basis auszusenden und gleichzeitig Attacken gegen die neue Ampel-Koalition zu fahren.

Aus der Quarantäne zugeschaltet: der an Covid-19 erkrankte Florian Hahn. (Foto: Claus Schunk)

Beim Thema Impf-Pflicht versage diese, weil sie keinen eigenen Vorschlag auf den Tisch legt, sagt Hahn. Stattdessen habe sie "am schnellsten" das Thema Abtreibungsrecht, also die Streichung des Paragrafen 219a, auf den Weg gebracht. "Gut, wenn das das Wichtigste ist", merkt Hahn spöttisch an. Der neuen Außenministerin Annalena Baerbock attestiert Hahn zumindest, "fleißig" zu reisen, Nachrichten aber habe sie im Anschluss nicht im Gepäck.

Hin und wieder gehen im digitalen Raum Daumen oder Klatsch-Zeichen nach oben als Ersatz für den Applaus, der solche Reden bei analogen Treffen begleiten würde. Nach zwei Jahren Pandemie lässt sich noch immer festhalten, dass sich der Charme von Online-Events in Grenzen hält. Der beschränkt sich eher darauf, einen kleinen Einblick in das Innenleben mancher Haushalte zu gewinnen, etwa zu sehen, wer noch Deutsche Eiche an der Wohnzimmerwand stehen hat oder es sich auf der Couch gemütlich gemacht hat. Aber eigentlich dominiert das Anonyme, denn die meisten Teilnehmer haben die Kamera einfach deaktiviert und sind nicht mehr als ein Name auf einer schwarzen Bildschirmkachel.

Der Protagonist des Abends: Landrat Christoph Göbel überzieht etwas bei seiner Redezeit. (Foto: Claus Schunk)

Etwas Stimmung und Lockerheit versucht Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl als Moderator in die Veranstaltung zu bekommen, der vor einer Kamera am Stehtisch im Anzug agiert. Böltl begrüßt zwei junge Parteimitglieder, die er von ihrer Motivation erzählen lässt, in die CSU einzutreten. Er übergibt auch an Landrat Christoph Göbel (CSU), den Hauptredner des Abends. Göbel beginnt pünktlich um 18 Uhr mit seiner Rede, aus dem Off sind die Glocken der Mariahilfkirche zu hören, er sitzt also noch an seinem Schreibtisch im Landratsamt am Mariahilfplatz.

Und von dort aus singt er ein Loblied auf den Landkreis München, dieses "Herzstück" der Region, dieser "Wirtschaftsstandort schlechthin" mit mittlerweile 250 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Fachkräfte aus aller Welt kämen hierher, aber sie fehlten auch in großer Zahl. Hunderte Millionen Euro seien in die Schullandschaft des Landkreises geflossen und würden weiterhin investiert. Aber der Landrat spricht auch Probleme und Herausforderungen der Zukunft an: die soziale Sicherung, den Wohnungsmarkt, die Breitbandversorgung, den öffentlichen Personennahverkehr. Und das "Überthema": die Mobilität. In der Verkehrspolitik sei man mit dem Latein der vergangenen Jahrzehnte am Ende, große Straßenbauprojekte könnten nicht mehr realisiert werden; die Mobilität müsse kreativer und digitaler werden - und "post-fossil".

Just in diesem Moment stellt sich die Kachel von Bezirksrätin Karin Hobmeier auf Schwarz und ein Hinweis erscheint: "Das Video ist derzeit aufgrund mangelnder Bandbreite nicht verfügbar."

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