Münchner Kreistag:Die Öko-Parteien sind sich nicht mehr grün

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Eigenes Profi schärfen: ÖDP-Kreisrätin Jolanta Wrobel will aus dem Streit mit den Grünen gestärkt hervorgehen. (Foto: Claus Schunk)

Bei den Haushaltsberatungen kommt es zum Bruch zwischen der Grünen-Fraktion und der ÖDP-Gruppe. Gemeinsame Sitzungen und Hospitanzen werden eingestellt.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Im Grunde haben die beiden Parteien ja ähnliche Programme. Und im Mittelpunkt ihrer Politik stehen Umwelt- und Klimaschutz. Dennoch sind die Zeiten vorbei, in denen kein Blatt Papier passte zwischen die Vertreter der Grünen und der ÖDP im Münchner Kreistag. Bei der jüngsten Haushaltsdebatte konnte man beobachten, dass die einstmals eng verbundenen Lokalpolitiker offensichtlich nicht mehr an einem Strang ziehen. Und während die Grünen-Fraktion in der finalen Abstimmung vor gut einer Woche in Ismaning geschlossen gegen das von der Verwaltung vorgeschlagene Jahresbudget stimmte, konnten sich die beiden ÖDP-Frauen Jolanta Wrobel und Karin Schuster dazu nicht durchringen - sie stimmten wie alle anderen Fraktionen für den Etat.

Eine Entscheidung, die nicht ohne Folgen bleibt: Wie Wrobel und der Co-Vorsitzende der Grünen-Kreistagsfraktion, Christoph Nadler, der SZ bestätigten, wird es künftig nicht mehr wie bisher gemeinsame Fraktionssitzungen geben, auch die regelmäßigen Hospitanzen von ÖDP-Vertretern bei den Grünen werden ausgesetzt. Wrobel spricht von "einem kleinen Bruch", Nadler sagt: "Die Zusammenarbeit mit der ÖDP ging über viele Jahre sehr gut, vor allem mit dem früheren Kreisrat Bernd Knatz, der über großes ökologisches Wissen verfügt. Mit den beiden Damen, die aktuell im Kreistag sitzen, ist es leider weniger gut."

"Wir hatten verschiedene Ansätze", erklärt die Unterschleißheimerin Wrobel. Während es den Grünen in den Haushaltsverhandlungen vor allem darum gegangen sei, all jene Projekte und Initiativen, die der Energiewende zugeschrieben werden können, vor einer Streichung zu bewahren, schlossen sich die ÖDP-Politikerinnen jenen Kollegen an, die in erster Linie für eine niedrige Kreisumlage stimmten. Sie wollten ganz pragmatisch die Kosten für die einzelnen Kommunen überschaubar halten. "Bisher war eine Abwägung nie nötig gewesen, wir mussten noch nie so sparen, um die Kreisumlage herunterzubekommen", sagt Wrobel.

Genau das sei jedoch diesmal der Fall gewesen, deshalb seien sie und ihre Kollegin Karin Schuster auch dazu bereit gewesen, sich von eigenen Herzensprojekten zu verabschieden. "Dass die Mobilitätsstationen herausgenommen wurden, hat uns auch sehr wehgetan, andererseits sind wir sehr begeistert von den Investitionen in Busse und den ÖPNV: Das ist sofort eingespartes CO₂." Für Nadler ist die Streichung der Stationen, die verschiedene Mobilitätsangebote an einem Standort verknüpfen, also beispielsweise an einem S-Bahnhof weitere Möglichkeiten der Weiterreise intelligent bündeln weiterhin ein Ärgernis: "Man nehme nur die Gemeinde Ismaning, wo nach immensen Anstrengungen von kommunaler Verwaltung und Landratsamt sogar eine Einigung mit der Bahn bestand und das ganze Projekt einen Tag später vom Kreisfinanzausschuss gestrichen wurde."

"Weniger gut": Grünen-Fraktionschef Christoph Nadler war mit der Zusammenarbeit mit den ÖDP-Kreisrätinnen zuletzt nicht mehr zufrieden. (Foto: Claus Schunk)

Auch wegen dieses Details sei es für ihn unverständlich, dass die ÖDP-Kreisrätinnen sich nicht der Position der Grünen angeschlossen hätten, schließlich gehe es hier um einen Politikwechsel, den der Kreistag mit seiner Abkehr von den ökologischen Ideen vollziehe: "Schon bei den ersten Haushaltsabstimmungen im Herbst war die ÖDP einige Male die entscheidende Stimme gegen eines der von uns favorisierten Projekte", sagt Nadler, der dieses Abstimmungsverhalten als "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte", bezeichnet. Bereits zum Jahreswechsel kündigten die Grünen die gemeinsamen Fraktionssitzungen auf, man geht nun getrennte Wege, "auch wenn das Tischtuch nicht zerschnitten ist", wie Nadler betont: "Wir reden natürlich weiterhin miteinander."

Formal bildet die ÖDP eine Fraktionsgemeinschaft mit der FDP

Die zweiköpfige ÖDP-Gruppe, die seit der Kommunalwahl 2020 formell eine Fraktionsgemeinschaft mit der FDP bildet, um Anspruch auf Sitze in den Fachausschüssen zu haben (und nebenbei die AfD numerisch zu überflügeln und diese wiederum aus den Ausschüssen herauszuhalten), kann mit dem Bruch durchaus leben. Die Zusammenarbeit und insbesondere die Hospitanzen seien zwar für die beiden Kreistagsneulinge sehr lehrreich gewesen, sagt Wrobel. "Aber es hat uns doch oft an Eigenständigkeit gefehlt, jetzt müssen wir versuchen, bis zur Wahl 2026 noch mehr ein eigenes Profil zu entwickeln." Die Öko-Demokraten seien "konservativer als die Grünen", sagt die Unterschleißheimerin: "Wir versuchen immer, pragmatisch zu bleiben und wollten uns insbesondere beim Haushalt nicht selbst verleugnen."

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