Vietnamesische Restaurants in München:Ohne Fischsoße geht gar nichts

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Der Vietnamese ist der neue Thai: Unter ausgehwütigen Münchnern sind zurzeit vietnamesische Restaurants besonders beliebt. Das hat seine Gründe.

F. Kotteder

Vietnamesen haben es gut in München, möchte man meinen: Ein Vietnam-Restaurant kommt im Schnitt auf 100 Einwohner mit vietnamesischer Staatsangehörigkeit. Oder andersrum: In München leben laut Einwohnermeldeamt 4200 Vietnamesen, und es gibt derzeit mehr als 40 vietnamesische Restaurants im Stadtgebiet, Tendenz steigend. Die Grundversorgung scheint also gesichert zu sein.

Küchenchef Nguyen Van Bo und Besitzerin Phan Thu Ha kochen im vietnamesischen Restaurant "Van-Hoa" in Giesing. (Foto: Stephan Rumpf)

Aber natürlich sind die Münchner Vietnamesen nicht die Zielgruppe dieser Restaurants, sondern die ausgehwütigen Münchner. Und der Trend geht seit einiger Zeit eindeutig in Richtung vietnamesische Küche. Der Vietnamese ist der neue Thai, könnte man sagen.

Beherrschten dereinst vor allem Chinesen und Inder den Markt der asiatischen Restaurants, so folgten Ende der neunziger Jahre die Japaner und Thailänder, in immer schickeren und trendigeren Ausformungen, bis hin zur modischen Lifestyle-Küche mit allerlei Crossover-Schnickschnack. Inzwischen aber liegen die Vietnamesen in Führung - was mit dem wachsenden Tourismus in dem südostasiatischen Land zu tun hat, das sich seit einigen Jahren sehr zum Westen hin geöffnet und die sozialistische Marktwirtschaft entdeckt hat.

Und Touristen, die im Urlaub auf den Geschmack gekommen sind, möchten die Speisen halt auch einmal zu Hause probieren. Dong Hai Thu, seit 1988 Koch in einem der ältesten vietnamesischen Restaurants der Stadt, dem "Mai" in der Klenzestraße 8, kann das bestätigen: "Früher gingen die Leute häufig chinesisch essen, heute kommen sie zu uns. Und sie wollen vor allem Suppen, wie es sie auch in Vietnam in den Garküchen gibt."

Suppen gibt es schon zum Frühstück

Es hat aber natürlich auch zu tun mit der wachsenden Vorliebe für leichte und gesunde Ernährung. "Wir stellen schon fest, dass sich die Leute gesundheitsbewusster ernähren wollen", sagt Thu Ha Phan, Geschäftsführerin des Lokals "Van-Hoa" an der Giesinger Martin-Luther-Straße, "sie stellen öfters Fragen nach der Zubereitung und sind durchaus anspruchsvoll".

Die vietnamesische Küche komme diesem Bedürfnis von Haus aus entgegen. Man koche überwiegend mit frischem Gemüse und Kräutern, deren Geschmack möglichst erhalten bleiben soll - der Vietnamese nennt das "Kochen mit Achtsamkeit". Suppen sind überdies ganz wichtig für die Küche: Es gibt sie schon zum Frühstück, sie dienen meist als Hauptgericht, allen voran die berühmte "Pho Bo", sozusagen das Nationalgericht Vietnams. Es wird kein Salz verwendet und keine Sojasoße, stattdessen kommt lediglich die in Vietnam allgegenwärtige Fischsoße zum Einsatz.

Für kompromisslose Vegetarier wird sie auf besonderen Wunsch auch schon mal durch Salz und etwas Zucker ersetzt, aber so ganz in Ordnung ist das natürlich nicht. Oder, wie die vietnamesische Wellnessberaterin Khanh Van Pham, die bei der Münchner Volkshochschule unter anderem Kochkurse gibt, auf die Frage antwortet, womit Vietnamesen kochen, wenn keine Fischsoße da ist: "Wenn es keine Fischsoße mehr gibt, gibt es auch keine Vietnamesen mehr!"

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Nun ist es für den Laien ohnehin nicht ganz einfach zu erkennen, wo die Küche noch original vietnamesisch ist und wo nicht. Da gehen auch die Meinungen unter Fachleuten auseinander. Spricht man Thu Ha Phan auf andere Lokale an, so kann sie zwar sagen, welcher Küchenchef mehr vom chinesischen Stil beeinflusst ist oder wo sich ein deutscher Inhaber nur einen billigen vietnamesischen Koch besorgt hat, um vom Trend zu profitieren.

Das "Monsieur Hu" in der Dreimühlenstrasse ist eines von mehr als 40 vietnamesischen Restaurants in München. (Foto: Catherina Hess)

Aber selbstverständlich redet man nie öffentlich über Kollegen, schon gar nicht schlecht. Fest steht, dass auch das "Van-Hoa" trotz seiner nicht gerade idealen Lage am Giesinger Berg etwas vom Trend hat. "Es kommen tatsächlich mehr Leute in letzter Zeit", sagt Phan.

Davon profitiert natürlich in erster Linie die Szene-Gastronomie, die ja auch die Trends setzt und in den In-Vierteln der Stadt zu Hause ist. Etwa das "Monsieur Hu" in der Dreimühlenstraße, das "Monsoon" in der Hans-Sachs-Straße, das "Anh-Thu" in der Kurfürstenstraße, das "Charlie" an der Schyrenstraßeoder auch das "White Ginger" an der Dachauer/Ecke Marsstraße.

Hier kriegt man ohne Vorbestellung normalerweise keinen Tisch, und die Küche ist häufig nicht streng authentisch, sondern mischt auch andere asiatische Varianten unter die Basis der vietnamesischen - das kommt dem westlichen Geschmack mehr entgegen. Überhaupt darf man sich nicht erwarten, vollkommen authentische Küche vorgesetzt zu bekommen - egal, welches der gut 40 Restaurants man besucht.

Nichts soll vom guten Essen ablenken

Denn natürlich passt sich die Küche im Ausland dem Geschmack der Kundschaft an und auch den Möglichkeiten. Schließlich ist es nicht so ganz einfach, die gerade in der vietnamesischen Küche so wichtigen Kräuter stets frisch vorrätig zu haben - trotz der guten Versorgungslage durch den Großmarkt in München.

Eines der Anzeichen für eine Küche mit deutlicher Nähe zu Originalrezepten ist logischerweise, wenn der Inhaber oder die Inhaberin Vietnamesen sind und das Lokal einen halbwegs vietnamesischen Namen trägt. Ausnahmen bestätigen die Regel: Die relativ kleinen Lokale "Kirschblüte" (Ickstattstraße) und "Rice" (Kohlstraße) kommen - sowohl was Angebot als auch was Zubereitung betrifft - einer Garküche in Saigon relativ nahe und werden von Vietnamesen geführt.

Ein weiteres Indiz könnte auch eine gewisse Kargheit in der Ausstattung sein: Nichts lenke ab vom guten Essen. Während man beim Chinesen der achtziger Jahre in einer prunkvollen Plastikpagode speiste und beim Inder in einem kitschen Bollywood-Maharadscha-Palast, sitzt man beim Vietnamesen meist in eher schlichter Zen-Atmo an stilvollen Holztischen. So zum Beispiel auch bei Thu Ha Phan im "Van-Hoa". Nur ein Detail fällt etwas aus der Reihe: Ein kleiner buddhistischer Hausaltar gegenüber dem Eingang, unauffällig am Boden platziert. Wie es sich eben gehört, für ein ordentliches vietnamesisches Lokal.

© SZ vom 11.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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