Grundwasseranstieg:Landrat will Fonds für Hochwassergeschädigte anzapfen

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Im Keller von Gabriele Oswald hat das eingedrungene Grundwasser enorme Schäden angerichtet. (Foto: Robert Haas)

Nach einem Brandbrief der Betroffenen eilt Christoph Göbel nach Garching und sagt den Opfern der gestiegenen Pegel seine Hilfe zu. Das kommt bei den Besitzern der gefluteten Keller gut an. Auch an einem Frühwarnsystem wird gearbeitet.

Von Sabine Wejsada, Garching

Ob der Landrat ein Paar Gummistiefel dabeihatte, weiß man nicht so genau. Anziehen musste er sie jedenfalls nicht bei seinem Besuch der Opfer des gestiegenen Grundwassers in Garching am Dienstagnachmittag. Dass sich Christoph Göbel (CSU) kaum 24 Stunden nachdem ihn ein Schreiben von den mehr als 80 Betroffenen der Notlage erreicht hatte, auf den Weg in die Kommune machte, ist bei den Besitzern der gefluteten Anwesen gut angekommen.

Das berichtet Claudia Howell der SZ. Die Garchingerin hatte selbst einen vollgelaufenen Keller und hat den Brandbrief im Namen ihrer Leidensgenossen formuliert und abgeschickt. "Wir sind sehr begeistert von Göbel und fühlen uns sehr ernst genommen", sagt Howell am Tag nach seiner Stippvisite. Insbesondere auch deshalb, weil er sich die Sorgen und Nöte der Betroffenen angehört hat.

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Zwischen 15 und 20 Anwohner der von den gestiegenen Grundwasserpegeln gefluteten Anwesen berichteten dem Landrat, wie groß die Schäden in ihren Häusern sind. Göbel besichtigte nach Howells Schilderung auch ein Gebäude, dessen Untergeschoss vom Eindringen des Wassers ganz besonders beschädigt wurde - und in dem die Bewohner viele Möbel wegwerfen müssen.

Laut Howell hat der Landrat beim Ortstermin zugesagt, mögliche finanzielle Hilfen zu prüfen. So könne unter Umständen ein Fonds für Hochwassergeschädigte des Bundes angezapft werden oder der bayerische Härtefonds greifen.

Nach Angaben einer Sprecherin des Landratsamts steht die Behörde bereits seit Anfang Dezember sowohl mit der Stadt Garching als auch mit dem Wasserwirtschaftsamt in Kontakt. Bei dem Ortstermin ging es nicht nur um die Schäden, sondern ebenso um Fragen, inwieweit der Schleißheimer Kanal und der Mühlbach reguliert worden seien und auch um nicht funktionierende Pegelmessstellen. Die Anwohner schilderten, dass Anfang Dezember vom Wasserwirtschaftsamt der Versuch unternommen wurde, mit Hilfe eine Reduzierung der Abflussmengen im Garchinger Mühlbach Abhilfe zu schaffen, die Menge dann aber wieder heraufgesetzt wurde.

Dieses Vorgehen kann das Landratsamt nach eigenen Angaben bestätigen. Der Garchinger Mühlbach wurde abgesenkt, nachdem er im Bereich südlich der B471 über die Ufer getreten war. Diese Ausuferungen hatten einen kurzfristigen lokalen Anstieg des Grundwassers zur Folge, der sich aber nicht auf die jetzt betroffenen Gebäude ausgewirkt hat, wie es in einer Mitteilung der Kreisbehörde heißt. Ein Zusammenhang zwischen dem Abfluss im Mühlbach und dem Grundwasserstand in Garching könne ausgeschlossen werden, da die Sohle des Garchinger Mühlbachs weitgehend dicht sei, so das Landratsamt. Dennoch hat Göbel den Betroffenen zugesagt, alle Beobachtungen noch einmal prüfen zu lassen.

Landrat Christoph Göbel im Gespräch mit Anwohnern am Auweg in Garching, wo zahlreiche Keller vollgelaufen sind. (Foto: Landratsamt)

Der Landrat erklärte zudem, dass ihn der vom Garchinger Rathaus formulierte Wunsch, den Katastrophenfall auszurufen, überhaupt nicht erreicht habe. Damit wäre den Anwohnern wohl auch nicht geholfen gewesen, denn eine solche Verordnung ermögliche keine wirtschaftliche Unterstützung, sondern nur das Ingangsetzen von Hilfen wie den Einsatz des Technischen Hilfswerks oder anderen, habe Göbel bei seinem Besuch das Missverständnis aufgeklärt.

Überdies will Göbel noch einmal ganz genau recherchieren lassen, wie es zu dem massiven Anstieg des Grundwassers hat kommen können. Werde ein Verursacher gefunden, dann müsse er haften, zitiert Howell den Landrat. Ein Fremdverschulden schließen Experten bislang aus. Anfangs wurde vermutet, dass die ergiebigen Niederschläge sowie die nachfolgende Schnee-Schmelze die Pegel ansteigen ließ. Dann hieß es vonseiten des Wasserwirtschaftsamts, dass eine "gebündelte Grundwasserneubildung" die Ursache für das Volllaufen der Keller sei. Howell und ihre Nachbarn halten das nicht für den einzigen Grund. Sie und weitere Bewohner hätten bereits am 21. oder 23. November das erste Wasser im Keller gehabt - "und da gab es keinen Starkregen, auch der Wintereinbruch war später", so die Garchingerin. Sie alle wünschen sich, dass auch bei größeren Baustellen genau nachgeschaut wird - und die Stadt den Grundwasserspiegel intensiv überwacht.

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Vor allem im Südosten der Stadt, wo das Grundwasser ohnehin hoch steht, laufen in diesen Tagen reihenweise die Keller voll. Das Wasserwirtschaftsamt geht davon aus, dass die Schneeschmelze und die starken Niederschläge die Ursache sind.

Von Sabine Wejsada

Um die Schäden in ihrem Haus zu beseitigen, muss Claudia Howell nach ersten Schätzungen circa 15 000 Euro aufbringen. Auf ihrem Grundstück und bei weiteren sei das Wasser unterdessen zurückgegangen, nun muss getrocknet werden. Sie weiß jedoch von Bereichen, "wo das Wasser weiterhin sprudelt", sagt Howell. Alles in allem sei man nach dem Besuch von Göbel trotz der Notlage jetzt etwas mehr frohgemut, versichert die Garchingerin.

Auch im Garchinger Rathaus ist man unterdessen nicht untätig geblieben. So wurde auf der Homepage der Stadt eine Sammeladresse eingerichtet, an die sich betroffene ältere sowie hilfsbedürftige Bürgerinnen und Bürger per E-Mail unter Hilfe@garching.de wenden können; das ist auch telefonisch unter der Rufnummer 089/320 89 157 möglich. Einige Vereine und Institutionen haben laut Rathaus dieser Bevölkerungsgruppe bereits ihre Unterstützung angeboten - zum Beispiel beim Ausräumen von Kellern. Zudem können von sofort an die Grundwasserpegelstände dreier Messstationen im Garchinger Stadtgebiet unter www.garching.de/Grundwasserpegelstände abgerufen werden. Sie werden montags, mittwochs und freitags aktualisiert, teilt die Stadt mit.

Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) berichtet darüber hinaus, dass er bereits am Freitag vergangener Woche Kontakt zum Lehrstuhl für Hydrologie an der Technischen Universität (TU) in Garching aufgenommen und den Antrag für ein Forschungsprojekt gestellt habe. Nach einer umfassenden Bestandsanalyse könnte eventuell ein Frühwarnsystem aufgebaut werden.

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