Advent für Anfänger:Wachs in ihren Händen

Lesezeit: 2 min

Renate Stettner arbeitet in ihrer Wachsstube in Feldkirchen an einer Kerze. (Foto: Sebastian Gabriel)

Weihnachten ohne echte Kerzen ist für Renate Stettner nicht vorstellbar. Die Feldkirchnerin hat aus ihrem Hobby ein Geschäft gemacht.

Von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Würde man alle Kerzen in der Wachsstube von Renate Stettner anzünden, wäre es auch in der Nacht taghell. Unzählige liebevoll dekorierte Exemplare stehen auf den Regalen in dem kleinen Raum. Wie viele es sind? Die Feldkirchnerin winkt lachend ab, sie hat nie gezählt. Seit mehr als 40 Jahren verziert und verkauft sie Kerzen. Entstanden ist ihr Laden aus einem Hobby heraus. Schon immer habe das Arbeiten mit Wachs sie fasziniert, erzählt die 73-Jährige, die Möglichkeiten, die man zur Gestaltung habe.

Wenn an diesem Wochenende die erste Kerze am Adventskranz angezündet wird, ist der sanfte, natürliche Schein einer echten Flamme auch für Stettner eigenen Worten zufolge noch immer etwas Besonderes. "So ein weiches Licht ist einfach gemütlich", sagt sie. Mit einer Kerze schaffe man eine behagliche Atmosphäre - besonders in der Weihnachtszeit, wenn es draußen früh finster wird.

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Gemütlichkeit war nicht immer der Hauptzweck von Kerzen. Als es noch kein elektrisches Licht gab, waren sie geradezu lebenswichtig. Seit Jahrhunderten stellen Menschen sie her, ihr genauer Ursprung ist unklar. Die älteste heute noch erhaltene Wachskerze stammt jedenfalls aus dem ersten Jahrhundert nach Christus.

Früher waren sie freilich nicht aus den gleichen Materialien wie heute, Stoffe wie Paraffin und Stearin wurden erst im 19. Jahrhundert entdeckt. Im Mittelalter nutzten die Menschen Talg oder andere tierische Fette, die jedoch stark rußten und einen unangenehmen Geruch verbreiteten. Besser waren Kerzen aus Bienenwachs - die konnten sich aber nur die Wohlhabenden leisten.

Inzwischen gibt es elektrische Leuchtmittel. Braucht man Kerzen also überhaupt noch? Für Stettner keine Frage: "Das ist etwas ganz anderes als LEDs. Die haben einfach nicht diese Ausstrahlung." Die 73-Jährige hat daher echte Kerzen am Christbaum. Man müsse nur im Raum bleiben und aufpassen, damit es nicht gefährlich werde. "Aber dann ist es eine ganz andere Stimmung als mit künstlichen Leuchten."

Was wäre die Advents- und Weihnachtszeit ohne Kerzen? Eine Auswahl aus Werkstatt von Renate Stettner. (Foto: Sebastian Gabriel)

Kerzen könnten auch viel besser Emotionen transportieren, sagt Stettner. Es gebe sie für jede Lebenslage, von der Tauf- bis zur Trauerkerze. Letztere kann Trost spenden, mitunter wird ihr Licht auch mit Hoffnung verbunden. Das hat Stettner ebenfalls schon erlebt: Eine Kerze sollte Hoffnung auf einen Sieg im Fußball bringen. Vor einem Endspiel gegen den FC Bayern sei ein Dortmund-Fan auf sie zugekommen, erzählt sie. "Er wollte unbedingt eine Kerze, die das ganze Spiel lang brennt, damit Dortmund gegen die Bayern gewinnt." Stettner fertigte ihm eine an, in Gelb mit dem Logo des Vereins. Als ihr Sohn das Ergebnis sah, protestierte er: Schließlich ist er selbst Bayern-Fan, Stettner musste ihm eine eigene Kerze machen.

Üblicherweise sind die Wünsche ihrer Kunden aber traditioneller. Viele kaufen bei ihr Kerzen zur Kommunion, zur Hochzeit oder zur Taufe. Stettner nimmt sich Zeit und fertigt alles ganz nach den Vorstellungen an. Auch Weihnachtskerzen kann man sich individuell verzieren lassen, zum Beispiel mit Engeln, Tannenzweigen oder Schaukelpferden - die kleinen Kunstwerke wirken fast zu schade zum Anzünden. Aber das gehöre auch dazu, sagt Stettner. "Weihnachten ohne Kerzen kann man sich ja gar nicht vorstellen."

In dieser Kolumne erklären bis zum Heiligabend täglich Profis Bräuche und Traditionen der Advents- und Weihnachtszeit.

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