Barrierefreie Bahnsteige:Hürdenlauf zum Gleis

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Arbeiter in feinem Zwirn: Der barrierefreie Umbau der Bahnsteige in Höllriegelskreuth hat am Montag mit einem Spatenstich begonnen. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund legte gleich mal los - mit (von links) Heiko Hamann, DB Netze, Ministerialrat Stefan Schells sowie Michael Trost vom MVV. (Foto: Angelika Bardehle)

Viele Gemeinden kämpfen seit Jahren dafür, dass die Zugänge zu den Zügen an ihren S-Bahnhöfen barrierefrei werden. Ob eine Station umgebaut wird, hängt von einer ganzen Reihe von Kriterien ab - nicht von Ministerbesuchen.

Von Bernhard Lohr, Pullach

Als Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Sommer 2016 vier Bahnhöfe im Landkreis München besuchte, keimte Hoffnung, es könnten einige Missstände bald behoben werden. Dass dann noch ein Foto zustande kam, bei dem der Minister spontan einer Rollstuhlfahrerin die Treppe hinaufhalf, weil am Bahnhof Haar der Aufzug streikte, schien zu unterstreichen: Da packt einer an. Doch jetzt zeigt sich, dass ein Minister keine Wunder bewirken kann. Ausgerechnet an den Bahnhöfen, denen Dobrindt keinen Stippvisite abstattete, geht jetzt etwas voran. In Höllriegelskreuth war am Montag Spatenstich für einen barrierefreien Umbau. Feldkirchen, Heimstetten, Unterschleißheim und Lohhof sollen folgen.

Dagegen laufen in Haar derzeit nur deshalb die Arbeiten für einen barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen, weil die Gemeinde das seit Jahren geplant hat und aus eigener Tasche stemmt. In Hohenbrunn und Schäftlarn-Ebenhausen, wo Dobrindt auch vorbeischaute, herrscht Stillstand. Die Bahnhofspläne in Oberschleißheim sind ohnehin ein eigenes Kapitel. Dort ist die Situation verfahren, weil in der Kommune eine Verlegung des Bahnhofs im Zuge einer Troglösung für die Gleise diskutiert wird.

Der Bahnhof in Höllriegelskreuth in der Gemeinde Pullach ist einer von 13 in der Region München, die bis 2019 barrierefrei umgestaltet werden. 5,9 Millionen Euro werden dort aus dem sogenannten Bayernpaket, in das Bund und Land Bayern in etwa in gleichen Teilen Fördermittel einbringen, verbaut. Bis zum Fahrplanwechsel am 13. Dezember werden ein neuer Außen- und Mittelbahnsteig errichtet, damit Fahrgäste ohne Stufe in die Züge gelangen. Beide Bahnsteige erhalten Aufzüge, die Bahnsteigunterführung wird erweitert und ein Blindenleitsystem installiert. Am neuen Außenbahnsteig wird zudem ein 36 Meter langes Dach geschaffen. Ähnliche Projekte laufen heuer noch in Stockdorf im Landkreis Starnberg und in Perlach.

In Hohenbrunn geht nichts voran

Dass ausgerechnet in Hohenbrunn nichts vorangeht, haben erst kürzlich Gemeinderäte der ÜWG-FW scharf kommentiert. Sie sprachen von einer "Riesen-Sauerei" und einem "PR-Flop der CSU", dass "trotz CSU-Star-Aufgebotes" mit Minister Dobrindt ein barrierefreier Ausbau des Bahnhofs nicht in Sicht sei. Bis zum Jahr 2019 ist Hohenbrunn jedenfalls nicht im Bayernpaket-Förderprogramm vorgesehen. Wie Bahnsprecher Bernd Honerkamp sagt, wird kommendes Jahr unter anderem in Feldkirchen und in Heimstetten der Bahnhofsumbau angegangen. Zudem stehen die Bahnhöfe Lohhof und Unterschleißheim auf der Liste der Stationen, die bis 2019 barrierefrei werden sollen.

Welche Bahnhöfe berücksichtigt werden, unterliegt dem Bahnsprecher zufolge einer Reihe von Kriterien. So sind jetzt mit Feldkirchen und Heimstetten Bahnhöfe an der S 2 an die Reihe gekommen, weil Honerkamp zufolge seit langem erwogene Optionen für einen Ausbau dieser Strecke fallen gelassen wurden. Was auf der einen Seite vielleicht ein Rückschritt sei, sagt Honerkamp, habe auf der anderen zu Planungssicherheit geführt und die Entscheidung ermöglicht, den Bahnhof umzubauen. In die Entscheidung flössen zudem die Zahl der Fahrgäste am jeweiligen Bahnhof und die dort existierenden Umsteigebeziehungen ein.

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Wenn an einem Ort eine Einrichtung für Behinderte existiere, werde das berücksichtigt. Der Bahnhof in Schäftlarn-Ebenhausen habe keine Priorität, weil in Hohenschäftlarn und Icking barrierefreie Bahnhöfe nah erreichbar seien. Insgesamt sieht Honerkamp die Region München relativ weit vorne, was barrierefreie Bahnhöfe angeht.

Haar zahlt den Umbau selbst

Abgesehen von Förderprogrammen der öffentlichen Hand, werden Bahnhöfe immer auch dann baulich auf neuen Stand gebracht, wenn ohnehin größere Bauaktivitäten anstehen. So werden etwa Aubing und Puchheim in Zuge des Ausbaus des Westasts der S 4 barrierefrei gestaltet. Ein Sonderfall ist Haar, wo die Gemeinde auf eigene Rechnung eine Großbaustelle aufgemacht hat. Für gut sieben Millionen Euro baut die Kommune auf der Nordseite eine Rampe und erneuert die Bahnsteigunterführung sowie den Südzugang. Wie in Haar müssen sich wegen der Baustelle in Höllriegelskreuth Fahrgäste auf Beeinträchtigungen einstellen. Der Park-and-ride-Platz wird in Teilen gesperrt. Auf der Linie S 20 enden vom 27. April bis 13. November Züge aus München in Großhesselohe. Von 5. Juni bis 6. September hält auf der Linie S 7 stadtauswärts von 0.30 bis 5 Uhr kein Zug. Es verkehren Busse.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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