Kita-Streik Grasbrunn:Nicht einmal ein Trostpflaster für die Eltern

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Sind die Leidtragenden des Erzieher-Streiks: Eltern und Kinder. Vergangene Woche beteiligten sie sich an einer Demo in Neukeferloh. (Foto: Claus Schunk)

Vier Wochen Streik und keinen Cent zurück: Im Gegensatz zur Stadt München will die Gemeinde Grasbrunn Eltern nach dem Erzieher-Streik keine Beiträge erstatten. Die eingesparten Personalkosten, heißt es, schmälerten das Defizit ohnehin kaum.

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Vier Wochen lang haben die Erzieher in Grasbrunn gestreikt und viele Eltern in dieser Zeit ihre Kinder weder in Krippe, Hort noch Kindergarten bringen können. Von ihren bezahlten Gebühren werden sie trotzdem nichts wiedersehen - auch wenn die Gemeinde in dieser Zeit etwa 50 000 Euro Personalkosten eingespart hat.

Wie die Kommune mitteilte, wird es im Gegensatz zur Stadt München keine Erstattung der Elternbeiträge geben. Auch wenn die Gehälter des Personals während des Streiks gekürzt würden, erwirtschafte die Gemeinde deshalb keinen Überschuss, heißt es aus dem Rathaus zu entsprechenden Forderungen aus Elternkreisen. Denn betrachte man die Gesamtausgaben, schlügen neben den Personalkosten auch die Unterhaltskosten für die Kindertagesstätten wie Strom, Versicherung, Reinigung und Wasser zu Buche.

Etwa vier Millionen Euro kosten die Einrichtungen die Gemeinde im Jahr

Die Kosten für die Mitarbeiter in Verwaltung und Hauswirtschaft liefen während des Streiks weiter, argumentiert die Gemeindeverwaltung. Ohnehin deckten die Elternbeiträge lediglich 17 Prozent der etwa vier Millionen Euro, welche die gemeindlichen Einrichtungen im Jahr kosteten. Die Einsparungen durch den Streik schmälerten das Defizit mithin "nur unwesentlich".

Damit stellt sich die Gemeinde gegen den Elternbeirat der Tagesstätte "Kinderwelt". Dieser hatte die Kommune aufgefordert, die eingesparten Personalkosten an die Eltern über eine Rückzahlung von Beiträgen weiterzugeben.

Ihr Nein zu einer Gebührenerstattung begründet die Gemeinde Grasbrunn auch mit der Satzung für die kommunalen Kinderbetreuungseinrichtungen und den Betreuungsverträgen, die alle Eltern abgeschlossen hätten: Danach würden die Elternbeiträge grundsätzlich als Jahrespauschale für zwölf Monate erhoben und sei die volle Gebühr auch in Ferienmonaten zu bezahlen. Das Fazit der Gemeinde: "Rechtlich sieht die Verwaltung daher keine Möglichkeit, die bereits entrichteten Gebühren zu erstatten."

Die Stadt München zahlt Eltern Beiträge zurück

Anders die Regierung von Oberbayern. Die Aufsichtsbehörde hat am Mittwoch der Landeshauptstadt erlaubt, Gebühren für streikbedingte Ausfalltage zurückzuzahlen. Eine solche Begünstigung der Eltern sei "rechtlich unproblematisch", stellt die Behörde fest, zumal die Rückzahlung angesichts des Gesamthaushalts der Stadt "nur geringe Bedeutung" habe.

Vorstoß im Stadtrat
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Eltern sollen Gebühren und das Essensgeld erstattet bekommen, wenn Einrichtungen wegen des Kita-Streiks geschlossen sind - so zumindest der Plan von SPD und CSU im Münchner Rathaus. Doch juristisch geklärt ist die Idee noch nicht.

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Auch eine Erstattung der Essenskosten kommt in Grasbrunn nicht in Betracht. Denn im Gegensatz zur Landeshauptstadt, die Pauschalen erhebt, rechnet Grasbrunn jedes Essen einzeln ab. Dies macht pro Kind 60 bis 70 Euro im Monat aus. Diese Beträge sind während des Streiks nicht angefallen - nach Ansicht des Rathauses "immerhin ein kleines Trostpflaster".

Die Grasbrunner Eltern waren von dem Arbeitskampf besonders betroffen. Nirgendwo sonst im Landkreis streikten Erzieher so lange. Von den 38 Mitarbeitern der gemeindeeigenen Einrichtung Kinderwelt beteiligten sich 18 an dem Ausstand.

Nur 91 der 246 Kinder konnten in Notgruppen untergebracht werden

Für die meisten Eltern bedeutete dies, dass sie sich vier Wochen lang privat um eine Betreuung ihrer Kinder kümmern mussten. Von den 246 Buben und Mädchen, die sonst in Krippe, Hort und Kindergarten betreut werden, konnten nur 91 in Notgruppen untergebracht werden.

Dass Grasbrunn Zentrum des Arbeitskampfes im Landkreis war, liegt daran, dass mit einer Ausnahme alle Kindertagesstätten am Ort in der Hand der Gemeinde sind. Andernorts werden Kindergärten, Krippen und Horte überwiegend von freien oder kirchlichen Trägern betrieben, deren Beschäftigte von der Gewerkschaft Verdi nicht zum Streik aufgerufen waren.

Wie sehr der wochenlange Streik nicht nur die Eltern belastete, bestätigt Bürgermeister Klaus Korneder (SPD). Die Nerven der Eltern, der nicht streikenden Erzieher und Kinderpflegerinnen sowie der Verwaltung lägen blank, schreibt Korneder im Vorwort zum aktuellen Gemeindeblatt Grasbrunner Nachrichten.

Darin lässt Korneder vorsichtig durchblicken, dass im Rathaus infolge des Streiks eine Änderung bei der Trägerschaft kein Tabu mehr ist. "Noch können wir es uns leisten, die Betreuung unserer Kinder in eigener Verantwortung zu realisieren", schreibt der Bürgermeister. Blicke man jedoch auf die anderen Landkreisgemeinden, wo die Kindertageseinrichtungen von freien und kirchlichen Trägern betrieben werden, sehe man, "dass diese weit weniger vom Streik betroffen sind".

Während der Schlichtung ist das Kinderhaus wieder geöffnet

Auch wenn der Sozialdemokrat Korneder ausdrücklich Verständnis für die Ziele der Beschäftigten in dem aktuellen Tarifkonflikt zeigt, so ist er in diesem Fall doch auch Arbeitgeber. Und als solcher freue er sich, betont der Grasbrunner Bürgermeister, dass sich das Personal des Kindergartens Honigblume und des Kinderhauses Harthausen zwar mit den Streikenden solidarisch erklärt habe, "aus Rücksicht auf die Eltern und Kinder jedoch nicht tiefer in den Arbeitskampf eingestiegen" sei.

Mit Ende der Pfingstferien ist der Streik auch in Grasbrunn zumindest vorübergehend beendet. Kommunen und Gewerkschaft haben sich auf eine Schlichtung verständigt. Solange diese läuft, sind Arbeitsniederlegungen verboten.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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