Geothermie:Grüne werfen Staatsregierung Ignoranz vor

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Bohrungen nach heißem Tiefenwasser, wie hier von den Stadtwerken in München, sind immer mit Risiken behaftet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Weil das Wirtschaftsministerium eine Versicherung ablehnt, befürchtet die Landtagsabgeordnete Claudia Köhler, dass sich weiterhin nur reiche Kommunen Tiefenbohrungen leisten können.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Die bayerische Staatsregierung ziert sich weiter, Kommunen bei dem Einstieg in die Geothermie finanziell unter die Arme zu greifen. Die Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Köhler aus Unterhaching, ob die Staatsregierung beabsichtige, angesichts der Energiekrise die Kommunen und Investoren bei der Absicherung der finanziellen Risiken von Tiefenbohrungen zu unterstützen, bekräftigt dieses Haltung. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sieht dafür weiterhin keine Notwendigkeit.

Von der Antwort zeigt sich Köhler enttäuscht. Sie wirft der Staatsregierung vor, "wenig Ahnung" zu haben, und kritisiert die Absage scharf: "Offensichtlich schreit man lieber nach neuen Brennstäben für eine Verlängerung der Atomkraft, anstatt sich endlich mit dem Potenzial der Erneuerbaren zu beschäftigen und den Kommunen und damit den Bürger und Bürgerinnen zu helfen."

Bereits bei einer Geothermie-Tagung kürzlich in Pullach hatte Aiwanger Forderungen nach Landesmitteln für eine Fündigkeitsversicherung bei der Tiefenbohrung zurückgewiesen. Dabei hatte es bis 2013 einen entsprechenden Haushaltstitel im Entwurf zur Abdeckung der Risiken von Fehlbohrungen aus Erdwärme gegeben, der dann aber gestrichen wurde. Das bayerische Wirtschaftsministerium verweist auf die in diesem September in Kraft getretene Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), die seismische Untersuchungen von Geothermie-Bohrungen, Wärmezentralen und Wärmenetzen bis hin zu Wärmeverteilleitungen unterstütze. "Zugleich enthält die BEW eine 40-prozentige Risikoabsicherung, da im Fall nicht fündiger Bohrungen kein Zuschuss zurückgefordert wird", schreibt Aiwangers Haus auf die Anfrage der Grünen. Es sei abzuwarten, ob noch Wirtschaftlichkeits- beziehungsweise Förderlücken bestünden.

Eine Risikoabsicherung sei in der Region München entbehrlich, heißt es aus dem Ministerium

Die Grünen-Abgeordnete Köhler bezeichnet diese Antwort schlichtweg als "falsch". Die 40 Prozent seien keine Garantie und sie würden am Anfang eines Projektes berechnet. "Es können auch nur 20 Prozent sein, weil etwa ein Geothermie-Projekt gegenüber Alternativen gut dastehe. Wenn sich dann nach Bohrung keine Fündigkeit einstelle, würde es trotz Fehlschlags bei 20 Prozent bleiben und nicht auf 40 Prozent erhöht werden. "Als echte Versicherung taugt dieses Modell in der aktuellen BEW-Fassung nicht", findet Köhler.

Das Wirtschaftsministerium hält zudem den Geothermie-Atlas für ausreichend, um Tiefengeothermie-Bohrungen ohne zu große Risiken durchzuführen. "Eine Risikoabsicherung in dieser Region ist daher entbehrlich", heißt es in der Antwort. Schließlich solle auch vermieden werden, dass durch staatliche Risikoabsicherungen private Angebote aus dem Markt gedrängt werden oder Kommunen beziehungsweise Investoren "zu riskanten Bohrexperimenten ermuntert werden". Köhler findet diese Haltung bezeichnend, "wenn nicht ignorant". Schließlich seien Bohrungen immer mit Risiko verbunden, daher gebe es auch zahlreiche Voruntersuchungen, bevor gebohrt werden.

"Die Staatsregierung tut so, als ob Kommunen einfach mal wild los graben. Das Risiko ist unter anderem die Wassertemperatur, die eben nicht genau vorhergesagt werden kann", so die Grünen-Abgeordnete. Die Bohrung bei einem privaten Spezialisten zu versichern, koste etwa 30 Prozent und versichere auch nicht das volle Risiko. Geothermie-Projekte leisten könnten sich daher weiterhin nur reichere Gemeinden, kritisiert Köhler.

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