Kriminalität:Mit der Dämmerung kommen die Einbrecher

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Im Landkreis sinkt die Zahl der Einbrüche seit geraumer Zeit wieder. Dennoch wirbt die Polizei mit ihrer Kampagne "K-Einbruch", die am Sonntag startet, für mehr Aufmerksamkeit, die richtige Technik und ihre präventive Arbeit in den Städten und Gemeinden

Von Iris Hilberth und Patrik Stäbler, Landkreis

Die Tür des Einfamilienhauses in Taufkirchen war unverschlossen, sodass sich der fremde Mann problemlos Zugang verschaffen konnte. Um 4 Uhr früh schliefen die Bewohner seelenruhig; der Eindringling hätte also die Zimmer nach Geld oder Schmuck durchsuchen können. Stattdessen aber "gab er zunächst alle denkbaren Körperinhalte von sich und ging anschließend duschen", wie die Polizei später in einer Mitteilung schrieb, die deutschlandweit die Runde machte. Denn der Fremde war ein reichlich besoffener Wiesnbesucher, der in seinem Rausch versehentlich das falsche Haus angesteuert, sich dort übergeben und geduscht hatte.

Diese Anekdote hat freilich einen ernsten Hintergrund - die nicht abgesperrte Haustür. Sie ist quasi eine Einladung für Einbrecher, die gerade in den kommenden Monaten, wenn die Tage kürzer werden, vermehrt zuschlagen werden. Daher startet das Polizeipräsidium München am Sonntag, 28. Oktober, die einwöchige Kampagne "K-Einbruch, sicher wohnen in München"; auch im Landkreis sind etliche Veranstaltungen geplant. Wobei die Deliktzahlen zwischen Unterschleißheim und Sauerlach zuletzt zurückgegangen sind. So zählte die Polizei im Vorjahr landkreisweit 234 Wohnungseinbrüche - 27 Prozent weniger als 2016. Generell sei im zurückliegenden Jahrzehnt "eine wellenartige Entwicklung feststellbar", teilt das Polizeipräsidium mit. Wurden 2008 noch 286 Landkreisbewohner Opfer eines Einbruchs, so sank diese Zahl bis 2011 auf 164, ehe sie in den Jahren danach wieder bis auf den Höchststand von 401 Delikten anstieg (2014).

Stefan Schraut (links), Leiter der Polizeiinspektion Unterhaching, und Udo Wunsch beraten in Taufkirchen ein interessiertes Ehepaar. (Foto: Claus Schunk)

Auch im Hachinger Tal - Heimat der sorglosen Bewohner, die zur Wiesnzeit unerfreulichen Besuch bekamen - ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in den vergangenen vier Jahren zurückgegangen. Wie Stefan Schraut, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Unterhaching, die auch für Oberhaching, Taufkirchen und Sauerlach zuständig ist, bestätigt, verzeichnete seine Dienststelle 2014 noch 78 Einbrüche, die Hälfte davon in Unterhaching. In der Folge nahm diese Zahl stetig ab, im Vorjahr waren es nur mehr 33. Und auch heuer, schätzt Schraut, werde dieses Niveau in etwa gehalten. Die bundesweite Steigerung 2014 sei durch große Bandentätigkeit gekommen. "Es gibt Erkenntnisse, dass immer wieder durchreisende Banden ihr Unwesen getrieben haben", sagt er, inzwischen habe es zahlreiche Festnahmen und hohe Haftstrafen gegeben.

Der Polizeichef führt den Rückgang auch auf die Beratung durch die Polizei zurück. "Wir haben viel für die Prävention getan und an Infoständen den Leuten Tipps gegeben, wie sie sich vor Einbrüchen schützen können", sagt Schraut. Die Zahl der versuchten Einbrüche nämlich sei gestiegen. "Man kann also davon ausgehen, dass viele Leute die empfohlene Einbauten an Fenster und Türen vorgenommen haben."

Dass derlei technische Prävention Wirkung zeigt, verdeutlicht die Statistik. So verlief 2017 nahezu jeder zweite Einbruchsversuch im Landkreis und der Stadt München für den Täter erfolglos. Neben technischen Sicherheitsvorrichtungen sei aber auch "das nachbarschaftliche Miteinander nach wie vor der beste Kriminalitätsschutz", sagt Polizeisprecher Benjamin Castro Tellez. "Immer wieder kommt es aufgrund von Mitteilungen aus der Bevölkerung zur Festnahme von Tatverdächtigen unmittelbar nach der Tat." Er rät Bürgern, die Polizei zu verständigen, sollten sie unbekannte Personen beobachten, die in Fahrzeugen sitzen und Wohngebäude beobachten oder sich in Hinterhöfen und im Bereich von Terrassen herumtreiben. Schließlich würden Einbrecher überwiegend an nicht einsehbaren Stellen zuschlagen und von der Straße abgewandte Zugangswege wählen. Ihr Verhalten sei "von Heimlichkeit geprägt", sagt Castro Tellez. Daher würden vor allem professionelle Einbrecher auch den Kontakt zu Bewohnern scheuen. "Insofern", sagt der Polizeisprecher mit Blick auf die nun kürzer werdenden Tage, "erleichtern Dämmerung und Dunkelheit einem Täter nicht nur die Flucht, sondern sie sind ihm bereits vor der Tatbegehung hilfreich".

Aus diesem Grund zeige die Polizei in Garching, Ober- und Unterschleißheim im Herbst und im Winter verstärkt Präsenz, sagt der Leiter der zuständigen PI 48 in Oberschleißheim, Michael Graf - und zwar "uniformiert und auch mit Zivilstreifen". Zudem intensiviere man die Präventionsarbeit. Die sei mit ein Grund, glaubt Graf, weshalb die Zahl der Wohnungseinbrüche im Zuständigkeitsbereich seiner Inspektion in den vergangenen Jahren stabil auf niedrigem Niveau geblieben sei - "Gott sei Dank ohne große Sprünge". Pro Jahr zähle man in den drei Nordgemeinden etwa 30 bis 40 Einbrüche. Der Diebstahlschaden sei dabei "meistens nicht so hoch", sagt Graf. "Der Sachschaden ist oft höher." Am schwerwiegendsten seien jedoch die psychischen Folgen für die Opfer, "wenn jemand in ihren intimsten Bereich eindringt". Um den Betroffenen zur Seite zu stehen, betreibe der zuständige Kontaktbeamte stets eine Nachsorge.

Wer im Vorhinein präventiv tätig werden und den Einbruchsschutz seines Hauses oder seiner Wohnung verbessern will, den verweist Michael Graf an das zuständige Kriminalkommissariat 105 in München (Telefon: 089/29 10 34 30). Dort werde man unabhängig und kostenlos von einem Experten beraten. Eines des wichtigsten Gebote, das sie auch dort immer wieder predigen, lautet: Fenster schließen, auch wenn man die Wohnung nur mal kurz verlässt. Und natürlich: die Haustür absperren - nicht nur während der Wiesnzeit.

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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