Wasserschutzgebiet in Haar:Anschlag auf den eigenen Garten

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Das Isar-Amper-Klinikum ist in vieler Hinsicht autark - auch bei der Wasserversorgung. Das führt nun zu Konflikten in Haar. (Foto: Claus Schunk)

Das Isar-Amper-Klinikum vergrößert das Wasserschutzgebiet für seine Brunnen bis in die Haarer Wohnbebauung. Ein Hausbesitzer fühlt sich überrumpelt, denn Informationen gab es nur per Aushang oder im Amtsblatt des Landkreises.

Von Bernhard Lohr, Haar

Das Isar-Amper-Klinikum ist in der Gemeinde Haar kein gewöhnlicher Nachbar. Schon der Größe wegen. Und auch sonst spielt die psychiatrische Einrichtung des Bezirks Oberbayern, die bereits errichtet wurde, als es die Gemeinde Haar unter dem heutigen Namen noch gar nicht gab, auf vielen Gebieten eine Sonderrolle. So existiert in der Klinik, die lange wie ein Dorf im Dorf agierte, historisch bedingt bis heute ein gewisser Hang zur Autarkie. Bis heute versorgt sich die Klinik selbständig aus zwei Brunnen mit Wasser. Und das bereitet derzeit in der Kommune einigen Ärger.

Von der Brunnennutzung rückte das Klinikum auch nicht ab, als die Gemeinde Haar vor einigen Jahren ihre Wasserversorgung modernisierte und wegen drohender wasserrechtlicher Probleme entschied, sich künftig über neue Brunnen im Höhenkirchner Forst zu versorgen. Die Gemeinde wollte damals vermeiden, dass eine anstehende Ausweitung des Wasserschutzgebietes um alte Brunnen herum zu Konflikten mit Bürgern führt. Es wären womöglich Wohngebiete betroffen gewesen. Genau der Ärger, den das Rathaus damals vermeiden wollte, steht nun wegen der Wasserversorgung der Klinik ins Haus.

Denn die bislang im Norden im Umgriff um die beiden Brunnen der Klinik bis an die Bahntrasse heranreichende Wasserschutzzone reicht den Behörden nicht mehr. Diese soll nun weit in den Süden ausgeweitet werden. Eine große Anzahl an Grundstücken in Unterhaar soll künftig in die noch mit relativ moderaten Auflagen verbundene Schutzzone III fallen. Auch Grundstücke in Grasbrunn sind betroffen. Der Vorgang wurde bereits von Mitte Juni bis Mitte Juli vergangenen Jahres an den Gemeindetafeln in Haar bekannt gemacht und im Amtsblatt des Landkreises veröffentlicht. Betroffene sollten die Möglichkeit erhalten, Einwendungen vorzubringen. Doch nicht jeder schaute auf die Aushänge oder ins Amtsblatt. Das Ganze ging an manchem Anwohner schlichtweg vorbei.

Fritz Kerber fürchtet, dass sein Grundstück im Wert sinkt

Und so herrscht nun etwa bei Fritz Kerber aus der Riesengebirgstraße in Unterhaar doch einigermaßen große Verärgerung. Es handle sich um einen gravierenden Eingriff in die Eigentumsrechte, sagt Kerber. Vieles werde in Zukunft auf den betroffenen Grundstücken nicht mehr erlaubt, was deren Wert mindere.

Kerber fürchtet, dass etwa schon der Einbau einer Wärmepumpe, bei der Grundwasser entnommen werde, verboten werden könnte. Und anderes mehr: In dem sogenannten, den Schutzzonen eins und zwei nachgelagerten, "weiteren Schutzgebiet" ist jedenfalls das Ablagern von Schutt, Abfallstoffen und wassergefährdenden Stoffen verboten. Und es gibt Einschränkungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Der nachträgliche Protest wird nicht gehört

Kerber beklagt, dass die betroffenen Bürger nicht schriftlich auf die Möglichkeit, gegen die Schutzgebietsausweisung Einwendungen vorzubringen, aufmerksam gemacht worden seien. Er selbst sei gehbehindert, von ihm könne nicht erwartet werden, regelmäßig zum Rathaus zu gehen und nach Aushängen Ausschau zu halten. Kerber hat nun nachträglich Protest eingelegt. Doch bei dem Erörterungstermin, der an diesem Freitag in einer Außenstelle des Landratsamts in München-Giesing angesetzt ist, wird er damit nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Vertreter vom Sachgebiet Wasserrecht und Wasserwirtschaft im Landratsamt sehen sich freilich voll im Recht. Man habe bei der Bekanntmachung das "vorgeschriebene Verfahren" eingehalten und auf "ortsübliche Weise" gehandelt, heißt es von dort. Einwendungen, die zu spät erhoben oder per E-Mail zugeschickt würden, seien nicht zugelassen.

Auch streicht das Landratsamt heraus, dass die Verbote in der Schutzzone III keineswegs gravierend seien und überhaupt auch die Möglichkeit bestehe, im Einzelfall "Befreiungen von einem Verbot zu beantragen". Betroffene dürften an dem Erörterungstermin teilnehmen, bei dem ohnehin davon auszugehen sei, dass wesentliche Kritikpunkte von Belang angesprochen würden. Die Interessenlage der Betroffenen ähnele sich doch sehr. Einige haben eben doch mitgekriegt, dass das Wasserschutzgebiet ausgeweitet wird.

Doch die Frage steht im Raum, ob von Bürgern erwartet werden kann, immer auf der Hut zu sein. Zuletzt erhoben Anlieger in Gronsdorf Klage, die sich von einem größeren Bauvorhaben überrumpelt fühlten, obwohl es sogar seit längerem öffentlich in Gremien diskutiert wurde.

Haars Bürgermeisterin äußert Verständnis für den Ärger der Betroffenen

Im Rathaus jedenfalls fühlt man sich im aktuellen Fall nicht direkt angesprochen. Man habe lediglich Amtshilfe geleistet, sagte Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) am Dienstagabend im Bauausschuss des Gemeinderats. Dass die Klinik sich selbst mit Trinkwasser versorgt, sieht man im Rathaus auch gar nicht so ungern, weil über die beiden Brunnen für einen Teil der Haarer Haushalte eine Notversorgung gesichert werden kann. Den Wunsch nach einer aktiveren Informationspolitik kann Bürgermeisterin Müller nachvollziehen. Sie sagte, sie habe Verständnis dafür, dass sich manch Betroffener "unwohl" fühle.

© SZ vom 18.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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