Grünwald:Nachbarn kämpfen für gefährdetes Sep-Ruf-Haus

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Von den insgesamt zehn Häusern der Siedlung steht eines nicht unter Denkmalschutz. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Bewohner der kleinen Siedlung suchen rechtlichen Beistand und den Dialog mit der Gemeinde. Unterdessen löst der Bauamtsleiter mit Aussagen zur Urheberschaft des bekannten Architekten Irritationen aus.

Von Stefan Galler, Grünwald

Der drohende Abriss eines der zehn von Sep Ruf in Grünwald gebauten Häuser bewegt in der Isartalgemeinde weiterhin die Gemüter. Nachdem sich am Wochenende die Fraktion der Grünen im Gemeinderat mit einem Antrag zum Erhalt des Ensembles an die Verwaltung gewandt hat, treten nun auch die Anwohner auf den Plan. Zuletzt hatten sich Hauseigentümer aus der betroffenen Hugo-Junkers-Straße sowie der benachbarten Zweigstraße und der Südlichen Münchner Straße getroffen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Die Zusammenkunft hatten zwei Anwohner organisiert, die einen besonderen Bezug zu dieser Siedlung haben: Ernst Holthaus, Jahrgang 1931, der seit nunmehr 87 Jahren im Haus Nummer drei wohnt, nachdem seine Mutter Katharina das Gebäude kurz nach der Fertigstellung 1936 gekauft hatte. Und Angela Mennerich, Enkelin des Bauherrenehepaars Hayo und Ruth Folkerts, die im Haus Nummer sieben wohnt. Ihr Urgroßvater war der Flugzeugingenieur Hugo Junkers, nach dem die Straße in Grünwald benannt ist. Zu den Anrainern gesellte sich Irene Meissner, die Vorsitzende der Sep-Ruf-Gesellschaft.

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Man habe gut zwei Stunden "leidenschaftlich diskutiert", teilte die Gruppe mit, und zwar "mit dem Ziel, Wege zu finden, das Baudenkmal Hugo-Junkers-Straße zu erhalten" und "das Vermächtnis von Sep Ruf zu bewahren". Es geht darum, einen Abriss des einzigen der zehn Häuser in der Straße, das seit einem Gerichtsurteil von 1998 nicht mehr unter Denkmalschutz steht, zu verhindern. Dort möchte ein Investor ein neues Wohn- und Bürogebäude errichten.

Man war sich einig, sich dafür einsetzen zu wollen, "dass in unserem lebenswerten Ort die noch teilweise vorhandene alte Bausubstanz erhalten bleibt". Konkret heißt das im Fall der Hugo-Junkers-Straße 1, dass man sich um rechtlichen Beistand bemühen werde, sagt Ernst Holthaus. Außerdem sei man bereits dabei, direkten Kontakt zur Gemeinde aufzunehmen, um alle Möglichkeiten für einen Erhalt des Hauses zu besprechen.

Ziel ist eine gütliche Einigung im Interesse der Eigentümer

Dabei wolle man aber auf keinen Fall die aktuellen Besitzer des Hauses ausklammern: "Unser Ziel ist neben dem Erhalt des Gebäudes vor allem, eine gütliche Einigung im Interesse der Eigentümer zu finden", sagt Holthaus stellvertretend für alle Anwohner.

Ernst Holthaus wohnt seit 87 Jahren im Haus Nummer drei. (Foto: Claus Schunk)

Zwischenzeitlich behauptete der Grünwalder Bauamtsleiter Stefan Rothörl laut Münchner Merkur, dass das umstrittene Haus gar nicht von Sep Ruf gebaut worden sei. Nach Durchsicht einer Reihe von Gutachten sei für ihn klar, dass das Haus zwar aus den 1930er-Jahren stamme, Ruf aber weder die Planungsgrundlage geschaffen habe, noch an der Realisierung unmittelbar beteiligt gewesen sei. "Man bedient hier eine Geschichte, aber sie ist leider falsch", wird Rothörl zitiert. Mittlerweile hat der Bauamtsleiter seine Aussagen relativiert, Ruf sei "schon der Architekt", er habe aber damals noch nicht die Expertise seines späteren Schaffens gehabt. Rothörl war am Dienstag telefonisch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Münchner Neuesten Nachrichten berichteten 1936 über die Eröffnung der Siedlung. (Foto: Claus Schunk)

Die Anwohner reagierten verärgert auf die Zweifel des Leiters der gemeindlichen Baubehörde: "Das sind Fake News", sagt Ernst Holthaus. Der frühere Unternehmer, der mittlerweile ein angesehener Maler ist, hat auch Beweise für die maßgebliche Beteiligung von Sep Ruf an der "Siedlung Herrenwies", wie die Häuser in der Hugo-Junkers-Straße früher genannt wurden. Er legte der SZ nicht nur zwei Baudokumente aus dem Januar 1936 vor, die von Sep Ruf als ausführendem Architekten unterschrieben sind, sondern auch noch einen Zeitungsausschnitt aus der Wochenendausgabe der Münchner Neuesten Nachrichten vom 29./30. August 1936.

In dem Text "Am Wald und an der Isar", der anlässlich der Eröffnung des ersten Bauabschnitts erschienen ist, wird die Siedlung als "Idyll für alt und jung" beschrieben, bei der sich "Sachlichkeit und Gemütlichkeit, Neuzeit und das behagliche Wohnen in guten alten Bürgerzimmern vereinen". Weiter heißt es, dass der "verdienstvolle Bürgermeister Grünwalds, Dr. Otto Grunert", in seiner Rede neben anderen am Bau beteiligten Personen auch "dem Architekten Sep Ruf herzliche Anerkennung für das schöne, neue Werk am Hochwald und an der grünen Isar" zollte.

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