Brunnthal:Gemeinde bleibt auf Kosten für Feuerwehreinsatz sitzen

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Grundsätzlich können sich Gemeinden die Kosten für Feuerwehreinsätze erstatten lassen - wenn sie keine Fehler machen. (Foto: Maximilian Koch/IMAGO)

Ein Mann verursacht einen Autounfall. Das Rathaus will sich den Aufwand der Hilfsaktion erstatten lassen - doch das Verwaltungsgericht erklärt die zugrunde liegende Satzung für fehlerhaft.

Von Luisa Wick, Brunnthal

Autos krachen ineinander, niemand ist verletzt, doch es qualmt. Sicherheitshalber rufen die Beteiligten die Feuerwehr. Einige Wochen später erreicht den Unfallverursacher ein Brief: Er soll den Einsatz bezahlen. So erging es einem Mann aus Essen, der am 19. März vergangenen Jahres auf der A 8 bei Brunnthal unterwegs war. Er verursachte einen Unfall, die Freiwillige Feuerwehr wurde verständigt und rückte an. Anschließend stellte die Gemeinde Brunnthal dem Autofahrer den Einsatz mit rund 1200 Euro in Rechnung. Im Grunde ein übliches Vorgehen, wobei nicht alle wissen, dass Retter je nach Fall hinterher zur Kasse bitten können. Doch so einfach, wie man sich das im Brunnthaler Rathaus vorgestellt hat, ist die Sache auch wieder nicht.

Manch einer wählt die 112, wenn er sich ausgesperrt hat oder die Waschmaschine ausgelaufen ist. Meist kommt die Feuerwehr auch in solchen Fällen. Jedoch darf der Freund und Helfer diese Leistungen in Rechnung stellen. Nur wenn Mensch oder Tier in Gefahr sind, geborgen oder gerettet werden müssen, übernimmt die Gemeinde die Kosten. Steckt also die Katze auf dem Baum fest oder das Kind ist allein in der Wohnung, der Schlüssel nicht auffindbar und die Balkontür steht offen, muss man keine Rechnung nach einem Einsatz fürchten.

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Im Fall des Autofahrers aus Essen bestand jedoch keine Gefahr. Als Halter des unfallverursachenden Fahrzeugs war er somit Adressat der Rechnung. In der Regel übernimmt die Haftpflichtversicherung die Kosten. Diese legte jedoch Widerspruch gegen die Zahlungsaufforderung der Gemeinde Brunnthal ein. Die Kosten für den Einsatz seien zu hoch, erklärte sie. Ihr Sachverständiger komme lediglich auf rund 850 Euro. Der Brunnthaler Bürgermeister Stefan Kern (CSU) schien darüber am Verhandlungstag vor dem Verwaltungsgericht München wenig überrascht. Rund 450 Einsätze pro Jahr absolviere die Freiwillige Feuerwehr, viele davon auf der A 8. Häufig wollten die Versicherungen nicht zahlen. Dass er die Verhandlung an diesem Tag aufgrund eines eigenen Fehlers verlieren sollte, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Das Gericht stellte im Laufe der Verhandlung nämlich fest, dass die Gemeinde für die Berechnung der Einsatzkosten Pauschalbeträge aus einer Mustervorlage des Bayerischen Gemeindetags nutzte. Das Rathaus wollte sich offenbar Arbeit sparen. Statt wie vorgesehen die Mustervorlage lediglich als Orientierung für die Berechnung der eigenen, tatsächlichen Kosten zu nutzen, kopierte Brunnthal sie eins zu eins. Die vom Gemeindetag erarbeitete Vorlage wurde in der Verhandlung zum Thema, weil die Frage aufkam, ob da nicht etwas missverständlich dargestellt worden sei. Der Direktor des Gemeindetags, Wilfried Schober, erklärt in einem Informationsblatt vom November 2020, dass das Muster keineswegs dazu gedacht sei, eins zu eins von Gemeinden übernommen zu werden.

Obendrein enthält die Mustervorlage einen kleinen formellen Fehler, der durch das Kopieren auch in der Satzung der Gemeinde Brunnthal zu finden ist. Er mache die Satzung, welche den sperrigen Namen "Feuerwehraufwendungs- und Kostenersatzsatzung" trägt, rechtlich unwirksam, so das Gericht. In der Satzung sei nicht erwähnt, wann die Kostenschuld überhaupt eintrete. Das Ergänzen weniger Worte ­- beispielsweise die Kostenschuld entstehe "durch den Einsatz" oder "durch das Ausrücken" der Feuerwehr - könne den Fehler bereits beheben.

Für Rechtswirksamkeit muss die Gemeinde diese drei Worte jedoch schnellstmöglich ergänzen. Ebenso müssen die Einsatzkosten individuell so kalkuliert werden, dass der reale für die Feuerwehren in Brunnthal und Hofolding entstehende Aufwand abgebildet wird. Das Verwaltungsgericht erklärte die Klage der Versicherung des Essener Autofahrers für zulässig. Sie muss tatsächlich lediglich die knapp 850 Euro zahlen.

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