Kirchheim:Gleicher Ärger für alle

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Auch für Konzerte soll es in Kirchheim keine Freikarten mehr für die Gemeinderäte geben. (Foto: Florian Peljak)

Auf Druck der Kommunalaufsicht streicht der Kirchheimer Gemeinderat Freikarten für Ehrenamtliche, Verwaltungsangestellte und Gemeinderäte für kulturelle Veranstaltungen - der Gerechtigkeit wegen.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Ob bei Konzerten, Lesungen und Auftritten von Kabarettisten in Kirchheim bald gähnende Leere herrscht? In jedem Fall müssen in der Gemeinde künftig deutlich mehr Menschen für ihren Kulturgenuss bezahlen. Theoretisch hätten Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) zufolge bei jeder Veranstaltung bis zu 500 Freikarten eingelöst werden können; was freilich nie passiert sei. Das Kirchheimer Modell der Freikarten für Mitarbeiter der Verwaltung, für die Gemeinderäte und Ehrenamtlichen aber hat der Gemeinderat nun abgeschafft - notgedrungen.

Kostenlose Eintrittskarten sind nicht erlaubt, sagt der Prüfungsverband

Hintergrund dieser Entscheidung ist eine Rüge des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV), der für die umfassende Finanzkontrolle der Kommunen des Freistaates verantwortlich zeichnet. Der BKPV urteilte, dass die Vergabe von kostenlosen Eintrittskarten an Gemeinderatsmitglieder und Mitarbeiter der Verwaltung nicht zulässig ist. Unerheblich ist dabei, um wie viele Karten es sich handelt und wie teuer diese sind.

Dem Prüfungsverband zufolge ist diese Praxis generell nicht erlaubt. Verwaltungsangestellten dürfen dem Bayerischen Besoldungsgesetz nach solche Leistungen nicht gewährt werden. Bei Gemeinderäten, lässt BKPV-Geschäftsführer Günther Heimrath verlauten, stehe solchen Vorzügen entgegen, dass diese für ihre Tätigkeit eine Entschädigung erhalten würden.

In Kirchheim sind das 40 Euro Sitzungsgeld. Arbeiter und Angestellte bekommen außerdem den Verdienstausfall bezahlt, Selbstständige bekommen für den Arbeitsausfall 15 Euro pro volle Stunde. Dazu kommt eine monatliche Technikpauschale von 30 Euro. Weitere Entschädigungen seien in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen. Weil aber für alle anderen Ehrenamtlichen die Gemeindeordnung nicht gelte, sagt Heimrath, sei es auch nicht verboten, ihnen Freikarten zu schenken.

In anderen Kommunen gibt es gar keine Freikarten

Dass nun trotzdem auch alle anderen Ehrenamtlichen in Kirchheim für ihren Konzert- oder Theaterbesuch bezahlen müssen, begründen die Gemeinderäte mit ihrem Gerechtigkeitssinn. "Wenn wir keine Karten mehr bekommen, dann die anderen Ehrenamtlichen auch nicht mehr", sagte Susanne Merten-Wente (Grüne). Und eine Mehrheit des Gemeinderats sah das auch so. Deshalb wurden die Karten für alle anderen Ehrenamtlichen gleich mitabgeschafft. Bürgermeister Böltl aber bedauerte das: "Ich hätte es gut gefunden, wenn diese Wertschätzung beibehalten worden wäre."

Bei wie vielen Gemeinden im Landkreis der Kommunale Prüfungsverband in der Vergangenheit interveniert hat, kann der Geschäftsführende Direktor Heimrath nicht sagen. Er schließt jedoch nicht aus, dass in anderen Gemeinden Ähnliches moniert worden sei.

Manfred Utz, Kulturreferent von Unterschleißheim etwa sagt, dass weder Stadträte noch Ehrenamtliche in der Stadt Freikarten bekommen würden: "Das stand noch nie zur Debatte." Er könne sich nur daran erinnern, dass Stadträte zweimal an Weihnachten Karten für eine größere Veranstaltung geschenkt bekommen hätten.

In Grünwald sind Vorabreservierungen für Gemeinderäte möglich

Auch in Garching bekommen die Stadträte keine kostenlosen Eintrittskarten. "Wenn die Politiker Freikarten bekommen würden, hätte das ja ein Gschmäckle", sagt Wolfgang Windisch, der Kulturreferent der Stadt. "Zum Glück hat das bei uns noch nie jemand verlangt." Auch in Ottobrunn und in Ismaning wird so verfahren.

In Grünwald sieht die Sache indes anders aus. In der Isartal-Gemeinde kann sich laut Wolfgang Rotzsche, Referent des Bürgermeisters, jedes aktive Gemeinderatsmitglied vor Beginn des offiziellen Kartenvorverkaufs pro Veranstaltung zwei Freikarten reservieren. Außerdem: "Bei Sonderveranstaltungen wie etwa dem Burg -Open-Air oder bei Veranstaltungen in der alten Turnhalle mit Gerhard Polt oder Bruno Jonas haben die Gemeinderatsmitglieder das Recht auf eine Vorabreservierung der Karten. Diese müssen aber regulär bezahlt werden."

Bleiben nun Plätze bei Veranstaltungen leer?

In Kirchheim hielt Gemeinderat Marcel Prohaska (SPD) die Entscheidung, die Karten für Gemeinderäte zu streichen, für falsch - auch weil er fürchtet, dass die Veranstaltungen dann leer bleiben. Diese Angst teilt Bürgermeister Maximilian Böltl nicht. Er sagt außerdem: "Den Wert einer kulturellen Veranstaltung kann man doch nicht daran bemessen, wie viele Reihen voll sind."

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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