Unterricht in Bayern:Eine Schülerin, die was zu sagen hat

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Kann klug und besonnen argumentieren: Marlena Thiel vom Ernst-Mach-Gymnasium in Haar. Die bayerische Landesschülersprecherin hat das Landesfinale im Wettbewerb "Jugend debattiert" gewonnen. (Foto: Claus Schunk)

Die 16-jährige Marlena Thiel vom Ernst-Mach-Gymnasium in Haar ist neue Landesschülersprecherin.

Von Lukas Koperek, Haar

Gerade für junge Leute, heißt es oft, sei die Corona-Zeit eine Herausforderung, weil es so wenig zu tun gebe. Das mag stimmen oder auch nicht - für Marlena Thiel dürfte aber zumindest der zweite Teil dieser Aussage unzutreffend sein. Das Schuljahr ist kaum zur Hälfte vorüber, und jetzt schon war es für die 16-Jährige eines der ereignisreichsten überhaupt. Im September, kurz nach Schulbeginn, wurde sie zur Schülersprecherin des Ernst-Mach-Gymnasiums in Haar gewählt, im November zur Bezirksschülersprecherin von Oberbayern Ost, im Dezember schließlich zur Landesschülersprecherin für Gymnasien in Bayern. Für die Interessen von anderen, sagt sie, habe sie sich schon immer gerne eingesetzt.

Geboren wurde Marlena Thiel in Bad Tölz, vor zehn Jahren zog sie mit ihrer Familie nach München. Einen Sinn für Demokratie entwickelte sie bereits in der Grundschule. "Ich war früher mehrmals Klassensprecherin", sagt sie bei einem Gespräch per Video-Call. "Einerseits macht es mir natürlich Spaß, Dinge zu organisieren, voranzutreiben und zu strukturieren. Viel wichtiger ist es mir aber, mich für die Anliegen der Schülerinnen und Schüler einzusetzen." Die Elftklässlerin sitzt aufrecht an ihrem Schreibtisch. Ihr Blick in die Kamera ist selbstbewusst. Was auffällt: Ihre Worte wählt sie stets mit Bedacht, ohne dabei aber zu zögern oder einen Satz noch mal neu anzufangen. An das, was sie sagt, glaubt sie fest. "Testpflichten, Maskenpflicht in der Schule, veränderte Regelungen bei den Abschlussprüfungen - all das sind wichtige Maßnahmen, die uns betreffen und über die wir deshalb gerne mitentscheiden möchten."

Produktiv im Homeschooling

Der Jugend eine Stimme geben: Diesen Wunsch verfolgt Marlena Thiel auch in ihrer Freizeit. "Ich bin gerade dabei, meinen eigenen Blog aufzubauen", verrät sie. Entstanden sei die Idee bei einem Workshop des Stifterverbandes. Auch hierbei gehe es um Themen, die die Jugend beschäftigten.

Der Blog, den sie mit einer Gruppe junger Menschen aus ganz Deutschland betreibt, heißt "Stoffbringer" und kommt schon beim ersten Mausklick um einiges professioneller daher als die Webseite von so manchem lange etablierten Konzern. Die Beiträge sind in drei Rubriken gegliedert: "Kunststoff", "Schulstoff" und "Treibstoff". In einem ihrer "Schulstoff"-Posts gibt Marli - so Thiels Autorenkürzel - Produktivitäts-Tipps für die Zeit im Homeschooling ("Finde Spaß an den Dingen, die du erledigen musst"), in einem anderen berichtet sie über die diesjährige bayrische Mathematik-Olympiade im Zeichen von Corona (auch das schaffe "einzigartige Erlebnisse").

Unter "Kunststoff" finden sich außerdem zwei Buchrezensionen von ihr. Ob sie jetzt noch viel zum Lesen kommt? Marlena Thiel blickt über die Schulter: "Auf meinem Nachttisch liegt zurzeit 'Bis ich dich finde' von John Irving. Mein Lieblingsbuch ist aber wahrscheinlich die 'Schachnovelle' von Stefan Zweig." Sie spiele auch gerne Gitarre, sagt sie, "zumeist akustische Varianten von älteren Rock- und Popsongs", außerdem tanze sie seit mehr als zehn Jahren klassisches Ballett. Kaum zu glauben, dass jemand neben alldem noch Zeit findet, mehr als 300 000 Gymnasialschüler in ganz Bayern zu vertreten.

Nun aber die Frage: Wurden die jungen Leute während der Corona-Zeit vernachlässigt? "Das ist schwierig, so pauschal zu antworten. Die Situation war für alle neu, und jeder hat sie anders empfunden. Grundsätzlich gibt es aber immer Raum für Verbesserungen." Gesprochen wie eine Diplomatin. Ob sie sich eine Karriere in der Politik vorstellen kann? Thiel lächelt verschmitzt. "Eine gute Frage - das wird sich wohl erst in den nächsten Jahren zeigen."

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