Ein Plan für die B304:Hohe Ansprüche an die Architekten

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Bürgermeisterin Gabriele Müller (Mitte) erläuterte Interessierten die Pläne anhand eines Modells. (Foto: Claus Schunk)

Die Pläne für Wohntürme an der B 304 werden in Haar kritisch, aber nicht rundweg ablehnend diskutiert.

Von Bernhard Lohr, Haar

Es ist noch relativ früh am Abend. Die Planer haben vor den 300 Gästen im Bürgersaal schon ihre Ideen für eine Gestaltung der wichtigsten Straße in Haar vorgetragen und ein paar kritische Fragen beantwortet. Dann gegen 19 Uhr gilt es:

Architekt Gert F. Goergens und seine Kollegen Christian Weigl und Petra Wellnhofer müssen den Bürgern an drei Stationen vor den Plänen ihre Vision erklären. Eine weitgehend geschlossene Bebauung auf der Südseite der B 304, zwei schlanke zusätzliche Hochhäuser und ein neues, vergrößertes Jagdfeld-Einkaufszentrum: "Wir wollen Qualität", sagt Goergens zu einer Frau, der er auch noch das Versprechen gibt, dass es keine langweilige Klötzchenarchitektur geben werde. "Ich nehme das Versprechen mit", sagt die.

Die Haarer fühlen am Dienstagabend im Bürgersaal Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) und vor allem den Architekten auf den Zahn. Und sie nehmen diese in die Pflicht. Das Interesse ist groß, die Diskussionen sind intensiv. Zeitweise umringen Goergens an der Station, an der es um die Bebauung von der Stadtgrenze bis zum geplanten Wohnturm Ecke Jagdfeldring geht, 40 Personen. Bauamtsleiter Josef Schartel sekundiert Goergens und notiert Kritikpunkte und Anregungen. "Pfui Haar", steht auf einem Zettel, womit jemand drastisch zum Ausdruck bringt, was er davon hält, Ausläufer der Hochbebauung im Jagdfelds an der B 304 zu schaffen.

Doch kritisch abwägende Kommentare überwiegen bei weitem. Dabei hat offenbar geholfen, dass zuvor im Plenum einiges klargestellt wurde. Der Rahmenplan, der federführend von dem seit 45 Jahren in Haar tätigen Architekten Goergens erstellt wurde, sei Ausdruck des Planungswillens der Gemeinde, erläutert Bürgermeisterin Müller. Die Gemeinde wolle mit einem schlüssigen Konzept die Entwicklung steuern und nicht von Fall zu Fall auf Baubegehren und Investorenwünsche reagieren.

670 Wohnungen und Platz für 1500 Menschen

Wie wichtig diese Erläuterungen sind, zeigt sich, als Goergens berichtet, dass der Rahmenplan einen Zuwachs um 670 Wohnungen und 1500 Menschen beschreibt. Als ärgerliche Nachfragen aufkommen, ob das sein müsse bei all dem Verkehr und den anderen Nachfolgelasten, erklärt Müller, dass das im Rahmenplan beschriebene Plus an Geschossflächen nach geltendem Recht jetzt schon möglich sei. Immer wieder werden die Architekten Goergens, Weigl und Wellnhofer an dem Abend von Ordnung sprechen. Sie wollen zeigen, was an Stelle von Parkplätzen, ein- oder zweigeschossigen Gebäuden und Brachen an der zentralen Straße entstehen sollte. Wenn sie von "großem Potenzial" reden, denkt mancher ans Baurecht. Gemeint ist aber, wie Weigl sagt, das "Potenzial zur Verbesserung" - bei Grünflächen, Lärmschutz und Gestaltung.

Zunächst zeigt der Abend aber, was viele Haarer bewegt: Der frühere evangelische Krankenhauspfarrer Klaus Rückert wünscht sich, die trennende Wirkung der B 304 zu überwinden. Der Verkehr wird als drückend empfunden. Lärm, Dreck und Abgase beeinträchtigten die Lebensqualität, sagt eine Anwohnerin der B 304. Auch Kritik an neuen Hochhäusern wird laut, mal vorsichtig argumentierend, wie es der ehemalige Gemeinderat Paul Wieser macht, der sich statt eines 41 Meter hohen Wohnturms gegenüber dem Acom-Hotel ein nur 27 Meter hohes Pendant wünscht. Thomas Reichel, Dritter Bürgermeister, dagegen ist es wichtig, vor dem Plenum klarzustellen, dass viele die städtebauliche Vision mit zwei Hochhäusern an der B304 grundsätzlich nicht teilten.

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Der Hochhausstreit war gestern

Reichel vertritt damit keine Einzelmeinung, aber eine Hochhausdebatte gibt es an diesem Abend eben auch nicht. Dieser zeigt vielmehr, dass die Gemeinde den 2013 und 2014 hart ausgetragenen Hochhausstreit hinter sich gelassen hat. Fast geht dabei unter, dass Architekt Goergens ganz konkret ankündigt, dass auf dem Grundstück, um das damals bis zum Bürgerentscheid gerungen wurde, ein Investor ein 41 Meter hohes Hochhaus samt Wohnanlage drumherum bauen will. Anders als beim großen Rest der Rahmenplanung gibt es dort konkrete Überlegungen.

Goergens selbst wird den Wohnturm planen. Es werde ein attraktives, schlankes Gebäude mit konventioneller Fassade werden, sagt der Architekt, der Haar seit Jahrzehnten prägt. Am Ende eines Abends, den Moderatorin Nicolette Baumeister ob der "konstruktiven" Debatten als "bemerkenswert" gelungen bezeichnet, sagt Bürgermeisterin Müller: "Ich finde, dieser Rahmenplan ist ein guter Wurf, mit dem wir gut weitergehen können."

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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