Kultur und Freizeit:Aus Versehen in die Museen

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Die aktuelle Ausstellung im Kallmann-Museum erweist sich als Publikumsmagnet. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Neun-Euro-Ticket beschert den drei Ausstellungshäusern im Ismaninger Schlosspark in diesem Sommer außergewöhnlich viele Besucher. Manche landen sogar nur dort, weil sie sich mit der S-Bahn verfahren haben.

Von Sabine Wejsada, Ismaning

Jetzt hat es sie nach Ismaning verschlagen, genauer gesagt: in den dortigen Schlosspark. Angela Damböck und Ronnie Hillen hatten eigentlich einen ganz anderen Plan für diesen schönen Sommertag. Mit dem Neun-Euro-Ticket wollten sich nach Freising fahren, um dort durch die Gassen zu flanieren und den Domberg sowie Weihenstephan erklimmen. "Doch wir sind im falschen Abteil der S-Bahn gesessen", erzählt die gut gelaunte Frau aus dem Münchner Stadtteil Moosach. Als der Zug am Bahnhof Neufahrn geteilt wurde, ging es für Damböck und ihren Begleiter deshalb weiter zum Flughafen. Weil es aber da im Erdinger Moos nicht viel mehr als startende und landende Flieger zu sehen gibt und den zwei Münchnern der Sinn nach Kultur stand, stiegen sie in die bereitstehende S 8 - und in Ismaning wieder aus, wo es gleich drei Museen auf einem Fleck gibt, wie die kleine Internetrecherche auf der kurzen Fahrt ergeben hat. "Und nun sind wir hier", sagt Angela Damböck vor dem renommiertem Kallmann-Museum in der prallen Sonne.

Die FDP will bei der Kultur sparen. Im Bild das Kallmann-Museum vor Beginn der laufenden Sanierungsarbeiten. (Foto: Stephan Rumpf/)

In dem weithin bekannten Haus läuft noch bis zum 16. Oktober die sehenswerte Ausstellung mit dem Titel "Kaleidoskop Expressionismus - vom Aufbruch in die Moderne zur NS-Verfemung. Werke der Sammlung Gerhard Schneider". Die bedeutende Kunstsammlung ist nach 2016 zum zweiten Mal im Kallmann-Museum zu Gast. Damböck und Hill wollen sie unbedingt sehen. Wie so viele andere an diesem Hitze-Nachmittag im Schlosspark. Zum Beispiel die Gruppe aus Anzing, die ebenfalls mit dem Neun-Euro-Ticket nach Ismaning gereist ist. Die Frauen und Männer werden schon erwartet. Die in Freising lebende Künstlerin, Kunsthistorikerin und Kunstkritikerin Alexandra M. Hoffmann wird sie gleich durch die Ausstellung im Kallmann-Museum führen.

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Alle drei Museen kann man an einem Nachmittag kaum schaffen - deshalb kommen manche mehrmals her

Ganz in eigene Gedanken versunken stehen in den Räumen zahlreiche Besucher vor den Werken. Für einige von ihnen ist das Kallmann-Museum nicht die einzige Station an diesem Nachmittag. Der Ismaninger Schlosspark beheimatet mit dem Schlossmuseum und der Galerie im Schlosspavillon zwei weitere Ausstellungsorte. In einem nicht nur im Landkreis München einzigartigen Ensemble können Kunst- und Kulturbeflissene auch im Sommer geistige Erfrischung finden - obgleich es gar nicht so leicht ist, alle drei Museen mit ihren Ausstellungen an einem einzigen Nachmittag zu besichtigen. "Wir schauen mal, ob wir's schaffen", sagt ein älterer Mann aus München, der mit seiner Frau - dem Neun-Euro-Ticket sei Dank - zum ersten Mal die Ismaninger Dreifaltigkeit besucht. Es sei schon beeindruckend, "was hier alles in diesem schönen Park ist", finden die beiden.

"Jugendjahre - zwischen Wirtschaftswunder und Münchner Sommerolympiade" heißt die Sonderausstellung, die Christine Heinz und ihr Team im Schlossmuseum zusammengestellt haben. (Foto: Stephan Rumpf)

Falls es nicht klappt, nach dem Kallmann auch noch in die Ausstellung "Jugendjahre - zwischen Wirtschaftswunder und Münchner Sommerolympiade" im benachbarten Schlossmuseum zu gehen, wo es bis zum 28. August um das Erwachsenwerden in den Fünfziger-, Sechziger- und frühen Siebzigerjahren auf dem Dorf geht und sich wunderbare Leihgaben aus Privatbesitz dieser Zeit anschauen lassen, "dann fahren wir halt noch mal her", sagt der Münchner.

Christine Heinz, die Chefin des Schlossmuseums, hat in den vergangenen Wochen festgestellt, dass das Neun-Euro-Ticket offenbar bei ganz vielen den Ausschlag zum Besuch der Museen gegeben hat, wie sie beim Rundgang durch den Schlosspark erzählt. Das Ticket schont nicht nur den Geldbeutel im ansonsten teuren MVV-Bereich, sondern erleichtert eben auch die Nutzung von Bussen und Bahnen, ohne sich vorher mithilfe eines VHS-Kurses durch den Tarifdschungel im Großraum München kämpfen zu müssen.

