Jubiläum:Mit Aufzügen auf der Höhe der Zeit

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Auch eine Aufzugfirma braucht immer wieder ein Lifting: Für Geschäftsführer Christoph Lochmüller soll's weiter nach oben gehen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Feldkirchner Firma Riedl, die vor 90 Jahren gegründet wurde, ist auf den Bau von Liften spezialisiert. Offen zu sein für Neues sei ein Schlüssel zum Erfolg, betont Christoph Lochmüller, Geschäftsführer und Enkel des Firmengründers.

Von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Der Kontrast könnte größer nicht sein: Die von dunklen, alten Holzbalken getragene Decke ist mit silbern glänzender Isolierfolie ausgekleidet. In dem hohen Raum dröhnen modernste Maschinen, ein Radio lässt leise Popmusik in der Halle erklingen. Doch an der Wand hängen noch alte Sicherungskästen - ein Hinweis darauf, dass die Fabrik aus einer anderen Zeit stammt.

Sie wurde gebaut in den Dreißigerjahren, als die hier gefertigten Aufzüge noch mit dem Zug transportiert und auf Pferdewägen zur Baustelle gefahren wurden. In der Nähe des Bahnhofs hat die Feldkirchner Aufzugfirma Riedl ihre Produktionshalle zwar immer noch. Aber heute stehen Lkw zum Transport bereit. Es ist nicht das Einzige, was sich in der 90-jährigen Geschichte des Unternehmens verändert hat, wie Christoph Lochmüller erzählt, Enkel des Firmengründers Hans Riedl und aktueller Geschäftsführer.

Auf einem Bauernhof hatte der Großvater Anfang des 20. Jahrhunderts eine Lehre zum Schmied gemacht, bevor er nach Feldkirchen ging - seine Tante wusste von einer dort ansässigen Aufzugfirma, die Arbeiter brauchte. Das Unternehmen ging jedoch in der Weltwirtschaftskrise 1929 insolvent. Riedl machte bald darauf eine eigene Werkstatt in der Schleißheimer Straße in München auf. 1934 folgte der Meisterbrief. Riedls Enkel Lochmüller betrachtet diesen Schritt als Gründungsdatum der Firma.

Anwohnerproteste vertrieben den jungen Unternehmer aus der Schleißheimer Straße - in der Werkstatt wurde Tag und Nacht gehämmert und gewerkelt, mit dem Lärm hatten die Nachbarn Probleme. Alte Kontakte halfen Riedl, das Grundstück in Feldkirchen zu erwerben, das bis heute der Hauptsitz der Firma ist. Bevor der Geschäftsmann 1938 die Fertigungshalle baute, war das Areal, das heute mitten im Wohngebiet liegt, freilich noch "grüne Wiese", wie Lochmüller sagt.

Auch der Markt für Aufzüge war damals ein ganz anderer: Lifte waren keine Selbstverständlichkeit, in Wohnhäusern gab es sie so gut wie gar nicht. Viel verbreiteter waren Lastenaufzüge in Lagerhäusern. Erst in den Fünfzigerjahren wurden laut Lochmüller verstärkt Personenaufzüge gebaut - zunächst noch nicht mit Schiebetüren, sondern mit Drehtüren, die nach innen und außen aufschwingen konnten.

Bei der Fertigung von Aufzügen spielen viele Details eine Rolle. (Foto: Sebastian Gabriel)

Mit der Zeit wollten immer mehr Privatpersonen Aufzüge in ihren Häusern, die Firma Riedl wuchs. Als Lochmüller selbst im Jahr 1998 einstieg, war vieles zu veraltet für die veränderten Ansprüche, erinnert er sich. "Es war im Prinzip eine zu groß gewordene Schlosserwirtschaft." Die Maschinen waren alt, die Software ebenfalls. Lochmüller und sein Cousin Peter Andrä, zweiter Geschäftsführer der Firma, mussten zunächst alles modernisieren.

Die Digitalisierung sei eine Herausforderung gewesen, sagt Lochmüller: Die Monteure seien es schließlich gewohnt gewesen, alle Aufträge handschriftlich auf einer großen Tafel einzutragen. Bis sie sich mit der Umstellung auf den Computer anfreunden konnten, habe es gedauert.

Zum Problem wurde allmählich auch die Größe des Unternehmens. Die Firma Riedl ist "aus allen Nähten geplatzt", wie Lochmüller sagt. Die Lösung brachte eine zweite Halle in Feldkirchen, die das Unternehmen 2013 kaufte.

"Solange das Beamen nicht erfunden wird, haben wir eine Daseinsberechtigung."

Planerischer Stillstand herrscht seitdem gleichwohl nicht, Lochmüller will sich eigenen Worten zufolge immer weiter an neue Anforderungen anpassen. Aktuell will der 56-Jährige verstärkt auf Nachhaltigkeit setzen, wie er sagt, und unter anderem umstellen auf eine umweltfreundliche Energieversorgung wie Geothermie.

Offen zu sein für Neues ist für Lochmüller auch das Erfolgsrezept der alten Firma: "Man muss immer auf der Höhe der Zeit bleiben. Sich zurücklehnen und denken, es läuft schon - das geht nicht."

Eine Büste des Firmengründers Hans Riedl. (Foto: Sebastian Gabriel)

Lochmüller ist überzeugt, dass Aufzüge auch in Zukunft wichtig bleiben: "Solange das Beamen nicht erfunden wird, haben wir eine Daseinsberechtigung." Gerade im Bereich der privaten Nutzung in den eigenen vier Wänden entwickele sich viel. Aufzüge würden auch Lebensqualität bringen, insbesondere im Alter, wenn das Treppensteigen schwerer fällt. "Man will in seinem Zuhause alt werden."

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