Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Digital abgehängt

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Der Arbeitskreis Arbeit, Wirtschaft, Schule rät der Kommune zu einer technologischen Offensive, um zu anderen Orten aufzuschließen. Die Unabhängigen Bürger fordern mehr Gewerbe.

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn steht vor einer Aufholjagd: Bei Mobilfunk, Breitbandausbau und auch bei der Wirtschaftsförderung wächst das Bewusstsein, dass sich dringend etwas ändern muss. Überall dort ist die Kommune im Vergleich zu anderen im Landkreis schlecht aufgestellt. Als der Sprecher des Arbeitskreises Arbeit, Wirtschaft, Schule, Rolf Gaertner kürzlich im Gemeinderat dazu aufrief, bei Zukunftsthemen Farbe zu bekennen, rannte er offene Türen ein. Als hätte man sich abgesprochen, legten die Unabhängigen Bürger (UB) gleich noch einen Antrag vor: Sie fordern ein neues Gewerbegebiet.

Gerade in diesen Wochen zeigt sich, was für Unterschiede zwischen den Kommunen im Münchner Umland existieren. Während Unterföhring, Ismaning und Grünwald mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 90,56 Millionen und 170 Millionen Euro rechnen und ein Budget verwalten, das ihnen schier unbegrenzte Möglichkeiten eröffnet, plant Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) bescheiden. Sie freut sich 2019 über einen Sprung bei der Gewerbesteuer auf 9,5 Millionen Euro. Sechs Millionen Euro waren es im Vorjahr.

Dazu passt die geringe Zahl an Arbeitsplätzen, die AK-Sprecher Gaertner bemängelte. Die Gemeinde liege in "vielen Aspekten auf den letzten Plätzen", sagte er und beklagte etwa eine "grottenschlechte" Versorgung beim Mobilfunknetz. Er warb für mehr Schwung beim Breitbandausbau, kündigte Initiativen zum Aufbau von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge an und beklagte eine Abwehrhaltung in der Bürgerschaft. Sobald es darum gehe, für mehr Gewerbe die Trommel zu rühren, werde sofort die Befürchtung laut: Das bringt nur mehr Verkehr. Aus Sorge, neue Sendemasten könnten die Strahlenbelastung erhöhen, sei man beim Mobilfunk mittlerweile weit ins Hintertreffen geraten. Wenn es nach Gaertner und dem Arbeitskreis geht, wird sich aber bald einiges ändern. Denn der Mann, den Bürgermeisterin Mayer als einen verdienten und rührigen "Breitbandpaten" würdigte, hat einiges geplant.

Relativ weit gediehen sind Bemühungen, in diesem Jahr zwei E-Ladesäulen zu errichten, die dann die Gemeinde betreiben würde. Gaertner berichtete von "ganz vernünftigen" staatlichen Zuschuss-Optionen, die Höhenkirchen-Siegertsbrunn nutzen könne. Eine vom Landkreis erstellte Untersuchung zu Standorten und zur sinnvollen Zahl von Ladesäulen am Ort sei äußerst hilfreich, sagte Gaertner. Die Breitbandversorgung soll mit Hilfe des Rathauses vorangebracht werden. Vor allem möchte man Leerrohre verlegen, wenn ohnehin, wegen Kanalarbeiten, eine Straße aufgerissen wird. Das steht heuer in größerem Stil, etwa in der Rosenheimer Straße, bevor.

Als dringend mahnte Gaertner Aktivitäten beim Mobilfunk an. Es sei jetzt auch Mut gefordert, um in diesem Bereich aufzuholen. Die bisher existierenden Mobilfunkmasten, eher am Ortsrand, deckten bei weitem nicht das ab, was viele Menschen erwarten dürften. Um den Mobilfunkstandard 5G einzurichten, den es unbedingt brauche, sei eine neue Infrastruktur nötig. Die Angst vor Strahlung versuchte Gaertner zu nehmen, indem er erklärte, dass diese Technik zwar mehr Funkmasten erfordere, aber mit niedrigerer Strahlenbelastung auskomme. Anders als der Sprecher des Arbeitskreises riet Gudrun Hackl-Stoll (Grüne) dazu, vorab bei der Standortsuche für Masten das Umweltinstitut einzuschalten. Das schaffe Vertrauen, sagte sie. Gaertner bezeichnete das als wenig praktikabel, sicherte aber eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu.

Unabhängig vom Arbeitskreis Arbeit, Wirtschaft, Schule macht die UB-Fraktion im Gemeinderat Druck, ein neues Gewerbegebiet auszuweisen. Manfred Eberhard (UB) legte einen Antrag vor, das Gewerbegebiet Siegertsbrunn-Nord jenseits der Hohenbrunner Straße zu erweitern. So sollte der Gemeinderat für die Fläche, die zuletzt als Realschulstandort im Gespräch war, einen entsprechenden Bebauungsplan auf den Weg bringen, sagte Eberhard. Mit den Grundstücksbesitzern sollten Verhandlungen aufgenommen werden, wobei die UB bei diesen eine gewisse Offenheit unterstellt. Schließlich hätten sie ja einem Verkauf für eine Schule zugestimmt. Warum also nicht auch für Gewerbe?

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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