Drei Tage Jazz in Ottobrunn:Das virtuose Dutzend

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Cornelius Claudio Kreusch wird das Ereignis kommende Woche, Freitag, 16. Dezember, am Flügel eröffnen. (Foto: Claus Schunk)

Zwölf namhafte Protagonisten beleuchten beim "Piano-Marathon" am Wochenende, 16. bis 18. Dezember, in Ottobrunn die Klangräume des Jazz.

Von Udo Watter, Ottobrunn

Um die Konzentrationsspanne des modernen Menschen ist es bekanntlich eher suboptimal bestellt. Der rasende technische Fortschritt, die flächendeckende Digitalisierung des Alltags, omnipräsente Reizüberflutungen, die Erzählkunst im Film mit ihren schnellen Schnitten - all das hat offenbar die Fähigkeit des Hirns schrumpfen lassen, sich über einen längeren Zeitraum einer Sache aufmerksam zu widmen.

Man könnte einem Format wie dem Ottobrunner "Piano Marathon", dessen Haupt-Act am Freitag, 16. Dezember, im Festsaal des Wolf-Ferrari-Hauses stattfindet, daher also attestieren, den Bedürfnissen des heutigen Rezipienten entgegen zu kommen und somit versiert auf der Klaviatur des Zeitgeistes zu spielen: Immerhin haben alle acht Auftretenden an dem Abend die Order, sich nicht länger als eine Viertelstunde auf der Bühne aufzuhalten, dann soll wieder ein neuer musikalischer Reiz das Auditorium beglücken.

Cornelius Claudio Kreusch spielt beim "Piano-Marathon" in Ottobrunn. (Foto: Claus Schunk)

Die Vielfalt pianistischer Stile

Die Idee der Organisatoren Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch für die Veranstaltung, die insgesamt über drei Tage geht, wurzelte aber natürlich nicht in einem kulturpessimistisch inspirierten Ansatz, die kognitive Herausforderung für die Zuhörerschaft möglichst gering zu halten. Zugrunde liegt schlicht der reizvolle Gedanke, die ganze Vielfalt pianistischer Stile im weiten Kosmos des Jazz zu präsentieren. "Ich habe einfach interessante Leute gesucht", antwortet Cornelius Claudio Kreusch, seines Zeichens selbst namhafter Jazz-Pianist, auf die Frage nach den Kriterien für die heuer Engagierten. Bei der ersten Auflage 2014 waren vor allem Local Heroes eingeladen, welche die Münchner Szene präg(t)en, bei der zweiten Auflage internationale Protagonisten, die nicht zuletzt den in Ottobrunn aufgewachsenen Kreusch im Laufe seiner künstlerischen Entwicklung inspirierten.

Die Koreanerin Jimin Park tritt beim "Piano-Marathon" in Ottobrunn Jazz. (Foto: Veranstalter)

Und jetzt spielen Persönlichkeiten, die unter Jazzfreunden im deutschsprachigen Raum Renommee genießen, aber mitunter ganz unterschiedliche Stile pflegen. "Der eine ist eher traditionell, der andere eher experimentell. Es gibt kein großes Konzept. Jeder hat seine eigene Note", sagt Cornelius Claudio Kreusch, der selbst den Abend am Flügel eröffnen wird.

"Ein Hammerabend", ist Kreusch überzeugt

Zu den klassisch-traditionellen Protagonisten gehören etwa Klaus Ignatzek, der von der Kritik schon mal das Attribut "kreativer Tastenteufel" zugeschrieben bekam und als "Piano-Professor" gilt oder Larry Porter, gebürtiger US-Amerikaner, aber schon lange in Deutschland lebend (mittlerweile in Berlin) und unter anderem mit dem Jazzpreis der Stadt München dekoriert. Hans Lüdemann wiederum dürfte einer der eigenwilligsten Jazz-Pianisten des Landes sein und ist nicht zuletzt als Mitglied der Band Ivoire auch ein Mittler zwischen afrikanischer und europäischer (Jazz-)Musik. Ein weiterer Künstler ist Christof Sänger, Pianist der Barrelhouse Jazzband, der international wohl erfolgreichsten deutschen traditionellen Jazzband. Wie kaum ein zweiter verbindet er des klassischen Stil des Stride Piano mit spätromantischer Harmonik. Auch Olga Konkova, geboren in Moskau, ausgebildet unter anderen am Berklee College of Musik in Boston, ist eine aus der Klassik kommende Pianistin, die eine Art Postbop-Stil pflegt. Der Este Kristjan Randalu und der Österreicher Oliver Kent kommen aus klassischen Musikerfamilien, haben sich aber erfolgreich dem Jazz (und der Komposition) zugewandt. Auch sie stehen für manuelle Klasse und Klangästhetik. "Ein Hammer-Abend", ist Kreusch überzeugt.

Pianist Hans Lüdemann kommt zum "Piano-Marathon" nach Ottobrunn. (Foto: Veranstalter)

Am Samstag, 17. Dezember, geht's in Ottobrunn freilich weiter, von der Dimension her mit vier Protagonisten eine Nummer kleiner, von der mutmaßlichen Stimmung her wohl ebenso mitreißend. Unter dem Motto "Blues, Boogie & Beyond" spielen im Ratssaal des Wolf-Ferrari-Hauses der Stride-, Boogie- und Bluespianist Tommy Weiss, der auch als Grafiker erfolgreich ist. Der Blues-Champion des Abends ist Christian Willisohn, der vor zwei Jahren schon bei der Premiere des Jazz-Piano-Marathon das Publikum mit seinem Charisma fesselte. Hinzu kommt noch der Multiinstrumentalist und -stilist Martin Kälberer, der unter anderem als Begleiter von Willy Astor oder Werner Schmidbauer bekannt ist. Jimin Park macht das Dutzend an Tastenabenteurern voll, die an diesem Wochenende in Ottobrunn spielen. Die 21-jährige Südkoreanerin ist in der Klassik wie am klassischen Jazz zu Hause und spielte sich als fulminante Virtuosin bereits beim Auftritt der Berklee Allstars ("Tribute to Miles Davis") heuer im April ins Rampenlicht.

Die Zusammenarbeit der Reihe "Ottobrunner Konzerte" mit dem Berklee College of Music wird übrigens ausgebaut: Aufgrund des enormen Erfolgs der bisherigen Auditions, Konzerte und Workshops mit den Protagonisten der Bostoner Jazz-Universität gibt es nun eine längerfristige Kooperation. Wer sich für die renommierte Jazz-Hochschule in Massachusetts qualifizieren will, muss neben der notwendigen Begabung vor allem akribisch und fleißig üben - eine kurze Konzentrationsspanne wäre da sicher kontraproduktiv.

Im Anschluss an die Konzerte am 16. und 17.Dezember gibt es Sessions mit den Pianisten, am Samstag und Sonntag Workshops. Kartenreservierungen unter 089/608 08 301 oder www.reservix.de.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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