Kreis und quer:Ein unendliches Pflaster

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Jeder Kreisverkehr sollte einen Namen bekommen, nicht nur in Grasbrunn. Dann käme keiner mehr zu kurz und eine Umbenennung wäre auch kein Problem.

Kolumne von Iris Hilberth, Landkreis München

Namensfindungen sind eine komplizierte Angelegenheit mit hohem Streitpotenzial. Da geht es Gemeinderäten nicht anders als werdenden Eltern. Schließlich sind es immer andere, die mit der Auswahl leben müssen. Etwa der Sohn, der sich ein Leben lang fragt, ob es die Schwangerschaftshormone waren, die dazu führten, dass er jetzt heißt wie ein schlechter PR-Gag - oder wie sind Joke oder Tarzan sonst zu verstehen?

Leute, die eine Adresse haben, mit der sie sich unwohl fühlen, wissen meist gar nicht, welcher Kommunalpolitiker ihnen das eingebrockt hat. Etwa die Anwohner der Bischof-Meiser-Straße in Pullach, dessen Namensgeber wegen seiner Rolle in der NS-Zeit eine - nun ja - zumindest belastete Person ist. Die Adresse Bischöflich-Geistlicher-Rat-Josef-Zinnbauer-Straße in Dingolfing ist vielleicht nicht vorbelastet, aber lang. Auch wohnt vermutlich keiner gerne am Strullerweg (Landsberied) oder Zur Hölle (Hameln). Aber Straßen umzubenennen, trauen sich die wenigsten Stadt- und Gemeinderäte. Das macht Arbeit, kostet Geld - und bringt nur Ärger.

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Blöd auch, wenn eine bekannte Persönlichkeit stirbt, aber gerade keine neue Straße gebaut wird, die man nach ihr benennen könnte - wie in München, wo gerade über eine Franz-Beckenbauer-Straße diskutiert wird. Warum sollte man dem Physik-Nobelpreisträger Werner Heisenberg wegen eines Fußballers die Allee wegnehmen?

Für all diese Probleme hat man im kleinen Grasbrunn die perfekte Lösung gefunden: den Kreisverkehr. In dieser Woche hat der Gemeinderat beschlossen, dem 2019 errichteten Asphaltstück, das zwischen einem Wald, einem Parkplatz und einem Papierproduktanbieter an der Waldbrunner Straße liegt, die Bezeichnung "Le-Rheu-Kreisel" zu geben - nach der französischen Partnergemeinde. Diese Idee eröffnet ganz neue Möglichkeiten der Würdigung, ein schier unendliches Pflaster für kreative Namensgebungen. Denn die Zahl der Kreisverkehre ist enorm. Man muss nur mal nach Niederbayern oder ins Unterhachinger Gewerbegebiet schauen.

Kreisverkehre haben nicht nur den Vorteil, dass dort niemand eine Adresse hat und man Namen problemlos austauschen kann. Der Namensgeber kann sich zudem in einen illustren Kreis bedeutender Rondelle einreihen: den Franz-Eberhofer-Kreisel in Frontenhausen etwa, den Magic Roundabout in Swindon, in dem man auf der äußeren Fahrspur im Uhrzeigersinn und innen entgegengesetzt fährt, oder den unterseeischen "Eysturoyartunnilin", der die Färöer-Inseln im Nordatlantik in 72,60 Metern Tiefe vernetzt. Berühmt ist natürlich auch der Pariser Kreisverkehr rund um den Arc de Triomphe. Überhaupt sind die Franzosen mit 42 986 Kreisverkehren absoluter Kreisel-Weltmeister. Und, das wäre für Grasbrunn vielleicht interessant: In Le Rheu scheint es noch einen ohne Namen zu geben - schön gelegen an der D288 zwischen Baustoffhandel und Autowaschanlage.

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