Klaus Griepenburg wartet auf Besucher vor der Galerie im Schlosspavillon. (Foto: Stephan Rumpf)

Sich nochmal ganz unkompliziert nach Ismaning aufmachen, das haben auch ein älterer Herr und die zwei ihn begleitende Damen vor: Heute das Kallmann, morgen das Schlossmuseum und übermorgen die Galerie im Schlosspavillon. Dort wird noch bis zum 11. September an die mehr als 200 Ausstellungen erinnert, die seit 40 Jahren in der Galerie gezeigt worden sind. Mehr als 300 Künstlerinnen und Künstler haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre Arbeiten in dem prachtvollen Bau ausgestellt, die momentane Jubiläumsschau umfasst Werke von über 50 ausgewählten Kunstschaffenden.

Drinnen im Pavillon ist eine Ausstellung zum 40-jährigen Bestehen der Galerie zu bewundern. (Foto: Stephan Rumpf)

Stimmt schon, es sind vor allem ältere Semester, die bei der Hitze auf Stippvisite in den Ausstellungsstätten sind. Das bestätigen Klaus Griepenburg vom Pavillon und Christine Heinz. Jüngere Leute oder Familien mit Kindern sind dann wohl doch eher im Urlaub oder am See, im Freibad und an der Isar. Ein Elternpaar mit zwei Kindern im Grundschulalter hat es an diesem Nachmittag doch in den Schlosspark verschlagen. Angesteuert wird zunächst das kleine Labyrinth vor dem Kallmann-Museum - und natürlich das bunte Glashaus auf der großen Wiese vor dem Schlossmuseum.

Nicht wirklich verlaufen kann man sich im Labyrinth vor dem Kallmann-Museum. (Foto: Stephan Rumpf)

Seit etwas mehr als einem Jahr lädt es zum Anschauen und auch zum vorsichtigen Betreten ein. Konzipiert und realisiert hat das gläserne Haus das Münchner Atelier für Lichtkunst und Lichtinstallation Mbeam im Auftrag der Gemeinde Ismaning. Die zwei Buben nehmen den farbenfrohen Bau gleich in Beschlag, doch so richtig lang aufhalten kann man sich in seinem Inneren nicht. Kein Wunder, bei 35 Grad im Schatten hat die Atmosphäre hier etwas von einem Gewächshaus. Noch schnell ein Foto und dann geht es vielleicht in die Eisdiele oder einen schattigen Biergarten.

Das am meisten fotografierte Objekt im Ismaninger Schlosspark dürfte das bunte Lichthaus sein. Unbekannte haben das begehbare Kunstwerk beschädigt. (Foto: Stephan Rumpf)

Dahin dürftet es viele der erwachsenen Besucher nach dem Nachmittag ebenfalls ziehen, jedoch nicht ohne vorher einen Blick auf das Lichthaus geworfen und eben jenes mit der Kamera für die Nachwelt und die Daheimgebliebenen festgehalten zu haben. "Das ist wohl das am meisten fotografierte Objekt im ganzen Park", sagt denn auch Schlossmuseumsleiterin Christine Heinz. Sie muss es wissen, immerhin hat sie von ihrem Büro aus einen guten Blick auf den bunten Glasbau. Unbekannte haben die technische Einrichtung im Lichthaus nun beschädigt, wie die Gemeinde Ismaning am Mittwoch mitteilte. Die Kommune erstattete deshalb Anzeige bei der Polizei.

Jeweils von Dienstag bis Sonntag sind die drei Museen im Ismaninger Schlosspark geöffnet, aufgesperrt wird nachmittags um 14.30 Uhr, die Türen der Museen schließen sich allerdings schon wieder um 17 Uhr. Wer mag, kann sich ein Kombiticket kaufen, das für alle drei gilt - und nicht an einem einzigen Tag abgearbeitet werden muss. Dies ist zumindest durchaus sportlich, wenn nicht gar unmöglich, sich alles auf einmal anzusehen. Denn Kunstgenuss erfordert vor allem zwei Dinge: Zeit und Muße. Und was gibt es da Besseres, als den Ismaninger Museen im Sommermodus gleich ein paar Tage hintereinander einen Besuch abzustatten. Das verbilligte Bahnticket gilt ja noch bis zum 31. August.

Kallmann-Museum: "Kaleidoskop Expressionismus - vom Aufbruch in die Moderne zur NS-Verfemung. Werke der Sammlung Gerhard Schneider", bis 16. Oktober; Schlossmuseum: "Jugendjahre - zwischen Wirtschaftswunder und Münchner Sommerolympiade" im benachbarten Schlossmuseum, bis 28. August; Galerie im Schlosspavillon: Ausstellung zum 40. Jubiläum, bis 11. September.

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