Die vergangenen Monate hat der heilige Nepomuk an einem warmen und gemütlichen Ort im Grünwalder Rathaus verbracht. "In bester Gesellschaft mit Kunstwerken und Wein", wie Bürgermeister Jan Neusiedl bei seiner Rede konstatierte. "Im Keller." Um dann schmunzelnd hinzuzufügen. "Nein, nicht in einem Weinkeller, das haben wir sogar in Grünwald nicht." Jetzt ist Nepomuk respektive die beeindruckende Holzfigur des Heiligen an ihren angestammten Platz zurückgekehrt: die Statue steht wieder in der Kapelle "Auf der Eierweise", die selbst recht idyllisch liegt, flankiert von ansehnlichen Höfen und Häusern sowie einer alten Dorflinde mit Parkbänken.
Der zwischenzeitliche Umzug der Figur - Nepomuk, der ein Jesuskindchen im Arm hält - war wegen der Sanierung des kleinen Gotteshäuschens notwendig geworden: Feuchtigkeit in den Wänden, aber auch die Wurzeln nahestehender Bäume, die das Pflaster vor der Kapelle anhoben, waren zum Problem geworden, das Metalltor musste zudem erneuert werden. Die Sanierungsmaßnahmen, die im September 2022 begannen, sind inzwischen abgeschlossen, organisiert vom Bauamt im Verbund mit Fachfirmen. Die Rückkehrzeremonie, bei der Neusiedl allen Beteiligten für die geleistete Arbeit dankte, wurde standesgemäß am 16. Mai realisiert, dem Namenstag des Nepomuk. Der gilt als Brückenheiliger und Patron des Beichtgeheimnisses.
Die Figur des heiligen Nepomuk in der gleichnamigen Kapelle in Grünwald.
(Foto: Sebastian Gabriel)Der historische Johannes Nepomuk lebte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Böhmen, er geriet als Generalvikar in den Konflikt zwischen seinem Herrn, dem Erzbischof von Prag, und König Wenzel. Der ließ ihn schließlich wutentbrannt gefangen nehmen, foltern und von der Karlsbrücke in die Moldau werfen. Für Grünwalds Pfarrer Eugen Strasser-Langenfeld ist der Märtyrer aus Pomuk bei Pilsen vor allem als Heiliger wichtig, der "auf das Thema 'Konflikte' aufmerksam" mache. "Diese können nicht im Zorn gelöst werden", wie Wenzel das getan habe, sondern für die rechten Lösungen bräuchten wir einen "anderen Geist", so Strasser-Langenfeld. Das sei Nepomuks "bleibende Bedeutung", mehr als sein Ruf als standhafter Wahrer des Beichtgeheimnisses. Worauf basiert wiederum dieser? Angeblich wollte Wenzel, der seine Frau der Untreue verdächtigte, den Nepomuk zwingen preiszugeben, was diese ihm während der Beichte anvertraut hatte. "Eine Legende", so Strasser-Langenfeld.
Eine kleine Legende rankt sich auch um die Grünwalder Nepomuk-Figur. Diese sei, so erzählte man sich, einst angeschwemmt und am Isarufer gefunden worden, erklärt Dritte Bürgermeisterin Uschi Kneidl (CSU), deren Vorfahren eine Zeit lang als Herren des Freibauern-Hofes im Besitz der Kapelle waren, bevor diese in den Besitz der Gemeinde überging. Eine hübsche Vorstellung, dass der hölzerne Böhme quasi selbst hergeschwommen sei, um dann als Brückenheiliger eventuell auch entsprechende Baulichkeiten in die Wege zu leiten und zu beschützen. Direkt am Beginn der heutigen Grünwalder Brücke, unten am rechten Isarufer, steht denn auch eine weitere Nepomuk-Statue.
In neuem Glanz erstrahl die kleine Nepomuk-Kapelle in Grünwald nach der Sanierung.
(Foto: Sebastian Gabriel)Die Kapelle oben ist freilich auch einer dieser kleinen, besonderen Orte, die Menschen anziehen. Vermutlich um 1700 aus Flursteinen erbaut, entfaltet sie zusammen mit dem sie umgebenden Plätzchen ein pittoreskes Flair. "Es ist ein Ort der Begegnung", sagt Kneidl, "es sitzen eigentlich immer Leute hier". Ihre Familie wie auch die Familien Seidl und Beer, die zu den direkten Anwohnern gehören, kümmern sich regelmäßig um die Kapelle, sorgen etwa dafür, dass sie sauber ist, notwendige kleine Reparaturen realisiert werden und regelmäßig Blumen die Szenerie dekorieren.
Anna-Maria Seidl und Elisabeth Beer waren denn auch beim kleinen Festakt vor Ort, trotzten wie der Rest der Anwesenden dem ab und heftig auf die Schirme prasselnden Regen. Die Rückkehr des Nepomuk fand also am Namenstag nicht unter den gemütlichsten klimatischen Bedingungen statt, man benötigt aber kein übergroßes Gottvertrauen, um davon ausgehen, dass er sich in seiner frisch erneuerten Kapelle wohl fühlen wird. Und mit ihm die Menschen, die dort innehalten, die Heiligenfigur anschauen, vielleicht sogar beten und verweilen.