Hoher Grundwasserstand:Wissenschaftler sollen Frühwarnsystem austüfteln

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Literweise Grundwasser haben die Garchinger in den vergangenen Wochen aus ihren Kellern auf mehr als 70 Anwesen pumpen müssen. Nun sind die Pegel gesunken. (Foto: Robert Haas)

Nach den jüngsten Überflutungen von mehr als 70 Anwesen erhofft sich die Stadt Garching durch ein Forschungsprojekt der TU Erkenntnisse zum Schutz vor schnell steigenden Grundwasserpegeln. Eine Absenkung des Schleißheimer Kanals lehnt das Landratsamt weiter ab.

Von Sabine Wejsada, Garching

Jetzt soll es die Wissenschaft richten: Mithilfe eines Forschungsprojekts des Lehrstuhls für Hydrologie und Flussgebietsmanagement an der Technischen Universität in Garching wird ein Frühwarnsystem für ansteigende Grundwasserpegel erstellt. Der Garchinger Stadtrat hat dafür einstimmig eine Summe von 50 000 Euro freigegeben. Mit einem solchen Betrag wird sich nach den Worten von Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) auch die TU beteiligen. Nicht zuletzt, weil auch Versorgungsschächte und Räume auf dem Forschungscampus bei dem Hochwasser in den vergangenen Wochen geflutet wurden. In Garching selbst sind seit Ende November laut Rathaus mehr als 70 Keller und eine Tiefgarage durch das stark ansteigende Grundwasser überschwemmt worden. Aktuell sind die Pegel zurückgegangen, es muss nicht mehr ausgepumpt werden.

Professor Gabriele Chiogna erläuterte dem Gremium am Mittwochabend, wie die Wissenschaftler vorgehen werden, und verwies darauf, dass es an der TU bereits 2013 ein ähnliches Forschungsprojekt über den Alzkanal gegeben habe. Man werde bei der Studie nicht nur eine mögliche Ursache wie die starken Niederschläge und die Schneeschmelze untersuchen, die nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes München den schnellen Anstieg des Grundwassers vorwiegend im südlichen Stadtgebiet ausgelöst haben; auch Geländeoberflächen und die Beschaffenheit der Bodenschichten sowie deren Durchlässigkeit würden einbezogen.

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Ziel sei es, Risikokarten zu erstellen und ein Frühwarnsystem aufzubauen, so Chiogna. Bei der Forschungsarbeit würden zudem die betroffenen Anwohner einbezogen, auch sollen weitere Messstellen eingerichtet werden. Alles in allem wird es dem Experten zufolge 18 Monate dauern, bis die Ergebnisse vorliegen. Dann kann die Stadt entscheiden, mit welchen Maßnahmen derartige Notlagen in Zukunft vermieden werden könnten. "Wenn es Möglichkeiten gibt, das Wasser wegzubekommen, und wenn sie durchführbar und vor allem finanzierbar sind, ist Garching dabei", versicherte Bürgermeister Gruchmann.

Eine schnelle Lösung gibt es aber nicht. "Fundierte Aussagen dauern ihre Zeit", sagte der Garchinger Bürgermeister. So mancher im Gremium mag diese Geduld nicht aufbringen. Walter Kratzl, Grünen-Stadtrat und als Anwohner selbst von einem überfluteten Keller betroffen, setzte sich erneut dafür ein, den Schleißheimer Kanal abzusenken. Dieses Anliegen hatte der Kommunalpolitiker bereits kurz nach dem Jahreswechsel in einem Schreiben an Landrat Christoph Göbel (CSU) und das Wasserwirtschaftsamt formuliert. Vor allem das Nein aus der Kreisbehörde, die Zuflussmenge des Kanals zu drosseln, sei nicht nachvollziehbar, so der Grünen-Politiker.

Kratzl kritisierte am Mittwochabend erneut den Ort der Messung am sogenannten Knie des Schleißheimer Kanals. Seiner Meinung nach hätte man vielmehr im "kritischen Bereich", also vom Knie bis zur Staatsstraße 2350, die Pegel messen müssen. Denn diese Fläche liege genau parallel zu den vom Grundwasseranstieg betroffenen Anwesen, so Kratzl. Würde man das Wasser im Kanal zum Beispiel um die Hälfte absenken, könne man wahrscheinlich schon ein paar Tage später ablesen, wie sich das auf den Grundwasserstand auswirke. "Das geht schnell und kostet nichts", sagte er.

Unterdessen hat das Landratsamt weitere Messungen vorgenommen und sich mit dem Vorschlag der betroffenen Anwohner zur Absenkung des Kanals befasst, wie es auf Anfrage heißt. Nach nochmaliger Prüfung und erneuter Messung durch das Wasserwirtschaftsamt an mehreren Messstellen am 17. Januar habe sich bestätigt, "dass aus dem Schleißheimer Kanal kein nennenswerter Wasseraustritt festzustellen ist". Der Pegel Fröttmaning habe an besagtem Tag einen Abfluss von 1,6 Kubikmetern pro Sekunden aufgewiesen, abzüglich der 80 Liter pro Sekunde aus der Überleitung in den Garchinger Mühlbach ergebe sich ein rechnerischer Abfluss von 1,52 Kubikmetern pro Sekunde. "Folglich besteht kein messbarer Zusammenhang zwischen der Wassermenge im Schleißheimer Kanal und der Höhe des Grundwassers bei den Betroffenen vor Ort", so das Landratsamt. Eine Absenkung der Abflussmenge und des Pegels im Kanal hätte daher keine Wirkung auf den Grundwasserstand im betreffenden Gebiet. Nun gilt es also, auf die Erkenntnisse der Forscher zu warten.

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