Kommunale Bauten:"Hallenbäder sind Maschinen, mal abgesehen von der Architektur"

Lesezeit: 4 min

Symbolische Spatenstiche gab es in den vergangenen Jahren einige in Ismaning. Das Foto entstand beim Baubeginn für die Sporthalle des Gymnasiums 2018. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Waltraud Fischer hat als Leiterin der Bauverwaltung in Ismaning seit 2014 zahlreiche Großprojekte verantwortet. Zum Abschied spricht sie über böse Überraschungen beim Gymnasium, die gestiegenen rechtlichen Anforderungen und eine leidige Dauerbaustelle.

Von Irmengard Gnau, Ismaning

2014 zog Waltraud Fischer ins Ismaninger Rathaus ein, beinahe gleichzeitig mit dem damals neu gewählten Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Seither kam die Leiterin der Bauverwaltung - seit 2020 hat sie vor allem den technischen Teil verantwortet - kaum zur Ruhe. Ein Bauprojekt jagte das nächste, vom Umbau eines Tagungshotels zu einem Gymnasium über die Neuerrichtung von Kindertagesstätten und neuen Wohnvierteln bis hin zu Kreisverkehren und einem neuen Verwaltungsgebäude. Nun geht Fischer in den Ruhestand und blickt auf siebeneinhalb intensive Jahre zurück.

SZ: Sie sind Architektin und Stadtplanerin. Was hat Sie dazu bewogen, eine Karriere in der Kommunalverwaltung einzuschlagen?

Waltraud Fischer: Ursprünglich war das für mich tatsächlich ein No-Go. Nach meinem Studium habe ich zusammen mit Partnern ein eigenes Architekturbüro gegründet. Wir waren überregional tätig, mit interessanten Projekten und zahlreichen Wettbewerben - für mich, die Aktion und Herausforderungen braucht, genau das Richtige. Ich war meist für das Kreative zuständig, Gesetze und Normen waren damals nicht so meins. 2002 hat mich dann eher zufällig der Ruf als Stadtbaumeisterin nach Ebersberg ereilt. Wegen meiner Tochter wollte ich gern etwas geregeltere Arbeitszeiten, nicht mehr Zehn-Stunden-Tage. Die Stellenanzeige hat genau mich gesucht. Überrascht war ich aber dann doch, als mich die Stadt genommen hat ( lacht). Nach zwölf spannenden Jahren reger Bautätigkeit waren dann die wesentlichen Projekte erledigt beziehungsweise angeschoben. 2014 stieß ich dann, wiederum zufällig, auf die Anzeige aus Ismaning und habe mich kurzentschlossen beworben, nach meinem Motto: Das interessanteste Projekt ist immer das nächste. Meine Tochter studierte damals zudem an der Hochschule in Ismaning und hat mir die Gemeinde empfohlen. Ja, und dann ging es richtig los.

In Ihrer Amtszeit gab es in Ismaning einen regelrechten Bauboom.

Der damals neu gewählte Bürgermeister Alexander Greulich hatte anfangs vor allem den Wohnungsbau auf der Agenda. Aber die Gegebenheiten haben uns da zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es kamen das Gymnasium, dazu in Folge fünf Kitas, die Sanierung von Mittel- und Realschule und die Erweiterung der Grundschule an der Camerloher Straße als zusätzliche Mammutaufgabe. Nicht zu vergessen die neuen Sporthallen, fürs Gymnasium und die Ballsporthalle für den TSV Ismaning, die Osterfeldhalle noch oben drauf und die vielen "kleineren" Projekte, wie die Sanierung des Bürgersaals. Dem Wohnungsbau sind wir dann auch noch nachgekommen mit dem Einheimischenmodell in Fischerhäuser, dem Baugebiet am Seidl-Kreuz-Weg und dem neuen Wohnquartier auf dem ehemaligen Durachgelände. Außerdem war da noch die Lärmschutzwand an der A 99 sowie drei Kreisverkehre und zu allen Projekten natürlich Freiflächen- und Grünordnungsmaßnahmen. Insgesamt haben wir in den vergangenen siebeneinhalb Jahren ungefähr 200 Millionen Euro verbaut - und zwar ohne Katastrophen und Skandale. Letztes Jahr haben wir dann noch die Sanierung der Ortsdurchfahrt und eine neue Brücke über die Isar bei Fischerhäuser angestoßen.

Waltraud Fischer leitet seit 2014 die Bauverwaltung des Ismaninger Rathauses mit zuletzt 29 Mitarbeitern. (Foto: Stephan Rumpf)

Was aus dieser langen Liste war die größte Herausforderung?

