Gastronomie:Im kleinen Kultursalon ist Schluss

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Ende Oktober ist Schluss: Hans Schumacher und Tochter Katharina machen noch eine letzte Party, ehe das Café Gräfelfinger am Bahnhofsplatz zusperrt. (Foto: Catherina Hess)

Das beliebte Café Gräfelfinger am Bahnhofsplatz schließt nach nur drei Jahren seine Pforten. Betreiber Hans Schumacher will nicht weiter draufzahlen. Ende Oktober gibt es eine Abschiedsparty.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Ein gemütliches Café, individuell eingerichtet, ab und zu ein wenig Kulturprogramm, dazu eine Speisekarte mit wenigen Köstlichkeiten. Diesen Traum vom kleinen, aber feinen eigenen Gastronomiebetrieb hegen wohl so manche. Doch die Realität ist ernüchternd. Ein Cafébetrieb in dem Format ist in höchstem Maße unrentabel, das hat Hans Schumacher erfahren, Betreiber des beliebten Café Gräfelfinger am Bahnhofsplatz. Nach nur drei Jahren schließt er die Gaststätte. "Jetzt ist Schluss", sagt er.

Manchmal stimmt der Zeitpunkt einfach nicht. Als Hans Schumacher Ende 2020 das Café Gräfelfinger eröffnete, musste er es wenig später schon wieder schließen aufgrund der Beschränkungen der Corona-Pandemie. Als die Pandemie ausgestanden war, kam die Baustelle auf dem Bahnhofsplatz in Gräfelfing. Das Café verschwand hinter einem Bauzaun und wurde völlig unsichtbar.

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Den Sommer über war die Lokalität deshalb auch geschlossen - wer setzt sich schon gemütlich an den Rand einer Baustelle? Da diese sich aber vermutlich noch zwei Jahre hinziehen wird - das Bürgerhaus wird umfassend saniert und umgebaut - hat Hans Schumacher beschlossen, das Café für immer zu schließen und sein mit viel Idealismus betriebenes Hobby aufzugeben. Es ist ihm einfach zu teuer geworden.

Wer setzt sich schon an einen Bauzaun? Die Baustelle am Bahnhofsplatz wird wohl noch zwei Jahren bestehen. (Foto: Catherina Hess)

Viele Gräfelfinger verlieren damit ein liebgewonnenes zweites Wohnzimmer. Schumacher hat viel investiert, wie er sagt, und das Café im Retrostil eingerichtet, mit viel Samt, kleinen Sesseln, blumigen Kissen, weichen Teppichen und goldenen Spiegeln an der Wand. Bis zu 50 Gäste haben an den Tischen Platz, aber so viele sind meist nicht gekommen. Eher haben sich hier zwei Leute zwei Stunden lang zum Ratschen getroffen und dann 6,50 Euro für zwei Cappuccino bezahlt, wie er erzählt. Mit dem Umsatz lasse sich kein Café betreiben, jeden Monat habe er ein Minus eingefahren.

Gastro und Kultur - das wollte Schumacher, der eigentlich Inhaber einer Elektrotechnikfirma in Pasing ist und sich unter anderem mit der Entwicklung von medizintechnischen Geräten zur Virenanalyse beschäftigt, in dem Café verbinden. Immer wieder hat er bekannte Kabarettisten nach Gräfelfing geholt, hat klassische Konzerte und Jazzabende veranstaltet. Am Ende hat er immer draufgezahlt: "So ein Café braucht einen Sponsor." Man könne sicher an der ein oder anderen Stelle sparen, aber das gehe dann entweder zu Lasten der Qualität oder an den Geldbeutel der Kunden. Er habe keine Lust, für den Kaffee 4,50 Euro zu verlangen.

Schumacher hat viel investiert, wie er sagt, und das Café im Retrostil eingerichtet, mit viel Samt, kleinen Sesseln, blumigen Kissen, weichen Teppichen und goldenen Spiegeln an der Wand. (Foto: Catherina Hess)

Schumacher will das Kulturprogramm aber nicht aufgeben. Im Ehrenamt ist er technischer Direktor des TSV Gräfelfing und betreut derzeit als Bauleiter die Sanierungsmaßnahmen im Vereinsheim. In der Vereinsgaststätte will er eine kleine Bühne integrieren und von April 2024 an Musik und Kabarett veranstalten. Der Retro-Charme wird freilich fehlen. Ein anderes, neues Café wird es auf dem Bahnhofsplatz wohl nicht geben, die Vermieter wünschten sich eher einen "ruhigen" Mieter, meint Schumacher. Am 31. Oktober wird es eine Abschiedsparty mit Freibier im Café Gräfelfinger geben und dann wird Hans Schumacher sich zum ersten Mal selbst in seinem Café auf die Bühne stellen und Blues spielen.

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