Kirchheim:Böltls schärfster Kritiker tritt als Bürgermeisterkandidat an

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Der Grüne Rüdiger Zwarg wirft dem Amtsinhaber vor, beim Großprojekt Kirchheim 2030 nicht genug Geld abzuschöpfen.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Wahrscheinlich gibt es im Kirchheimer Gemeinderat keine zwei Menschen, die häufiger aneinander geraten: Bürgermeister Maximilian Böltl von der CSU und Rüdiger Zwarg von den Grünen. Sie stritten über Geheimnisverrat, Geld, Grundstückskäufe - letztlich ging es Zwarg aber vor allem um eines: Er warf Böltl in regelmäßigen Abständen vor, die Wahrheit zu verschleiern und die Situation in Kirchheim rosiger aussehen zu lassen, als sie tatsächlich ist.

In den nächsten Monaten bietet sich für beide wohl noch häufiger Gelegenheit, ihre Konflikte auszutragen. Zwarg tritt bei der Kommunalwahl im März gegen Böltl als Bürgermeisterkandidat für die Grünen an. Damit gibt es nun insgesamt drei Anwärter auf den Chefposten im Kirchheimer Rathaus. Neben Zwarg fordert auch der Gemeinderat Wolfgang Heinz-Fischer von der Vereinigten Freien Wählerschaft (VFW) Böltl heraus, der dieses Mal auch von der SPD unterstützt wird.

Zwargs Wahlkampf wird sich die nächsten Wochen darum drehen, wie ehrlich der Bürgermeister war. Der Herausforderer von den Grünen ist sich sicher, dass dieser mit den Investoren des Neubaubauprojekts Kirchheim 2030 schlecht verhandelt hat - und vor allem schlechter, als er nun die Bürger glauben lässt. 30 Millionen Euro lasse sich die Gemeinde entgehen, sagt Zwarg. Diesen Vorwurf machte er nun auch auf der Homepage seines Ortsverbands öffentlich. Gleichzeitig ist er gerade dabei, die Kirchheimer Gemeinderäte zusammenzutrommeln, um eine Sondersitzung Anfang Januar abzuhalten.

Denn noch ist der städtebauliche Vertrag, dem die Gemeinderäte bereits mehrheitlich zugestimmt haben, nicht in Kraft getreten. Zwarg hofft auf Nachverhandlungen. Doch eine Sondersitzung müsste ein Viertel der Gemeinderäte fordern, und bis jetzt fiel die Rückmeldung dürftig aus. Nur die drei Gemeinderäte der Vereinigten Freien Wählerschaft und der Gruppierung Lebenswertes Kirchheim unterstützen die Grünen-Fraktion bisher.

Bürgermeister Böltl widerspricht den Vorwürfen vehement. Das Rathaus habe Zwargs Berechnungen überprüft, erklärt er; es könne seine Systematik nicht nachvollziehen, das Ergebnis sei falsch. "Wir belasten jeden neu entstehenden Quadratmeter an Geschoßfläche mit über 1000 Euro für unsere kommunalen Zwecke", erklärt Böltl. Vergleichswerte bei Bauvorhaben im Münchner Stadtgebiet würden deutlich darunter liegen.

Tatsächlich ist das Vertragswerk, das in den vergangenen vier Jahren entstanden ist, komplex. Kirchheim bringt etwa ein Drittel der Grundstücke selbst ein, erhält jedoch dafür Belegungsrechte für 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnraums, auch Grundstücke, auf denen öffentliche Einrichtungen, wie Pflegeheim, Rathaus, Gymnasium und Ortspark entstehen, bekommt die Gemeinde.

Zwarg ist sich jedoch sicher, dass sich die Gemeinde viel Geld entgehen lässt, das sie für ihre Projekte gut brauchen könnte. Die Liste dessen, was in Kirchheim vom Rathaus bis zum neuen Gymnasium ansteht, ist zwar schon heute lang, doch Zwarg hat noch weitere Ideen: So wünscht er sich für Kirchheim ein Schwimmbad, das die Kommune gemeinsam mit Aschheim und Feldkirchen errichten soll. Ein Verein soll die Trägerschaft übernehmen und dessen Mitglieder möglichst viel ehrenamtlich leisten, um so die Betriebskosten zu senken.

Als Grüner setzt sich Zwarg für den Erhalt der Natur in Kirchheim ein. Er sei dagegen gewesen, das Wäldchen zu roden, das dort stand, wo nun die Sportflächen des neuen Gymnasiums gebaut werden sollen, betont er. Und so steht passend dazu gleich hinter ihm auf der in der vergangenen Woche ebenfalls nominierten Kandidatenliste eine Frau, die sich besonders stark für den Erhalt der Bäume einsetzte: Veronika Kröniger, die Sprecherin der Interessengemeinschaft, die sich damals bildete. Weil der Grünen-Ortsverband nicht genug Kandidaten fand, um alle 24 Plätze auf der Liste zu belegen, steht Zwarg gleich auf den ersten drei vorderen Plätzen. Die Kandidaten hinter ihm sind zum Teil doppelt vertreten.

Insgesamt enthält die Liste 16 Personen, von denen bis auf Zwarg momentan niemand dem Kirchheimer Gemeinderat angehört. Susanne Merten-Wente, die als Parteifreie gemeinsam mit Zwarg die Grünen-Fraktion bildet, kandidiert nicht mehr. Es sei nun mal nicht einfach, Menschen mit vielen Verpflichtungen für die Kommunalpolitik zu gewinnen, sagt Zwarg. Die Dopplungen auf der Listen sähen zwar etwas eigenartig aus. Doch er rechne ohnehin nicht damit, dass die Grünen mehr als fünf Sitze im Gemeinderat bekommen.

Die Gemeinderatsliste der Grünen in Kirchheim: 1. bis 3. Rüdiger Zwarg, 4. und 5. Veronika Kröniger, 6. und 7. Berit Vogel, 8. und 9. Petra Kowallik, 10. und 11. Christian Zenner, 12. und 13. Lea Böttcher, 14. und 15. Constanze Zwarg, 16. Stefan Arnold, 17. Tim Anke, 18. Peter Beer, 19. Gunter Spaerke, 20. Andreas Zenner, 21. Kurt Lainer, 22. Edith Mühlbauer, 23. Karlheinz Neumann, 24. Gerhard Birnkraut

© SZ vom 19.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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