Unterschleißheim:CSU fordert Geothermie für alle in der Stadt

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Die Geothermieanlage wurde Anfang der Nullerjahre aufgebaut. Heute heizen 31 Prozent der Unterschleißheimer mit Erdwärme. (Foto: Schunk Claus)

Fraktionschef Stefan Krimmer wirft SPD-Bürgermeister Böck vor, den Erdwärme-Ausbau verschlafen zu haben. Er pocht auf eine dritte Bohrung und eine Entkoppelung vom Gaspreis.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Die CSU in Unterschleißheim fordert in einem in den Stadtrat eingereichten Antrag einen massiven Ausbau des örtlichen Geothermie-Kraftwerks. Sie fordert eine dritte Bohrung und eine Anschlussmöglichkeit für alle Haushalte und Betriebe in der Stadt. Ihre Forderung nach "Geothermie für alle" verknüpft die CSU mit scharfer Kritik an Bürgermeister Christoph Böck (SPD), dem sie vorhält, die Weiterentwicklung der Geothermie Unterschleißheim AG (GTU) in den vergangenen Jahren versäumt zu haben. Nach Vorstellung der CSU soll die Investitionsoffensive über neue Aktien der GTU finanziert werden, was eine Bürgerbeteiligung ermöglichen würde. Nicht zuletzt sollte nach den Vorstellungen der CSU die bestehende Kopplung des Wärmepreises an den Gaspreis überdacht werden, die für viele Erdwärmekunden die Energiepreise in die Höhe treibt.

Die CSU bläst energiepolitisch zur Attacke und greift in ihrer Argumentation weit zurück. Die Partei habe Anfang der Nullerjahre unter dem damaligen christsozialen Bürgermeister Rolf Zeitler und einer CSU-Mehrheit im Stadtrat den Aufbau der Geothermie-Versorgung in Unterschleißheim angeschoben. Man sei Vorreiter gewesen und habe gegen Widerstände vorausschauend das Richtige getan. Doch seit Rolf Zeitler nicht mehr Bürgermeister sei, "wurde die Weiterentwicklung der Geothermie sträflich vernachlässigt", schreibt CSU-Fraktionschef Stefan Krimmer in einer Pressemitteilung vom Dienstag. Dieser "strategische Fehler" räche sich jetzt. Die CSU Unterschleißheim habe in allen Wahlprogrammen stets einen langfristigen und großflächigen Ausbau der Geothermie gefordert, aber man habe "beim heutigen Bürgermeister kein Gehör" gefunden. Krimmer sagt, er werde täglich von Bürgern wegen eines Anschlusses angesprochen.

Laut Grünen-Stadtrat Schlagintweit überlegen "ganze Nachbarschaften", wegen der Preise wieder aus der Geothermie auszusteigen

Aber es gibt in Unterschleißheim auch unzufriedene GTU-Kunden, denen die Kosten für die Fernwärme zu hoch sind. Grünen-Stadtrat Tino Schlagintweit hat das unabhängig von der CSU auch konstatiert. Schlagintweit berichtete am Dienstag im Bauausschuss des Stadtrats "von ganzen Nachbarschaften", die am liebsten aufgrund der Preise aus der Geothermie aussteigen würden. Schlagintweit kritisierte die Preisbindung an den Erdgaspreis. Die CSU tut das in ihrem Antrag auch. Stadträtin Brigitte Weinzierl fordert, die Koppelung "dringend" zu überdenken. "Vor der aktuellen Krise mag das Gas ein guter Maßstab für Energiepreise gewesen sein, aber die Rahmenbedingungen haben sich nun grundlegend verändert." Ohne eine Loslösung würden der Stadt Unterschleißheim als Energieproduzent unverhältnismäßige Übergewinne in die Kassen gespült, bezahlt durch die eigenen Bürgerinnen und Bürger sowie die lokalen Unternehmen. "Ein absolutes Unding", findet Weinzierl in einer den Geothermie-Antrag flankierenden Pressemitteilung.

CSU-Fraktionschef Stefan Krimmer kritisiert, dass seit Rolf Zeitlers Ausscheiden die Geothermie vernachlässigt worden sei. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die CSU bringt mit ihrem Vorstoß ein Thema wieder auf den Tisch, von dem es schien, dass es erst im Sommer endgültig abgeräumt worden wäre. FDP-Stadtrat Manfred Riederle hatte im Frühjahr einen ganz ähnlichen Antrag gestellt, in dem er die Stadt und die GTU aufforderte zu prüfen, ob und wie eine Versorgung der gesamten Stadt mit Wärme aus der Tiefengeothermie möglich wäre. Von der GTU kamen schnell skeptische Stimmen, dass das kaum zu bewerkstelligen und wirtschaftlich nicht darstellbar wäre. Eine von der GTU lancierte Untersuchung bestätigte dies schließlich. Statt eine dritte Bohrung anzugehen, sei es sinnvoller, mit Hilfe einer Wärmepumpe die Effizienz der Anlage zu steigern. Der Fernwärme-Leitungsbau wurde an der Carl-von-Linde-Straße vorangetrieben.

Doch der CSU reicht das nicht. Thomas Bittner, CSU-Stadtrat und Werkreferent, sagt: "Technisch ist es grundsätzlich möglich, fast das gesamte Stadtgebiet zu versorgen, wenn die organisatorischen Voraussetzungen und technischen Rahmenbedingungen stimmen. Man hätte schon einiges an Neubaugebieten die letzten Jahre anschließen können." Dafür die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zu schaffen, sagt Krimmer. Das habe der Bürgermeister in den vergangenen Jahren "gründlich verschlafen".

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