Die Lokalpolitik entdeckt ein Thema:Der Landkreis blüht auf

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Bienen finden inzwischen in der Stadt mehr Nahrung als am Land. (Foto: Robert Haas)

Um Bienen und anderen Insekten die Nahrungsgrundlage zu erhalten, sollen blütentragende Pflanzen ausgesät werden.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Es ist jetzt bald drei Jahre her, dass die Leute in Oberhaching noch im April trostlose Verkehrsinseln umrundeten. Warum, so fragten sie sich, pflanzt die Gemeinde nicht endlich mal die sonst üblichen Blumen auf den Kreisverkehren? Nach einem erbosten Anruf im Rathaus konnte der Bürgermeister sie meist beruhigen.

Es war ein Experiment, das dem Naturschutz und der Biodiversität geschuldet war, daher blieb Rathauschef Stefan Schelle (CSU) zu Beginn des Frühlings ganz gelassen. Wird schon werden, versicherte er damals den Oberhachingern, man brauche nur ein wenig Geduld. Die Gemeinde hatte sich erstmals dazu entschlossen, eine Naturblumenwiese zu sähen. Am Ende ging die Blühmischung mit dem vielversprechenden Namen "Bouquet Rouge" wunderbar auf, und nicht nur die Bienen freuten sich, sondern der Bürgermeister erntete letztlich viel Lob aus der Bevölkerung.

Zukünftig soll im gesamten Landkreis mit derartigen Projekten der Artenreichtum erhöht werden. Der Umweltausschuss des Kreistags stimmte in seiner jüngsten Sitzung einem entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion zu.

So soll jetzt eine Steuerungsgruppe in Zusammenarbeit mit den 29 Kommunen Angebote schaffen, die es den Gemeinden, einzelnen Bürgern und Gartenbesitzern ermöglichen, etwas für Blütenreichtum im Landkreis zu tun. Grünen-Kreisrat Oliver Seth aus Straßlach warb für den Antrag: "Der Landkreis München ist von einer reich strukturierten Landschaft geprägt und gehört zu den prosperierendsten und am dichtesten besiedelten Regionen Bayerns. Das Angebot an blühenden Pflanzen in unserer freien Landschaft nimmt hier allerdings ständig ab." Blühende Pflanzen seien aber wichtig als Nahrungsgrundlage für Insekten und insbesondere für Bienen und Wildbienen, heißt es in dem Antrag. Aufgrund des höheren Blütenreichtums in den Städten sei das Imkern dort oft besser möglich als mancherorts auf dem Land. Maßgebliche Gründe für den Rückgang blühender Pflanzen seien die Ausdehnung von Siedlungsflächen und der Strukturwandel in der Landwirtschaft.

Wiederverwässerte Moorflächen

Einiges hat der Landkreis bereits in der Vergangenheit zur Förderung der Biodiversität auf den Weg gebracht. So wurden Moorflächen gezielt wiederverwässert und bereits seit 1985 gibt es ein eigenes kleines Förderprogramm, das als Ergänzung zu den staatlichen Agrarumweltprogrammen gesehen wird. Um die Möglichkeiten und den Kreis der Förderberechtigten zu erhöhen, wurden die Mittel im Haushalt 2017 von bislang 3000 Euro auf nun 6500 Euro erhöht.

In der neuen Steuerungsgruppe sollen nun Vertreter der Verwaltung, der Kreisfachberater für Gartenkultur, Landespflege und Grünordnung, Vertreter aller Kreistagsfraktionen, das Netzwerk Blühende Landschaft, Landwirtschaftsverbände, Imkervereine und Naturschutzverbände den blühenden Landkreis München voranbringen. Zu den Aktivitäten können die Verteilung von Saatgut für Blumenwiesen, die Ansaat von Blühstreifen, Vorträge und Ausstellungen gehören. Für wichtig hält die Landkreis-Verwaltung auch eine Kooperation mit den Schulen und die Sensibilisierung der Landwirtschaft, der Jägerschaft und der Kommunen für das Thema.

Über die Bedeutung von Biodiversität waren sich die Ausschussmitglieder einig. "Wir müssen Schritt für Schritt ein Bewusstsein schaffen", sagte der stellvertretende Landrat Otto Bußjäger (Freie Wähler). Dass eine Gemeinde mitunter aber mehrere Anläufe braucht, um solche Pläne optimal umzusetzen, darüber konnte der Brunnthaler Bürgermeister Stefan Kern (CSU) berichten. Brunnthal wollte den Insekten mit der "Veitshöchheimer Bienenweide" etwas Gutes tun. Nur wuchs diese Spezialmischung zwei Meter in den Himmel, sodass die Autofahrer nicht mehr um die Ecken schauen konnten. Noch dazu müsse die Veitshöchheimer Bienenweide alle zwei Jahre neu angelegt werden.

"Wir hatten gedacht wir hätten weniger Aufwand", gestand der Bürgermeister und kündigte an: "Von der nehmen wir wieder Abstand." Allerdings wolle er versuchen, die Bürger in den Ortsteilen von Biodiversität zu überzeugen, so Kern: "Wir werden den Leuten vermitteln, dass ein englischer Rasen nicht so toll ist."

© SZ vom 02.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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