Stadtplanung:Haar soll ein Gesicht bekommen

Stadtplanung: Der Rahmenplan schlägt auf der Südseite der B304 eine dichtere Bebauung vor - an zwei Stellen mit zusätzlichen, hohen Gebäuden.

Der Rahmenplan schlägt auf der Südseite der B304 eine dichtere Bebauung vor - an zwei Stellen mit zusätzlichen, hohen Gebäuden.

(Foto: Goergens und Miklautz Architekten)

Die Gemeinde hat einen Rahmenplan für die künftige Bebauung an der Südseite der B 304 entwickeln lassen. Damit soll dem Wildwuchs Einhalt geboten werden. Zwei Wohnhochhäuser und ein Einkaufszentrum in zentraler Lage könnten an der Durchgangsstraße entstehen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Zigtausende fahren jeden Tag durch Haar. Und sie verbindet ein Ziel: Sie wollen auf der B 304 schnell durchkommen. Was links oder rechts der Straße liegt, interessiert wenig. Und was sollte es dort auch geben, an der stark befahrenen vierspurigen Durchgangsstraße? Doch das könnte sich ändern. Denn die Gemeinde hat einen Rahmenplan entwickeln lassen, der auf der von Wildwuchs geprägten Südseite der Münchner- und der Wasserburger Straße eine stringente Bebauung vorsieht: zwei markante, 41 Meter hohe Wohnhochhäuser und ein Einkaufszentrum inklusive. Haar soll an der B 304 ein Gesicht bekommen. Über all das soll diesen Herbst mit den Bürgern diskutiert werden.

Bei dem sogenannten Rahmenplan für die südliche B 304, den das Architekturbüro Goergens und Miklautz im Auftrag der Gemeinde über Monate hin ausgearbeitet hat, handelt es sich um eine Vision, die - eine Zustimmung des Gemeinderats am Dienstagabend vorausgesetzt - Grundlage der künftigen Stadtplanung werden soll. Als Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) mit Architekt Gert F. Goergens am Dienstag vor der Sitzung das Werk vorstellte, sagte sie, dass die Gemeinde damit ihren "Gestaltungswillen" zum Ausdruck bringe.

Ein urbaneres Haar

Goergens sagte, man wolle die "Visitenkarte von Haar aufwerten" und der Straße einen "Charakter" verleihen. Kurz könnte man sagen: Haar soll dort moderner, schicker und urbaner werden.

Der Rahmenplan macht Vorschläge für eine Bebauung in einem 1,65 Kilometer langen Bereich von der Münchner Stadtgrenze bis zur B 471 - auf der Südseite der B 304. Während auf der Nordseite der Bundesstraße in den vergangenen Jahren drei- oder viergeschossige Neubauten hochgewachsen sind und sich ein einheitliches Bild entwickelt hat, wechseln sich im Süden einfache Gewerbebauten, Märkte, Brachen und Tennisplätze ab. Auch der Hagebaumarkt befindet sich dort, der nach Aussage des Betreibers 2019 schließen soll. Seit einiger Zeit wird spekuliert, dort könnte ein Einkaufszentrum entstehen. Und lange schon wird intensiv darüber diskutiert, ob der die Südseite der B 304 als Solitär prägende Büroturm weitere Hochhäuser zur Seite bekommen soll.

All das greift der Rahmenplan auf: Und er darf als Ermunterung aufgefasst werden, städtebaulich Mut zu beweisen. Goergens spricht sich dafür aus, in die Höhe zu bauen. So solle gegenüber dem prägnanten Acom-Hotel ein Hochhaus entstehen, um dort an der Grenze zu München eine Portalsituation zu schaffen. Ein weiteres, ähnlich dimensioniertes Hochhaus solle auf dem symbolträchtigen Grundstück Münchner Straße 24, Ecke Jagdfeldring einen Akzent setzen. Die Pläne für einen nur etwas höher geplanten Wohnturm an dieser Stelle lösten vor vier Jahren großen Streit darüber aus, ob solch ein Bau in die Gemeinde passt.

Ein Bürgerdialog ist im Herbst geplant

Die Befürworter einer generellen Höhenbegrenzung von 20 Metern scheiterten mangels Beteiligung der Bevölkerung in einem Bürgerentscheid. Eine aus formalen Gründen angesetzte Wiederholung der Abstimmung bestätigte nur, dass die Haarer Hochhäuser nicht grundsätzlich ablehnen. Die Kontroverse war ein Grund, den Rahmenplan für die gesamte B 304 zu entwickeln, über den im Übrigen im Herbst in einem Bürgerdialog öffentlich noch diskutiert werden soll.

Der Rahmenplan lässt nun die Hochhauspläne für das Grundstück Münchner Straße 24 wieder konkret werden. Dort existieren ja - anders als für die meisten anderen Grundstücke - konkrete Bauwünsche. Und die will der Eigentümer, wie Architekt Goergens bekannt machte, mit ihm als planendem Architekten umsetzen. Goergens beteuerte, bei dem Bau hohe architektonische Standards anzustreben. Es solle ein Gebäude mit Arkaden und einem Platz davor entstehen. Derzeit befindet sich auf dem sogenannten Quinz-Areal ein abbruchreifes früheres Bürogebäude, in dem Arbeiter untergebracht sind.

Die Hochhäuser sollen Akzente setzen und, wie Architekt Goergens sagte, das dahinterliegende Jagdfeld-Wohngebiet mit seinen hohen Gebäuden förmlich "an die Straße herantreten lassen". Dazwischen sieht der Plan, gerade im Westen, also Richtung Stadt München, in einer Reihe viergeschossige Wohngebäude plus Terrassengeschoss vor, die nach Norden hin Verkehrslärm abschirmen und nach Süden hin in grüne Hofanlagen hinein Wohnwert entfalten sollen.

Ein Elektro- und ein Sportfachmarkt

Ein zentrales Element des Plans bildet ein Einkaufszentrum an Stelle des existierenden Baumarkts. Bürgermeisterin Müller sprach von einer "großen Chance", in zentraler Lage Einzelhandel anzusiedeln. Das Marktforschungsunternehmen Cima stützt diese Aussage in einer begleitenden Expertise, die dort neben dem Jagdfeldzentrum Potenzial für 8000 Quadratmeter Verkaufsfläche sieht. Außer einem Supermarkt könnte ein Bio-Supermarkt, ein Elektro- und ein Sportfachmarkt Platz finden. Wohnungen und auch soziale Einrichtungen seien dort denkbar. Bestehende Märkte im Jagdfeldzentrum könnten, je nach Bedarf, einem Gesundheitszentrum weichen. Ein Ärztehaus sei vorstellbar.

Richtung Osten, also vom Schulzentrum aus bis hin zur B 471, empfiehlt der Rahmenplan weniger gravierende Änderungen. An der Kreuzung Waldluststraße/B 304 sind - orientiert an der bestehenden Gebäudehöhe - verlängerte Baukörper vorgesehen, um auch dort Lärm von hinterliegenden Wohngebieten abzuschirmen. An der Ecke B 304/Vockestraße sei ein Wohn- und Geschäftshaus mit Supermarkt vorstellbar.

Was von dem Rahmenplan zu welchem Zeitpunkt umgesetzt wird, steht in den Sternen. Rechtlich verbindlich ist er nicht. Er soll der Gemeinde bei Bebauungsplänen Orientierung bieten und Grundstückseigentümern sowie Investoren klarmachen, was die Gemeinde will. Goergens sprach davon, Entwicklungen in den kommenden Jahrzehnten steuern zu wollen.

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