Das war wohl das Gymnasium. Wir hatten einen immensen Zeitdruck wegen der Vorgängerklassen, die ja bereits in Garching eingeschult wurden und auf das neue Schulhaus warteten. Bei der Baustelle gab es einige böse Überraschungen, wir waren eigentlich ständig im Reaktionsmodus. Zu dieser Zeit hat der Bürgermeister immer schon geschluckt, wenn ich einen Termin bei ihm vereinbart habe, weil er wusste: Da kommt wieder was! Aber wir haben es am Ende geschafft, in zwei Jahren Bauzeit mit Kosten von knapp 50 Millionen Euro. Das Gymnasium ist bis heute eine Erfolgsgeschichte, für Ismaning und seine Kinder. Außerdem freue ich mich, dass wir in meiner Zeit noch das neue Technische Rathaus aufs Gleis gesetzt, Seniorenwohnen und eine dritte Grundschule angeschoben haben.

Wo hätten Sie gern noch mehr gemacht?

Die Städteplanung und der kommunale Wohnungsbau sind am Ende leider etwas zu kurz gekommen. Wir konnten bislang nur die 30 neuen Wohnungen am Grabenanger fertigstellen. Aber es gibt einige vielversprechende Projekte. Wichtig war es etwa, die Erweiterung Ismanings nach Osten, über die B 471 hinaus, zu beginnen; das Verfahren ist schon so gut wie durch. Außerdem soll die Ortsmitte überplant beziehungsweise neu gestaltet werden. Das wird auch sehr spannend. Meiner Nachfolgerin wird also sicher nicht langweilig werden.

Wenn Sie auf Ihre gesamte Arbeitszeit, fast 20 Jahre in der Bauverwaltung, zurückschauen: Wie hat sich das Bauen für Kommunen in dieser Zeit verändert?

Die Eigenverantwortung für die Kommunen hat sich stark ausgeweitet. Sowohl beim Brandschutz als auch bei den Anforderungen an Statik und technische Gebäudeausrüstung haben sich die Anforderungen eklatant erhöht, Vergabeverfahren sind internationaler und komplexer geworden. Aufgrund zahlloser Fallstricke muss rechtlich alles abgesichert sein, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Außerdem wirkt sich der Klimawandel mit den Energieauflagen extrem aufs Bauen aus: Wir müssen uns fragen, wie wir in Zukunft bauen wollen, wie wir Möglichkeiten wie Recycling oder Upcycling von Baustoffen einbeziehen können. All das steht freilich dem Ziel, möglichst schnell zu bauen, eher entgegen. Außerdem erleben wir die Tendenz, dass Bauen immer teurer wird, unter anderem wegen Fachkräftemangel und Lieferengpässen. Da bleiben insgesamt immer weniger Spielräume. Elementar wird es aber immer sein, dass bei einem Bauprojekt die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt.

Warum sind Schwimmbäder eigentlich so häufig ein Problemfall für Kommunen? Sowohl in Ebersberg als auch hier in Ismaning mussten Sie sich mit dem Hallenbad intensiv beschäftigen...

Man muss bedenken: Hallenbäder sind keine Gebäude im herkömmlichen Sinn. Hallenbäder sind Maschinen, mal abgesehen von der Architektur. Ein Hallenbad ist in technischer, physikalischer und chemischer Hinsicht eine extreme Herausforderung. Ein einfaches Beispiel: Ist das Wasser zu alkalisch, greift es Beton, Estrich und sonstige Bauteile an, ist es zu sauer, auch. Besonderes Augenmerk liegt zudem auf der Statik und den klimatischen Verhältnissen. Das macht das Bauen und den Betrieb äußerst anspruchsvoll. Die Dauerbaustelle im Ismaninger Hallenbad ist eine leidige Angelegenheit, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist - aber wir sind jetzt auf einem guten Weg. Ich hoffe, ich kann im kommenden Frühjahr dort vom Dreimeterbrett ins Wasser springen.

Mit welchem Gefühl verabschieden Sie sich jetzt aus Ismaning?

Schon mit ein bisschen Wehmut. Ich hatte ein super Team im Rathaus, superspannende Projekte. Bürgermeister Greulich und der Ismaninger Gemeinderat haben die Projekte stets konstruktiv begleitet und unterstützt und für Ismaning die richtigen Entscheidungen getroffen. In meiner Amtszeit hat sich zum Beispiel die Zahl der Mitarbeiter in der Bauabteilung fast verdoppelt. Der Job war und bleibt eine Herkulesaufgabe, aber mir gefällt es ja, wenn sich was rührt. Daher mache ich aktuell eine Ausbildung zum Coach, Mediatorin bin ich bereits. Mein besonderes Anliegen ist auch hier, Menschen zusammenzubringen. Der Architektur und dem Städtebau werde ich aber immer verbunden bleiben. Jetzt brauche ich allerdings erst mal eine Pause. Danach? Mal schauen, wohin die Reise geht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: